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Krassnitzer und Kramer„Warum beherrschen Männer nicht die einfachsten, menschlichsten Dinge?“

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Harald Krassnitzer und Ann-Kathrin Kramer, Arm in Arm

Harald Krassnitzer und Ann-Kathrin Kramer sind auch im echten Leben ein Paar. (Archivbild)

Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer über ihren neuen Film, Pflege in der Beziehung und warum 80 Prozent der Männer gehen.

In dem Film „Aus dem Leben“ erleidet die Grundschullehrerin Sabine, gespielt von Ann-Kathrin Kramer, während des Unterrichts einen Schlaganfall. Ihr Ehemann Stefan (Harald Krassnitzer), ein Forstwirt, und sie werden aus ihrem Alltag gerissen. Während Sabine das Sprechen und Laufen neu erlernen muss, passt Stefan ihr Zuhause an. Für ihre Rollen sind Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer, die auch privat ein Paar sind, für den Deutschen Schauspielpreis nominiert.

Schlaganfall-Drama: Ann-Kathrin Kramer sieht Rolle als Geschenk

Für Kramer sei diese Rolle ein „Geschenk“. Das sagte die Schauspielerin in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv. Es sei ein menschlicher Reflex, sich nicht mit Dingen zu befassen, die Angst machen. „Wir Menschen sind eher darauf gepolt, unversehrt durchs Leben zu gehen, ohne Probleme, und wenn mal eines auftaucht, dann verdrängen wir es gerne“, so die Schauspielerin.

Im Interview wird eine Statistik erwähnt, nach der 80 Prozent der Männer ihre Frauen im Fall einer schweren Krankheit verlassen, während es bei den Frauen nur etwa 20 Prozent sind. Kramer fragt: „Was sagt das also über die Gesellschaft aus? Über die Verteilung von Care-Arbeit? Über Liebe?“ Das Schauspielerpaar betont, dass es eine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben gebe.

Harald Krassnitzer über schwere Entscheidung im Film

Die Geschichte habe sie mit Fragen konfrontiert, mit denen sie sich zuvor nicht auseinandergesetzt hätten, erklärt Krassnitzer. Etwa, was man tue, wenn der Partner um Erlösung bittet. „Simple Antworten gibt es nicht. Das ist ein unglaublich komplexer Prozess, der viel mit Lernen zu tun hat“, sagt der Schauspieler. Der Film erzähle, wie man mit einer Situation umgeht, von der man glaube, sie nicht bewältigen zu können.

Krassnitzer stellt die Frage, warum viele Männer Angst vor einer solchen Pflegesituation haben. „Warum beherrschen Männer nicht die einfachsten, die menschlichsten Dinge, wie jemanden zu pflegen?“ Flüchten sei das Einfachste, spannend werde es, wenn man sich dem Leben stelle. Kramer ergänzt, dass dies viel mit gesellschaftlichen Strukturen und der Bewertung von Care-Arbeit zu tun habe.

Harald Krassnitzer über seine Rolle: „Bin ich der Held, der seine Frau wäscht?“

Das Zulassen von Pflege sei auch eine Frage des Selbstbildes, so Krassnitzer: „Bin ich der Held, der seine Frau wäscht? Der wirklich alle Lebenslagen mit ihr durchsteht?“ Momente der Schwäche, in denen man um Hilfe bitte, könnten Beziehungen stärken. Zur Vorbereitung auf die Rolle habe Kramer mit Betroffenen gesprochen, die bereit waren, sehr offen mit ihr zu sprechen.

Harald Krassnitzer mit Ann-Kathrin Kramer, Hand in Hand

Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer im Juli 2019. (Archivbild)

Ein Satz habe sich besonders eingeprägt: „Ich bin jetzt wie ein Acker.“ Das bedeute, dass man noch einmal von vorne anfangen müsse. Man dürfe den Acker neu bestellen, sehe dabei aber vielleicht „ein bisschen zerfurcht aus.“

Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer zählen zu den bekanntesten Schauspielpaaren im deutschsprachigen Raum. Seit den späten 1990er-Jahren sind die beiden liiert und seit 2009 verheiratet. Gemeinsam leben sie meist zurückgezogen in Bayern und engagieren sich immer wieder für soziale Projekte. Beide stehen regelmäßig vor der Kamera – Kramer etwa in TV-Dramen, Krassnitzer als Wiener „Tatort“-Kommissar Moritz Eisner. (red)