Im gemeinsamen Podcast schildert Letzterer nun, weshalb ihn die Begegnung mit der Juristin in seiner ZDF-Sendung so überrascht habe.
„So noch nie erlebt“Lanz staunt über sein Interview mit Frauke Brosius-Gersdorf

Im Gespräch mit Markus Lanz hatte Frauke Brosius-Gersdorf mit Fehlbehauptungen rund um ihre Person aufgeräumt. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
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„Was ist das, was wir da gesehen haben?“, fragt sich Markus Lanz, als er in der aktuellen Folge des Podcasts „Lanz & Precht“ sein Interview mit Frauke Brosius-Gersdorf und die Diskussion um ihre Kandidatur als Verfassungsrichterin Revue passieren lässt. „Ist das Kulturkampf?“
Ja, meint Richard David Precht: „Es hat Züge von Kulturkampf - ohne, dass es gleich das Ausmaß erreicht wie in den USA.“ Diesen Schluss zieht der Philosoph, weil „die Geschichte so dermaßen aufgebauscht worden“ sei, „in den sozialen Medien, aber auch in vielen Leitmedien“.

Vor wenigen Tagen interviewte Markus Lanz die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf. Im Podcast „Lanz & Precht“ gab er nun zu: „Ich habe mich wahnsinnig schwergetan im Vorfeld. (Bild: ZDF / Christian Bruch)
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Man habe „versucht, sie so gut es geht zu beschädigen“, erklärt Precht weiter. „Nur, um dann hämische Kommentare darüber zu schreiben, dass sie nun dermaßen beschädigt sei, dass es besser wäre, sie ziehe sich aus freien Stücken zurück.“ Er empört sich: „Diese Aufregung, über die man da spricht - die hat man doch selbst gemacht!“ Dem Autor zufolge sei „ganz unfair“ mit der Juristin verfahren worden.
Lanz über Angst nach Morddrohungen: „Situationen, die ich auch kenne“
Seinen ganz persönlichen Eindruck kann Markus Lanz schildern. Am Dienstagabend sprach er in seiner ZDF-Talkshow mit Brosius-Gersdorf, die sich bereits im Vorfeld der gescheiterten Wahl zur Verfassungsrichterin mit etlichen Vorwürfen konfrontiert sah. „Ich gebe ehrlich zu: Ich habe mich wahnsinnig schwergetan im Vorfeld, mir klarzumachen, mit welcher Haltung man da reingeht“, sagt Lanz nun. „Ich wollte nicht Teil dieses Kulturkampfs werden, den wir beobachtet haben. Ich wollte sie dennoch auch kritisch befragen. Ich wollte sie aber vor allen Dingen verstehen.“

Die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf war am 15.07. zu Gast in der Sendung von Markus Lanz. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
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Sein Gegenüber wahrgenommen habe er als „eine Frau, die unter einem ungeheuren Druck stand“. Lanz räumt ein: „Ich habe das noch nie so erlebt. Man konnte das wirklich mit Händen greifen.“ Schließlich sei im klargeworden, dass „kein Medienprofi“ vor ihm sitze. „Die macht ihre Arbeit zu Hause. Die sitzt da und schreibt lange, komplizierte Texte.“ Lanz zufolge sei es bedenklich, wie man mit „brillanten Köpfen“ wie Brosius-Gersdorf umgehe. „Das sind wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft! Ganz egal, ob man einzelne Positionen teilt oder nicht. Das ist eine Exzellenz in diesem Land, auf der man aufbauen kann.“
Die Begegnung habe ihn überrascht, berichtet der Journalist: „Dann erlebst du die plötzlich völlig verunsichert, tief getroffen, unter dem Eindruck von Morddrohungen. Jemand, der sagt: 'Ich schau mich jetzt genau um, wenn ich aus dem Haus gehe, überlege mir, welche Post ich aufmache' - Situationen, die ich auch kenne.“ Abermals betont Lanz: Die Rechtsprofessorin sei im Gegensatz zu ihm „kein Medienprofi“.
Brosius-Gersdorf wurde offenbar von Interview mit Lanz abgeraten
Seinem Eindruck nach sei Brosius-Gersdorf „offensichtlich von allen Seiten“ von dem Interview mit ihm abgeraten worden. Ihr Umfeld hätte sie gewarnt: „Ein falscher Satz, und dann geht das alles endgültig schief, und dann fliegt dir das alles um die Ohren“, mutmaßt Lanz. Dass seine Gesprächspartnerin „ganz allein“ entschieden habe, mit ihm zu sprechen, sei ihm „in einem kurzen Vorgespräch klargeworden“: „Da geht es um Selbstachtung. Und es geht darum, die Kontrolle über dein Leben zurückzugewinnen.“ Die 54-Jährige habe Lanz zufolge „sinngemäß“ erklärt, sie wolle sich „nicht mehr treiben“ lassen.
Der Moderator habe „in jeder Sekunde“ des Gesprächs bemerkt, dass er sich mit „einer wirklich brillanten Juristin“ unterhalte. „Was dir dann eben auch klarwird: Da ist jemand, der eben nicht politisch tätig wird. Da saß keine Politikerin vor mir, sondern da saß eine Juristin vor mir.“ Diese sei nicht dafür zuständig, Gesetze zu entwerfen, sondern sie zu bewerten. „Das ist eine ganz andere Rolle“, betonte Lanz. „Allein deswegen ist es so schräg, jemandem eine Macht zuzusprechen, die er de facto gar nicht hat.“
Frauke Brosius-Gersdorf hätte in der Vorwoche eigentlich vom Plenum des Bundestags zur Richterin in Karlsruhe gewählt werden sollen, doch die Wahl war auf Druck der Union kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. Grund für die Vorbehalte von CDU/CSU war insbesondere Brosius-Gersdorfs vermeintlich liberale Haltung zum Thema Abtreibung. Bei ihrem Auftritt in Markus Lanz' Talkshow kritisierte die Rechtswissenschaftlerin wenige Tage später die „falsche“ Berichterstattung zu ihren Ansichten und bezeichnete Ausdrücke wie „ultra-links“ und „radikal links“ in Verbindung mit ihrer Person als „verstörend“. (tsch)