Vom selbstzerstörerischen Rockstar zum gereiften Songwriter: Peter Doherty meldet sich mit dem Album „Felt Better Alive“ zurück - und zeigt, wer er heute wirklich ist.
Peter DohertySo sieht der Skandalrocker heute aus

In den Nullerjahren war er als Frontmann von The Libertines einer der größten Rockstars des Vereinigten Königreiches: Peter Doherty. (Bild: Matt Cardy/Getty Images)
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Nicht gesund, inzwischen aber immerhin weg von den harten Drogen: Peter Doherty. (Bild: Joshua Sammer/Getty Images for ZFF)
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Natürlich ist sich Peter Doherty bewusst, welches Bild bis heute in weiten Teilen der Öffentlichkeit von ihm vorherrschend ist: „Es gibt Leute, die enttäuscht sind, wenn sie mich treffen und ich nicht total im Arsch bin“, sagte er 2019 im Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau. Aber er weiß auch, dass die Vorurteile nicht aus der Luft gegriffen sind: Peter „Pete“ Doherty galt als Inbegriff des abgestürzten Genies. Der Rocker, der mit den Libertines Anfang der 2000er-Jahre die britische Musikszene aufmischte, war außerhalb Großbritanniens weniger für seine Songs als für seine Eskapaden bekannt. Heute, mit 46 Jahren, ist Doherty kaum wiederzuerkennen - in jeder Hinsicht.
The Libertines lebten den Rock'n'Roll und sorgten für endlose Schlagzeilen in der Boulevardpresse - bei denen meistens Doherty im Mittelpunkt stand. Sei es über seine turbulente Beziehung zu Supermodel Kate Moss, seine Drogensucht oder sein bizarres Verhalten auf der Bühne, etwa als er bei einem Konzert mitten im Lied davonrannte. Nachdem Doherty 2003 vorübergehend aus der Band geworfen wurde, erhöhte sich die Zahl der Schlagzeilen sogar noch. In diesem Jahr wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er die Wohnung seines Bandkollegen Carl Barât eingebrochen war und unter anderem eine antike Gitarre, einen Laptop, einen Videorekorder, einen CD-Player und Bücher gestohlen hatte.

Ein Bild aus alten Tagen: Peter Doherty (rechts) und Carl Barât veröffentlichten 2024 mit „All Quiet On The Eastern Esplanade“ ein neues Libertines-Album. (Bild: Sanctuary)
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In Deutschland blieben zwei Vorfälle im Gedächtnis: Im November 2009 löste Peter Doherty bei einem Konzert des Bayerischen Rundfunks einen Skandal aus, als er - vermutlich alkoholisiert - die erste Strophe des Deutschlandliedes sang. Im März 2011 begab sich Doherty während Dreharbeiten zum Historiendrama „Confession“ in Regensburg auf Kneipentour. In dieser Nacht wurde das Schaufenster eines Musikgeschäfts eingeschlagen und eine Gitarre sowie eine Schallplatte gestohlen. Doherty erklärte später, er könne sich wegen starken Alkoholkonsums kaum erinnern, räumte aber seine Beteiligung ein, bestritt jedoch, selbst gestohlen zu haben.
Peter Doherty: Weg von den harten Drogen

Eine stürmische Beziehung: Mit Top-Model Kate Moss war Peter Doherty von 2005 bis 2007 verlobt und sogar für 24 Stunden verheiratet. (Bild: Matt Cardy/Getty Images)
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Dass er all die Exzesse und Eskapaden überlebte, wundert Doherty selbst am meisten: „Den überwiegenden Teil meines Erwachsenenlebens hatte ich nicht einmal mehr erwartet, die nächsten fünf Minuten zu erleben“, sagte er im teleschau-Interview. Und auch wenn er dem Alkohol (noch) nicht abgeschworen hat - auf seinem neuen Album „Felt Better Alive“ widmet er dem Apfelbranntwein „Calvados“ sogar einen Song -, von harten Drogen lässt Doherty inzwischen die Finger.

Schauspieldebüt: In der Romanadaption „Confession“ war Peter Doherty 2012 an der Seite von Charlotte Gainsbourg zu sehen. (Bild: Lighthouse / Farbfilm)
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Seinen neuen Lebenswandel verdankt er seinem Libertines-Kollegen Carl Barât - und seiner heutigen Ehefrau. Denn Doherty war lange Zeit obdachlos. 2017 investierte Barât in ein Strandhotel im englischen Margate, auch um Doherty eine Unterkunft zu bieten. Dort wohnte der Frontmann der Libertines nicht nur, im dort eingerichteten Studio entstand auch das Comeback-Album der Band, „All Quiet On The Eastern Esplanade“ (2024).
Um Keyboarderin Katia de Vidas, einst Teil seiner Begleitband Puta Madres, nach einer ersten gescheiterten Beziehung zurückzugewinnen, entschied er sich, eine Substitutionstherapie zu beginnen. Mit Erfolg, wie er 2024 dem „Guardian“ berichtete: „Ich habe die Hauptgifte aufgegeben und meine Gesundheit hat sich verbessert“, sagte Doherty. Inzwischen sei allerdings Diabetes Typ 2 bei ihm diagnostiziert worden: „Und dann sagen sie dir, dass Alkohol, Käse und Zucker genauso schlecht sind und dass du gesünder warst, als du noch Heroin genommen hast.“

Peter Doherty veröffentlicht mit „Felt Better Alive“ (VÖ: 16. Mai) ein neues Soloalbum. (Bild: Roger Sargent)
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Pete Doherty genießt Leben als Ehemann und Vater
Dennoch: Aufgeräumter als jetzt, da sein neues Soloalbum „Felt Better Alive“ erscheint, wirkte Doherty noch nie. In aktuellen Interviews erzählt er begeistert vom häuslichen Leben, das er und seine Ehefrau gemeinsam mit ihrer Tochter Billie-May und einigen Hunden in Nordfrankreich führen.
Und vielleicht waren all die Schlagzeilen von einst, die Mutmaßungen, dass sich Doherty mit seinem Lebenswandel langsam, aber sicher zugrunde richte, auch übertrieben. Carl Barât, der seinen Bandkollegen immer schon lange und gut kennt, antwortete 2024 im „Guardian“-Interview auf die Frage, ob er überrascht sei, dass sein Freund noch lebe: „Nein, er ist zu klug, um zu sterben. Er hatte nie vor zu sterben.“ (tsch)