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So geht Annemarie Carpendale mit Selbstzweifeln um„Ich hadere auch mit dem ein oder anderen Makel“

Lesezeit 13 Minuten
Sie ist eine Frau mit vielen Leidenschaften: Annemarie Carpendale (47) moderiert seit 20 Jahren die Sendung „taff“ (werktags, 17.00 bis 18.00 Uhr, ProSieben). Im Interview anlässlich des 30-jährigen Bestehens deder Sendung erzählt sie, wie sie sich im Laufe ihrer Karriere verändert hat. (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

Sie ist eine Frau mit vielen Leidenschaften: Annemarie Carpendale (47) moderiert seit 20 Jahren die Sendung „taff“ (werktags, 17.00 bis 18.00 Uhr, ProSieben). Im Interview anlässlich des 30-jährigen Bestehens deder Sendung erzählt sie, wie sie sich im Laufe ihrer Karriere verändert hat. (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

ProSieben feiert nicht nur 30 Jahre „taff“, sondern auch 20 Jahre Annemarie Carpendale als Moderatorin der Sendung. Im Interview zum doppelten Jubiläum reflektiert sie über den Spagat zwischen Karriere und Familienleben. Denn auch die quirlige TV-Ikone plagen zuweilen Selbstzweifel.

Sie ist eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Boulevardfernsehens - und feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Doppeljubiläum: Während das erstmals am 29. Mai 1995 ausgestrahlte Magazin „taff“ (werktags, von 17.00 bis 18.00 Uhr, ProSieben) sein 30-jähriges Bestehen zelebriert, blickt Annemarie Carpendale (47), die in der Branche liebevoll als „ProSieben-Allzweckwaffe“ bezeichnet wird, auf zwei Jahrzehnte als Moderatorin der Kultsendung zurück. Was mit einem BWL-Studium in Köln begann, gipfelte in einer beachtlichen Karriere im TV. Ihre ersten Schritte im Rampenlicht machte die quirlige Mutter eines Sohnes (geboren im Mai 2018), die seit 2013 mit dem Schauspieler Wayne Carpendale (48) verheiratet ist, von 2000 bis 2005 als Tänzerin der Band „Bellini“. Heute berichtet sie unter anderem live vom roten Teppich bei der Oscarverleihung. Im exklusiven Interview spricht Annemarie Carpendale offen über Selbstzweifel und den Spagat zwischen Karriere und Muttersein. Sie verrät auch, warum sie gelernt hat, ihr „liebevolles Chaos“ nicht zu bekämpfen, sondern zu umarmen. Ein Gespräch über Selbstverwirklichung, Prioritäten - und die Kraft, sich immer wieder neu zu erfinden.

teleschau: Viele Menschen mögen es nicht, ihre aufgenommene Stimme zu hören oder sich auf dem Bildschirm zu sehen. Wie ist das bei Ihnen nach so vielen Jahren im TV?

Annemarie Carpendale: Ich bin da keine Ausnahme. Auch ich sehe mich nicht gerne im TV. Meistens habe ich dann eine kritische Bemerkung auf den Lippen, wie „Oh, man sieht mir diese Denkpause zu sehr an“. Aber das betrifft vor allem meine Stimme - wie bei jedem anderen auch. Deshalb bin ich froh, dass wir bei „taff“ live sind. So habe ich keine Gelegenheit, immer wieder zu kritteln und meine Moderation zu wiederholen. Bei aufgezeichneten Shows wie „The Voice of Germany“ ist das anders. Die schaue ich mir im Nachgang schon manchmal an.

teleschau: Mit kritischem Auge?

Carpendale: Ja, aber ich muss sagen, dass meine Leistung meistens besser war, als ich mich in dem Moment gefühlt habe. In den Situationen, als ich vielleicht einen kleinen Blackout hatte oder etwas überspielen musste. Gerade bei „taff“ gibt es jeden Tag etwas zu überspielen, was die Zuschauer nicht merken sollen. Zum Beispiel, wenn wir spontan die Reihenfolge ändern müssen oder eine Maz, ein vorgedrehter und geschnittener Filmbeitrag, nicht fertig wird, früher oder später aufhört als geplant. Jeder von uns kann sich dann aber auf seinen Co-Moderator verlassen. Einer sagt immer etwas (schmunzelt).

Kaum zu glauben, doch auch Annemarie Carpendale moderierte einst bei dem Musiksender VIVA. Damals kannte man sie noch unter ihrem Mädchennamen Annemarie Warnkross. Von 2004 bis 2005 war sie bei „Ringtone Charts“ und „VIVA Club Rotation“ zu sehen. (Bild: Sean Gallup/Getty Images)

Kaum zu glauben, doch auch Annemarie Carpendale moderierte einst bei dem Musiksender VIVA. Damals kannte man sie noch unter ihrem Mädchennamen Annemarie Warnkross. Von 2004 bis 2005 war sie bei „Ringtone Charts“ und „VIVA Club Rotation“ zu sehen. (Bild: Sean Gallup/Getty Images)

teleschau: Eine Dynamik, die ohne Skript erzeugt wird ...

Carpendale: Ja, Spontaneität zeichnet „taff“ auch aus. Dass es menschlich, live, spannend und nicht KI-generiert ist. Es ist doch nur authentisch, dass wir uns mal versprechen oder lustige Momente entstehen. Die meisten Clips können wir vor der Sendung anschauen. Viele aber auch nicht. Auf die Beiträge, die wir zum ersten Mal sehen, reagieren wir dann vielleicht nicht immer optimal. Da rutscht schon mal ein Lacher raus. Unsere Zuschauer wollen keine aufgezeichnete, perfekte Sendung sehen. So können sie sich besser mit uns identifizieren. Ich bin mir sicher: Deshalb ist „taff“ schon so lange erfolgreich.

„Ich wählte die Flucht nach vorn - wie so oft in meiner Karriere“

teleschau: Gibt es eine Situation, die Ihnen bis heute im Gedächtnis geblieben ist?

Carpendale: Auf jeden Fall: Als ich noch ganz frisch bei „taff“ war - das muss 2006 gewesen sein - sollte ich Robbie Williams interviewen, mein erstes großes Interview für den Sender. Der war damals wirklich der heiße Scheiß. Und dazu noch seine Entourage ... Es waren auch so viele Leute vom Sender da - damals war das Budget in der Branche einfach noch größer. Ich war sehr nervös und hatte im Kopf: Keine privaten Fragen, es darf nur um Musik, Musik, Musik gehen! So war das Briefing.

teleschau: Und dann kam alles anders?

Seit 2007 sind Annemarie Carpendale (47)
und Wayne Carpendale liiert, 2013 folgte die Hochzeit, 2018 kam ihr Sohn zur Welt. Im Interview wirft die Moderatorin einen Blick auf ihr Familienleben. (Bild: 2025 Getty Images/Gerald Matzka)

Seit 2007 sind Annemarie Carpendale (47) und Wayne Carpendale liiert, 2013 folgte die Hochzeit, 2018 kam ihr Sohn zur Welt. Im Interview wirft die Moderatorin einen Blick auf ihr Familienleben. (Bild: 2025 Getty Images/Gerald Matzka)

Carpendale: Das kann man wohl sagen (lacht). Der Typ von ProSieben hat mir den ganzen Tag eingetrichtert, dass ich mich nur auf Robbies Musik konzentrieren soll. Also stellte ich die erste Frage zu seiner Musik - und er sagte nur: „Hey, lass uns über Privates reden.“ Ich schaute in 20 entsetzte Gesichter, vor allem von der Plattenfirma. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Erstens hatte ich keine privaten Fragen vorbereitet. Zweitens wollte ich die Leute um mich herum nicht enttäuschen. Aber Robbie Williams war das egal. Er hatte überhaupt keine Lust. Etwas flirty meinte er dann, ich sähe aus wie Kylie Minogue. Dieser Moment war also schrecklich und toll zugleich.

teleschau: Wie befreiten Sie sich aus dieser Sackgasse?

Carpendale: Ich wählte die Flucht nach vorn - wie so oft in meiner Karriere. Also ließ ich mich spontan auf das Gespräch ein. Es sind sogar sehr schöne Szenen entstanden, wie wir zusammen getanzt haben. Leider wurde dann vieles von der Plattenfirma für den Beitrag gesperrt - aber es war ein sehr unterhaltsamer Termin.

„Ich spule meine Texte nicht einfach ab“

teleschau: Sind Sie nach so vielen Jahren im Geschäft heute noch nervös?

Carpendale: Ja, auf jeden Fall. Ich spule meine Texte nicht einfach ab. Das ist wichtig, um authentisch zu bleiben. Aber lockere Themen gehe ich mittlerweile entspannter an. Das hilft: Ich schreibe meine Texte immer noch alle selbst. Aber ich probe nichts mehr. Ich gehe hin, schaue mir meine Texte vorher noch einmal kurz an, und dann geht es los. Wenn ich daran denke, wie oft ich früher versucht habe, alles auswendig zu lernen. Es ist klar, dass man vom Weg abkommt, wenn man einen Text 23-mal liest und dann etwas Unvorhergesehenes passiert.

Das sind aktuell die Gesichter (von links) des Lifestyle-Magazins „taff“: Rebecca Mir, Christian Düren, Annemarie Carpendale, Neda Peemüller, Daniel Aminati und Viviane Geppert.
 (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

Das sind aktuell die Gesichter (von links) des Lifestyle-Magazins „taff“: Rebecca Mir, Christian Düren, Annemarie Carpendale, Neda Peemüller, Daniel Aminati und Viviane Geppert. (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

teleschau: Was bringt Sie denn aus der Fassung?

Carpendale: Seit ich Mutter bin, berühren mich ernste Themen noch mehr als vorher - vor allem, wenn es um Kindesentführung oder Ähnliches geht, kann es sein, dass ich Tränen in den Augen habe und den Kloß im Hals herunterschlucken muss, weil wir live sind. Besonders unangenehm ist es für mich aber, vor der eigenen Branche zu sprechen. Wenn 200 Leute vor mir sitzen, mich erwartungsvoll anschauen und einer gähnt - dann nehme ich das in dem Moment persönlich. Das ist für mich viel aufregender, als in eine Kamera zu flirten und zu wissen, dass zu Hause Millionen vor dem Fernseher sitzen.

teleschau: Haben Sie ein Ritual vor Ihren Auftritten oder Ihren Sendungen?

Carpendale: Vor großen Livesendungen mache ich immer noch das „über die Schulter spucken“. Ansonsten habe ich leider Gottes immer meine Cola dabei. Tatsächlich trinke ich zur Sendung auch leider fast täglich bei „taff“ eine Cola.

„Ich bin gut darin, im Leben spontan zu reagieren“

teleschau: Ein Teil Ihres Geheimnisses für so viel Energie vor der Kamera?

Carpendale: Ernährungswissenschaftler würden natürlich sagen, die Cola raubt mir die Energie, der Zucker ist böse. Aber neben meiner Cola ist es meine Neugier auf das Leben, die mich immer weitermachen lässt, die mich jeden Tag antreibt. Ich bin kein Mensch, der sich gerne an zu viele Regeln, Pläne und Strukturen hält. Sehr zum Leidwesen meines Mannes. Da prallen bei uns auch ein bisschen die Welten aufeinander.

Annemarie Carpendale wirkt im Fernsehen voller Energie und Selbstbewusstsein. Im Interview spricht die erfolgreiche Moderatorin jedoch auch über ihre Selbstzweifel. (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

Annemarie Carpendale wirkt im Fernsehen voller Energie und Selbstbewusstsein. Im Interview spricht die erfolgreiche Moderatorin jedoch auch über ihre Selbstzweifel. (Bild: ProSieben/Marina Geckeler)

teleschau: Und das nun schon seit 18 Jahren ...

Carpendale: Ja, das hält uns auch irgendwie frisch. Obwohl wir schon so lange verheiratet sind und einen Sohn haben, hat jeder von uns einen etwas anderen Lebensentwurf. So ist immer noch genug Feuer zwischen uns. Genauso wenig wie ich eine glattgebügelte Sendung moderieren könnte, könnte ich eine glattgebügelte Beziehung führen. Ich bin eben auch gut darin, im Leben spontan zu reagieren.

teleschau: Sind Sie auch gut darin, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen?

Carpendale: Mein Mann würde das verneinen (lacht). Bei mir herrscht oft ein liebevolles Chaos - der Schreibtisch sieht wild aus, die Steuerunterlagen liegen auf dem Sofa, dazwischen Deko für den nächsten Kindergeburtstag. Ich mache vieles selbst und habe oft das Gefühl, dass mein Tag 48 Stunden hat. Natürlich bleibt auch mal etwas liegen - die Geburtstagseinladungen sind noch nicht fertig, oder der Kleine wird ein paar Minuten zu spät vom Fußball abgeholt. Aber genau dieses spontane Durcheinander ist irgendwie mein Antrieb. Klar, der Schlaf kommt dabei zu kurz, das merke ich heute mehr als früher. Aber solange die Live-Sendung läuft, darf es auch mal ein bisschen chaotisch zugehen.

„Ich bin immer davon überzeugt, dass ich alles schaffen kann“

teleschau: Wie kommen Sie als Vollblut-Mama damit zurecht, dass Sie viel auf dem roten Teppich oder bei Dreharbeiten unterwegs sind?

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Sendung „taff“ (ProSieben) hat Annemarie Carpendale im Interview erklärt, wie sie den Spagat zwischen Familie und Karriere meistert. (Bild: 2023 Getty Images/Gerald Matzka)

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Sendung „taff“ (ProSieben) hat Annemarie Carpendale im Interview erklärt, wie sie den Spagat zwischen Familie und Karriere meistert. (Bild: 2023 Getty Images/Gerald Matzka)

Carpendale: Ich bin immer davon überzeugt, dass ich alles schaffen kann: Ja, ich kann die Geburtstagsgirlande selbst basteln und obendrein noch alle Kuchen selbst backen. Und dann ist es fünf Uhr morgens und schon wieder Zeit zum Aufstehen. Aber sich zumindest diese Ziele zu setzen, ist sehr wichtig. Meine Familienzeit hat sich in den letzten Jahren - vor allem seit der Geburt meines Sohnes und Covid - sehr verbessert. Dass ich weniger unterwegs bin, dass wir weniger Sommerspecials im Ausland abdrehen und so weiter, spielt mir da in die Karten. Aber ich hoffe, dass sich das auch wieder verändert. Gerade für junge Journalisten ist es wünschenswert, mehr von der Welt zu sehen und auf Live-Events zu gehen.

teleschau: Sie haben wohl viele Leidenschaften?

Carpedale: Ja, mein Mann würde mich wahrscheinlich so beschreiben: als Pippi Langstrumpf, weil ich mir die Welt gerne ein bisschen so mache, wie sie mir gefällt, aber auch als sehr verlässlich. Er nennt mich oft liebevoll Flummi, das steht für meine Energie und meinen Drang, immer alles zu geben. Wir sind beide Menschen, auf die man sich zu 100 Prozent verlassen kann, was wunderschön ist, aber auch bedeutet, dass wir ungern Dinge abgeben. Das ist eine Stärke - und manchmal auch eine Herausforderung.

teleschau: Wenn man Ihren Insta-Account durchforstet, scheint Sport ein wichtiger Ausgleich zu all dem Trubel zu sein ...

Carpendale: Ja, schon als Kind und Jugendliche war mir der Leistungssport sehr wichtig. Was soll ich sagen, ich habe einfach Hummeln im Hintern. Was ich aber gar nicht mag, ist, jeden Tag stundenlang ins Fitnessstudio zu gehen. Ich versuche einfach, mich im Alltag viel zu bewegen und auch bei Schmuddelwetter viel Rad zu fahren. Unser Kleiner ist seit einem dreiviertel Jahr in der Schule und wurde insgesamt nur drei- oder viermal mit dem Auto abgeholt. Das wurde zu unserem Ritual. Seit zwei Jahren leiste ich mir zum ersten Mal einen Personal Trainer, der zweimal die Woche kommt. Das bedeutet natürlich auch für mich: Struktur. Ein bisschen davon kann mir auch nicht schaden (schmunzelt). Allerdings merke ich in meinem Alter, dass das leider nicht ausreicht.

„Ein straffer Körper ist schön, aber Ausstrahlung ist am Ende viel mehr wert“

Annemarie Carpendale nahm an vielen verschiedenen TV-Shows teil. Sie war unter anderem bei „The Masked Singer“ zu sehen. (Bild: 2021 Getty Images/Andreas Rentz)

Annemarie Carpendale nahm an vielen verschiedenen TV-Shows teil. Sie war unter anderem bei „The Masked Singer“ zu sehen. (Bild: 2021 Getty Images/Andreas Rentz)

teleschau: Fühlen Sie sich unter Druck, einem gewissen Schönheitsideal zu entsprechen?

Carpendale: Nicht unbedingt unter Druck. Aber ich hadere natürlich auch mit dem ein oder anderen Makel. Schönheit ist ein relativer Begriff. Wenn ich mir was wünschen könnte, wäre ich größer. Ich bin nur eins sechzig groß und würde gerne die 70 knacken. Auch wenn es ein Trend zu sein scheint, dass vor allem kleine Frauen wie Nazan Eckes oder Collien Ulmen-Fernandes im TV gut rüberkommen. Aber im wahren Leben bin ich in meiner Freundesgruppe immer die Kleinste. Das finde ich schade.

teleschau: Wenn es nur das ist ...

Carpendale: Naja, mit über 40 merke ich, dass sich mein Körper verändert. Alleine mein Bauch nach der Geburt meines Sohnes. Erst heute Morgen habe ich meinen Mädels ein Foto von meinen Schlupflidern geschickt. Jetzt fängt es auch bei mir an. Das beunruhigt mich natürlich. Aber ich lasse mich davon nicht entmutigen, sondern versuche, aktiv etwas dagegen zu tun - sei es mit einem Personal Trainer oder einfach mit Online-Workouts. Dabei geht es mir nicht um Perfektion, sondern um ein gutes Körpergefühl. Vor allem die Ausstrahlung ist mir wichtig. Denn wahre Schönheit kommt von innen - durch Positivität, Energie und die Art, wie man einen Raum ausfüllt. Ein straffer Körper ist schön, aber Ausstrahlung ist am Ende viel mehr wert.

teleschau: Eine Haltung, die immer seltener wird.

Carpendale: Auf Instagram ist das natürlich schwieriger. Ich bin eine totale Perfektionistin - gerade wenn es um Social Media geht. Da kann es schon mal passieren, dass ich tagelang nichts poste, weil ich an einem Schnitt oder einem Bild so lange feile, bis es für mich wirklich stimmig ist. Es geht dabei nicht nur um Schönheit, sondern um das Gesamtbild, um die bestmögliche Umsetzung.

„Aber genau dieser Ehrgeiz steht mir manchmal selbst im Weg“

„taff“, „red“ und „Kiss Bang Love“ - seit nunmehr 20 Jahren gilt die Moderatorin Annemarie Carpendale unter anderem als Fachfrau für Klatsch und Tratsch. Im Interview spricht sie über Themen, die sie heute vor allem als Mutter beschäftigen. (Bild: ProSieben)

„taff“, „red“ und „Kiss Bang Love“ - seit nunmehr 20 Jahren gilt die Moderatorin Annemarie Carpendale unter anderem als Fachfrau für Klatsch und Tratsch. Im Interview spricht sie über Themen, die sie heute vor allem als Mutter beschäftigen. (Bild: ProSieben)

teleschau: Steht das nicht im Widerspruch zu Ihrer Authentizität?

Carpendale: Nein. Denn dieser Anspruch begleitet mich auch in meinem Job: Ich schreibe zum Beispiel alle Übergänge selbst und möchte immer Inhalte sinnvoll verbinden. Aber genau dieser Ehrgeiz steht mir manchmal selbst im Weg. Ich setze mich dann unter falschen Druck, weil ich alles zu 150 Prozent machen will. Dabei weiß ich natürlich auch, dass Instagram oft nur eine schöne Seite zeigt - wie Fernsehen eben auch. Für mich ist das eher ein kreatives Spiel, bei dem ich versuche, mein persönliches Optimum herauszuholen.

teleschau: Gibt es Mode- oder Beautytrends, bei denen Sie heute denken: 'Was habe ich mir gedacht?'

Carpendale: Natürlich habe ich auch die typischen Trends der 90er-Jahre mitgemacht - von den metallisch umrandeten Lippen über die mit Schaumfestiger gekneteten Haare bis hin zu diesem Platinblond. Einmal hätte ich mir sogar fast ein Tribal-Tattoo stechen lassen - für eine Fernsehsendung, damals mit der Band Bellini. Das Motiv war schon gemalt, aber im letzten Moment machte ich einen Rückzieher. Stattdessen wurde es ein Bauchnabelpiercing. Auch nicht gerade mein stolzester Moment, aber wenigstens ist nichts für immer geblieben, außer dem kleinen Loch. Ich bin meinen Eltern heute noch dankbar, dass sie mir beigebracht haben, bei solchen Dingen vorsichtig zu sein.

teleschau: Wenn Sie heute die Zeit zurückdrehen könnten, sagen wir: zu den Anfängen von „taff“, was würden Sie Ihrem jüngeren Ich sagen?

Carpendale: „Genieße es, frei zu sein, zu reisen, so viele Menschen zu treffen, das zu tun, wovon du träumst. Noch mehr, als ich es bisher genossen habe.“ Deshalb bin ich auch so stolz, dass es „taff“ noch gibt und dass wir uns treu bleiben und uns trotzdem jeden Tag neu erfinden müssen, auch um am Puls der Zeit zu bleiben, um die Leute weiter zu fesseln und zum linearen Fernsehen zu bringen.

„Für mich ist es etwas ganz Besonderes, mit meinen Zuschauern älter zu werden“

teleschau: Und das klappt?

Carpendale: Natürlich wirken wir heute mit linearen Formaten oft etwas oldschool, aber das hat auch seinen Wert. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, mit meinen Zuschauern älter zu werden. Viele, die mich als Teenager nach der Schule gesehen haben, sind heute Mitte 30 und schalten immer noch ein. Diese langfristige Bindung ist etwas sehr Schönes. Mittlerweile bin ich die dienstälteste Moderatorin bei „taff“. Früher wurde alle paar Jahre gewechselt, aber ich habe alle Veränderungen miterlebt, vom Zweierteam bis zur großen Moderationsrunde. Das erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.

teleschau: Was unterscheidet Sie von allen anderen?

Carpendale: Ich glaube, was mich und auch andere auszeichnet, ist, dass ich mir bis heute eine gewisse Authentizität bewahrt habe. Ich möchte nicht nur Texte abspulen, wie man es leider manchmal sieht. Gleichzeitig versuche ich, locker zu bleiben und den Moment in der Live-Sendung fließen zu lassen. Diese Balance zwischen inhaltlicher Vorbereitung und spontaner Natürlichkeit ist mir wichtig - und vielleicht genau das, was beim Publikum gut ankommt.

teleschau: Haben Sie in den zwei Jahrzehnten mal ans Aufhören gedacht?

Carpendale: Nein. Nicht eine Sekunde. Ich kann es mir nicht ohne vorstellen. Es ist wie jeden Morgen Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Ich liebe meinen Beruf, vor allem weil er so abwechslungsreich ist. (tsch)