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Patrick StewartDurch diesen Zufall wurde er zum Weltstar

5 min
Sir Patrick Stewart steckt auch mit 85 Jahren noch voller Elan.  (Bild: Matt Winkelmeyer/Getty Images for Vox Media)

Sir Patrick Stewart steckt auch mit 85 Jahren noch voller Elan. (Bild: Matt Winkelmeyer/Getty Images for Vox Media)

Jean-Luc Picard und Professor X machten Patrick Stewart weltberühmt: Dabei kam der britische Schauspieler eher durch Zufall und im fortgeschrittenen Alter zu Weltruhm. Jetzt wird der Shakespeare-Veteran, Enterprise-Kapitän und „X-Men“-Chef 85 - und hat noch lange nicht genug.

Mit 47 Jahren begann seine Weltkarriere: Patrick Stewart übernahm 1987 als Captain Jean-Luc Picard in „Star Trek - Das nächste Jahrhundert“ das Kommando auf der Enterprise.  (Bild: kabel eins / Paramount Pictures)

Mit 47 Jahren begann seine Weltkarriere: Patrick Stewart übernahm 1987 als Captain Jean-Luc Picard in „Star Trek - Das nächste Jahrhundert“ das Kommando auf der Enterprise. (Bild: kabel eins / Paramount Pictures)

Wer würde bestreiten, dass Patrick Stewart ein Gentleman ist? Ein Mann, der das Wort Würde mit Inhalt füllt, der geistreich ist und kultiviert. Aber es gibt ihn nun mal, diesen einen Auftritt in der großartigen Serie „BBC Extras“ aus dem Jahr 2005: Patrick Stewart spielt sich selbst, eine Ikone von Shakespearscher Magnitude, einen Schauspieler, der das „Star Trek“-Universum als Captain Jean-Luc Picard mit Stil und Vernunft bereicherte und dasselbe bei den „X-Men“-Filmen (und „Wolverine“-Sequels) machte.

Dieser großartige Schauspieler sitzt also in seinem Trailer und schafft es, dass Englands Comedy-Großmaul Ricky Gervais die Klappe hält: Ihm erzählt Stewart von einem Film, den er angeblich plant. Darin will Stewart die telepathischen Fähigkeiten von Professor X aus der Superheldenwelt in die reale übertragen. Was ihn daran so fasziniert: Er kann mit purer Willenskraft dafür sorgen, dass Frauen die Kleider vom Leib fallen - und dann sieht er alles.

So kennt man Professor Xavier (Patrick Stewart) aus zahlreichen „X-Men“-Filmen: als alten, weisen und bestens vernetzten Mutanten-Anführer. (Bild: Fox)

So kennt man Professor Xavier (Patrick Stewart) aus zahlreichen „X-Men“-Filmen: als alten, weisen und bestens vernetzten Mutanten-Anführer. (Bild: Fox)

Die Serie und der Auftritt sind natürlich Eulenspiegeleien, witziger Kokolores. Aber wenn Patrick Stewart mit vollem Ernst und inbrünstiger Schwülstigkeit von seinen fiktiven Fantasien erzählt, dann spielt er seine besondere Stärke aus: die mit feiner Ironie gewürzte Lebenslust und immerwährende jugendliche Neugier, die auch in seinen etwas steif wirkenden bekanntesten Rollen steckt.

Mit seinem „X-Men“-Co-Star Ian McKellen (rechts) ist Patrick Stewart seit Jahrzehnten befreundet. Und zwar so eng, dass sich Stewart bei der Hochzeit mit seiner dritten Ehefrau  Sängerin Sunny Ozell von seinem Kollegen trauen ließ. (Bild: 2013 Twentieth Century Fox)

Mit seinem „X-Men“-Co-Star Ian McKellen (rechts) ist Patrick Stewart seit Jahrzehnten befreundet. Und zwar so eng, dass sich Stewart bei der Hochzeit mit seiner dritten Ehefrau Sängerin Sunny Ozell von seinem Kollegen trauen ließ. (Bild: 2013 Twentieth Century Fox)

Dass Patrick Stewart am Montag, 13. Juli, 85 Jahre alt wird, mag man nicht wahrhaben wollen. Klar, seitdem der markante Glatzkopf, Stewart lebt mit seiner dritten Ehefrau, der Musikerin Sunny Ozell in Brooklyn, in Film und Fernsehen ein großes Publikum erreicht, ist er die Würde in Person. Ein präsidialer Staatsmann in unendlichen Weiten und Superhelden-Welten. Aber doch kein alter Mann, auch wenn er zwei erwachsene Kinder hat und schon Großvater ist.

Durch Zufall auf die „Enterprise“

Ein Mann mit vielen Talenten: 2008 übernahm Sir Patrick Stewart eine Professur für Darstellende Künste an der britischen University of Huddersfield.  (Bild: 2018 Getty Images/Jack Taylor)

Ein Mann mit vielen Talenten: 2008 übernahm Sir Patrick Stewart eine Professur für Darstellende Künste an der britischen University of Huddersfield. (Bild: 2018 Getty Images/Jack Taylor)

Man kauft Patrick Stewart alles ab. Das Faszinierende am Wahl-New Yorker aber ist seine Fähigkeit, sich selbst mit ironischer Distanz zu reflektieren ohne dabei die Welt, in der er lebt, weniger ernst zu nehmen. Der kosmopolitische und beredte Schauspieler aus der nordenglischen Kleinstadt Mirfield hat die Gabe, jedes noch so belanglose Gespräch zu einer gepflegten Konversation zu erheben. In Interviews ist er nachdenklich, tiefsinnig, um den Zustand der Welt besorgt - trotzdem blitzen immer auch Witz und Lebensfreude in den Augen des überzeugten Europäers auf.

„Abschottung, Grenzmauern, die Angst vor Menschen, die anders sind: Das alles ist mir ein Gräuel“, sagte Patrick Stewart 2017 im Interview. Man könnte meinen, die Worte stammten von Jean-Luc Picard, dem Kapitän der „USS Enterprise“, der Rolle also, die Stewart 1987 ins Rampenlicht katapultierte. Damals war er bereits 47 und nur denjenigen bekannt, die regelmäßig in England ins Theater gingen oder sich für Nebenrollen in einigen wenigen Kinofilmen (“Excalibur“, 1981, „Dune - Der Wüstenplanet“, 1984) und etwas mehr BBC-Fernsehfilmen interessierten.

Aus dem „X-Men“-Universum hat sich Patrick Stewart (im Rollstuhl) verabschiedet: „Logan“ (2017, Hugh Jackman als Wolverine) war der letzte Auftritt als Professor X. (Bild: 2017 Twentieth Century Fox)

Aus dem „X-Men“-Universum hat sich Patrick Stewart (im Rollstuhl) verabschiedet: „Logan“ (2017, Hugh Jackman als Wolverine) war der letzte Auftritt als Professor X. (Bild: 2017 Twentieth Century Fox)

Zum Raumschiff-Captain brachte es der Sohn eines Soldaten eher durch Zufall: Ein Mitarbeiter Gene Roddenberrys, des geistigen Vaters und Produzenten des „Star Trek“-Universums, hatte den Schauspieler bei einer Lesung an der Universität von Los Angeles entdeckt. Roddenberry selbst war zunächst skeptisch und begrenzte Stewarts Vertrag auf den Pilotfilm und 13 weitere Episoden.

„Ich plane noch lange nicht, mich auf den Friedhof tragen zu lassen“

Alte Weggefährten: 2020 düste Patrick Stewart (links) düste als Jean-Luc Picard in der Amazon-Serie „Star Trek: Picard“ wieder durch unendliche Weiten und traf unter anderem seinen Kumpel Jonathan Frakes (in der Rolle des Commander Riker) wieder. (Bild: Trae Patton/CBS ©2019 CBS Interactive, Inc. /Amazon)

Alte Weggefährten: 2020 düste Patrick Stewart (links) düste als Jean-Luc Picard in der Amazon-Serie „Star Trek: Picard“ wieder durch unendliche Weiten und traf unter anderem seinen Kumpel Jonathan Frakes (in der Rolle des Commander Riker) wieder. (Bild: Trae Patton/CBS ©2019 CBS Interactive, Inc. /Amazon)

Wenig optimistisch ob dieser Vertragsbedingungen, lebte der frisch gebackene Commander wochenlang aus dem Koffer, um jederzeit wieder nach England abreisen zu können. Zurück zu den klassischen Theaterrollen, mit denen er seine Karriere begründet hatte. Mit 17 nahm Patrick Stewart Schauspielunterricht an der Bristol Old Vic Theatre School, mit 19 ergatterte er seine erste Rolle im Theatre Royal in Lincoln in Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“. 1966, mit gerade mal 26 Jahren, war er bereits Mitglied der Royal Shakespeare Company.

Seit 2013 verheiratet: Patrick Stewart und Sunny Ozell. (Bild: Jon Kopaloff/Getty Images for Vanity Fair)

Seit 2013 verheiratet: Patrick Stewart und Sunny Ozell. (Bild: Jon Kopaloff/Getty Images for Vanity Fair)

„Ich interessiere mich überhaupt nicht für Raumforschung und Zukunftstechnologien und den ganzen Kram. Ich schaffe es ja nicht mal, die Klimaanlage in meinem Auto richtig einzustellen“, erklärte Stewart im Rückblick auf den späten Beginn seiner Weltkarriere. So zog es ihn auch während der Drehzeit von „Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert“ immer wieder ans Theater. 1988 inszenierte er sich selbst in Charles Dickens' „A Christmas Carol“ - und spielte alle 35 Charaktere.

Stewart gilt als besessener Arbeiter, als einer, der auch in der zweiten Hälfte seiner Karriere stets nach neuen Herausforderungen sucht. „Je öfter man übt, desto besser wird man“, meint er, und lässt das auch für sich selbst gelten. Der Grund? „Das Publikum. Es ist neben Stück und Besetzung das dritte Element bei jedem Auftritt.“ Immer wieder wolle es neu erobert werden.

Und immer wieder erobert es Patrick Stewart, der 2010 von Queen Elizabeth zum Ritter geschlagen wurde. 2020 jedenfalls kehrte er in seiner Paraderolle zurück und traf in der Amazon-Serie „Star Trek: Picard“ alte Freunde und neue Feinde. Wie der große Humanist der USS Enterprise ist auch Patrick Stewart in Würde gealtert, aber noch längst nicht fertig. Und auch als Charles Xavier / Professor X war er erneut zu sehen, zunächst in „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ (2022), auch im Marvel-Abenteuer „Avengers: Doomsday“, das 2026 in die Kinos kommen soll, wird er wieder in der Rolle zu sehen sein.

Ihm werde mittlerweile bewusst, dass seine Zeit auf der Welt begrenzt ist, sinnierte er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau. „Als ich jünger war, gab es kein Ende. Mein Leben würde immer weitergehen, dachte ich. Jetzt bin ich mit einer Frau verheiratet, die einige Jahrzehnte jünger ist als ich: Meine Endlichkeit bringt eine zusätzliche Intensität in unsere Beziehung. Wiewohl ich noch lange nicht plane, mich auf den Friedhof tragen zu lassen.“ (tsch)