Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Sie sind nicht irgendwer!“Markus Lanz ist schockiert von der Ahnungslosigkeit des SPD-Fraktionschefs

Lesezeit 4 Minuten
Markus Lanz (links) nahm am Mittwochabend SPD-Fraktionschef Matthias Miersch in die Mangel. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Markus Lanz (links) nahm am Mittwochabend SPD-Fraktionschef Matthias Miersch in die Mangel. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Bei „Markus Lanz“ stellte sich SPD-Fraktionschef am Mittwochabend den spitzen Fragen des ZDF-Moderators. Dabei geriet er plötzlich in Erklärungsnot.

Während die Europäische Union weiterhin versuchen will, Russland mit Sanktionen zu schwächen, fährt die USA offenbar einen anderen Kurs. Nachdem sich die EU am 20. Mai dazu entschieden hatte, das 17. Sanktionspaket gegen Russland aufzulegen, sagte US-Präsident Donald Trump zu, ebenfalls neue Sanktionen in Betracht zu ziehen, sollte sich Russland nicht um Friedensverhandlungen mit der Ukraine bemühen. Diese Drohung zog Trump nun zurück. „Ein schlechtes Signal“, wie SPD-Fraktionschef Matthias Miersch am Mittwochabend bei „Markus Lanz“ klarstellte. Er ergänzte sorgenvoll: „Es zeigt jedenfalls den Ernst der Lage und dass wir augenblicklich jedenfalls nicht auf (...) den amerikanischen Präsidenten bauen können.“

Markus Lanz diskutierte am Mittwoch mit (von links) Matthias Miersch, Kristina Dunz, Lars Feld und Ibrahim Naber. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Markus Lanz diskutierte am Mittwoch mit (von links) Matthias Miersch, Kristina Dunz, Lars Feld und Ibrahim Naber. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Dennoch machte Miersch deutlich, dass er weiterhin hoffnungsvoll sei, „dass es eine Allianz gibt zwischen den Europäern und den Amerikanern.“ Das sei „dringend notwendig“. Um „den Druck auf Putin weiter hochzuhalten“, brauche es laut Miersch „natürlich auch die Amerikaner“.

Der ZDF-Moderator reagierte überrascht: „Sieht ja nicht so aus, als ob die mitmachen würden.“ Lanz wollte deshalb wissen, ob es seitens der EU „jemals einen Plan B“ gegeben habe - „einen Plan ohne Trump?“ Matthias Miersch geriet in Erklärungsnot: „Ich bin nicht Staatschef der Staaten, die das gemacht haben. Insofern kann ich die Frage jetzt auch nicht beantworten, wie es weitergeht.“ Lanz konterte fassungslos: „Nein, aber Sie sind der Fraktionschef der SPD!“

„Das Vertrauen in die europäischen Staatschefs kann man schon haben“

Lanz brachte Matthias Miersch in die Bredouille: „Aber ich bitte da auch um Verständnis, dass wir jetzt nicht darüber philosophieren!“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Lanz brachte Matthias Miersch in die Bredouille: „Aber ich bitte da auch um Verständnis, dass wir jetzt nicht darüber philosophieren!“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Matthias Miersch erklärte schwammig: „Ich gehe davon aus, dass natürlich auch in anderen Alternativen gedacht wird.“ Die Antwort reichte dem ZDF-Moderator offenbar nicht aus. Er stichelte weiter: „Da sitzt der Fraktionschef der SPD. Sie sind nicht irgendwer! Sie sind da nah dran. Sie sind der mächtigste Mann direkt nach Lars Klingbeil. (...) Sowas muss doch abgestimmt sein!“

Mit seinen Gästen sprach Markus Lanz unter anderem über die Russland-Sanktionen. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Mit seinen Gästen sprach Markus Lanz unter anderem über die Russland-Sanktionen. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Lanz echauffierte sich über das Ultimatum gegen Putin und sagte: „Jetzt stellt sich heraus, wir setzen uns da hin und haben offenbar noch nicht einmal eine Platzpatrone im Gepäck.“ Ein Vorwurf, den Matthias Miersch nicht auf sich sitzen lassen wollte: „Nein, das ist jetzt eine Unterstellung. Ich gehe davon aus tatsächlich, dass es auch diese Alternativszenarien gibt. Aber ich bitte da auch um Verständnis, dass wir jetzt nicht darüber philosophieren. Dafür ist die Lage zu ernst und ich bin mir sehr sicher: Das Vertrauen in die europäischen Staatschefs kann man schon haben.“

Miersch machte daraufhin deutlich, dass es sich aktuell um „eine neue Lage“ handle. „Ich bin mir sehr sicher, dass die Telefone der europäischen Staatsfchefs augenblicklich auch mächtig glühen.“ Lanz hakte weiter nach: „War es leichtsinnig, ein Ultimatum zu stellen (...) und sich auf Trump zu berufen?“ Eine Frage, die der SPD-Fraktionschef nur widerwillig beantwortete und zugab, dass alle dazulernen müssten, „was das bedeutet, wenn es eine Zusage dieses amerikanischen Präsidenten gibt“.

Journalistin Kristina Dunz war skeptisch: „Schon 16 Pakete haben nicht dazu geführt, dass sich in der Ukraine etwas verbessert hat.“  (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Journalistin Kristina Dunz war skeptisch: „Schon 16 Pakete haben nicht dazu geführt, dass sich in der Ukraine etwas verbessert hat.“ (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Während Miersch dennoch an den angedrohten Sanktionen festhielt, zeigte sich Journalistin Kristina Dunz äußerst skeptisch. Sie stellte klar: „Wir haben jetzt das 17. Paket, das 18. wird vorbereitet. Und schon 16 Pakete haben nicht dazu geführt, dass sich in der Ukraine etwas verbessert hat.“

„Ich bin kein Merz-Fanclub“

Markus Lanz gab sich daraufhin zunächst versöhnlich und sagte: „Es geht nicht darum, Sie jetzt hier irgendwie in die Enge zu treiben, Herr Miersch. Ich verstehe, wie unvorstellbar schwierig es ist, unter solchen Bedingungen Politik zu machen.“ Zeitgleich befragte er den SPD-Fraktionschef auch zu innenpolitischen Belangen und zitierte Miersch unter anderem mit den Worten: „Diese Merz-CDU verkörpert so ziemlich alles, wofür ich nicht stehe.“ Der Politiker reagierte zunächst gelassen und lachte: „Sie haben gut meine ganzen Zitate der letzten Monate recherchiert.“

Lanz stichelte weiter: „Liebe ist was anderes.“ Der SPD-Fraktionschef nickte: „Man muss sich auch in der Regierung nicht lieben.“ Miersch ergänzte: „Ich bin kein Merz-Fanclub (...), aber ich kann Ihnen sagen, dass die Sondierungsgespräche und auch die Koalitionsverhandlungen bei mir jedenfalls dazu geführt haben, dass ich glaube, dass wir sehr belastbar und sehr vertrauensvoll auch zusammenarbeiten können.“

Als es um das Wahldebakel seiner eigenen Partei ging, gab der SPD-Politiker zu, dass dies noch intern aufgearbeitet und analysiert werden müsse. Laut Miersch sei zu viel „in Marketing gedacht worden“, denn: „Ich glaube, dass wir an einigen Stellen zu sehr auf Zielgruppen abgestellt haben, (...) wen müssen wir wie mit welchem Inhalt beispielsweise bedienen.“ Miersch weiter: „Ich glaube, dass wir so etwas wie eine Grundbesinnung auf unsere Grundwerte wieder brauchen.“ Eine Steilvorlage für Lanz, der seinem Gast ins Wort fiel: „Ist das nicht katastrophal, so zu reden? (...) Wir müssen Zielgruppen bedienen. Markenkern. So reden Werbeagenturen!“ Miersch konterte beleidigt: „Nein, das finde ich nicht.“ (tsch)