Einsatz am Schloss NeuschwansteinTouristin in Schlucht gestoßen – Polizei richtet Appell an Zeugen

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Blick von der Pöllatschlucht auf die Marienbrücke, sowie auf die Südfassade des Schlosses Neuschwanstein in Hohenschwangau bei Füssen. An diesem eigentlich so idyllischen Ort fand am Mittwoch eine Femizid statt.

Blick von der Pöllatschlucht auf die Marienbrücke, sowie auf die Südfassade des Schlosses Neuschwanstein in Hohenschwangau bei Füssen. An diesem eigentlich so idyllischen Ort fand am Mittwoch eine Femizid statt.

Ein Mann stößt zwei Touristinnen beim Schloss Neuschwanstein eine Schlucht hinab, eine stirbt. Viele Fragen bleiben offen.

Nach dem tödlichen Angriff nahe Schloss Neuschwanstein hoffen die Ermittler auf zahlreiche Fotos und Videos aus der Umgebung des Tatorts. Diese könnten in einem speziellen Portal hochgeladen werden, teilte die Polizei mit. Die Polizei appelliert an Zeugen, sich zu melden und die Möglichkeit des Uploads zu nutzen.

Auch wenn der mutmaßliche Täter oder die beiden angegriffenen Frauen nur zufällig auf dem Material zu sehen seien, könne dies bei den Ermittlungen helfen. „Wir hoffen, dadurch die Situation vor und nach der Tat weiter aufhellen zu können“, sagte ein Polizeisprecher.

Schloss Neuschwanstein: Tatverdächtiger wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft

Darüber hinaus würden die Ermittler vor allem Spuren vom Tatort auswerten und einordnen, sagte der Polizeisprecher. Vor Ort nahe der bei Touristen beliebten Marienbrücke in Schwangau seien vorerst keine weiteren Ermittlungen geplant. Aufgrund des stark abschüssigen Geländes am Tatort hatten am Mittwoch auch speziell ausgebildete Beamte der Alpinen Einsatzgruppe nach Beweismaterial gesucht. Die Brücke und ihre Umgebung wurden allerdings schon am Mittwoch kurz nach dem Vorfall wieder für Besucher freigegeben.

Nach dem Angriff war ein 30 Jahre alter Tourist aus den USA festgenommen worden. Seit Donnerstag sitzt er laut Polizei unter anderem wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Er wird verdächtigt, zwei 21 und 22 Jahre alte Frauen in die Pöllatschlucht nahe dem Schloss gestoßen zu haben, nachdem er die jüngere der beiden angegriffen haben soll.

Angriff bei Schloss Neuschwanstein: Mutmaßlicher Täter und Opfer kommen aus den USA

Die beiden Frauen kommen nach dpa-Informationen wie der Verdächtige auch aus den USA. Die Ermittler vermuteten, ein versuchtes Sexualdelikt könne das Motiv für den Angriff gewesen sein, noch aber sind viele Fragen offen.

„Wir sind am Anfang der Ermittlungen“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Hörmann. Die Spurensicherung stehe aktuell im Vordergrund. Ziel ist es zunächst, den Tatablauf genau zu rekonstruieren – hierbei könnten die von der Polizei erbetenen Videoaufnahmen eine entscheidende Hilfe sein. Angesichts der Masse an Touristen am beliebten Ausflugsziel Schloss Neuschwanstein hofft die Polizei auf einen Treffer.

Verdächtige soll sich zu Tat an Schloss Neuschwanstein geäußert haben

Die Bergwacht Füssen hatte die beiden Frauen geborgen. Die 22-Jährige war verletzt, aber ansprechbar, ihre 21-jährige Freundin war mit dem Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen worden, starb nach Polizeiangaben in der Nacht auf Donnerstag dort an ihren schweren Verletzungen.

Der Verdächtige habe sich bei der Vorführung beim Haftrichter zwar geäußert, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Über den Inhalt der Aussage des Mannes machte er zunächst aber keine Angaben. Der mutmaßliche Täter konnte zunächst flüchten.

Die Polizei leitete eine umfangreiche Fahndung rund um das Schloss ein. Beamte aus mehreren Orten fuhren zum Einsatzort, ein Spürhund und ein Polizeihubschrauber unterstützten die Suche. Der 30-Jährige konnte kurze Zeit später in der Nähe festgenommen werden.

Video zeigt, wie Polizei Mann abführt – Polizei hofft auf Beweismaterial von Zeugen

Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigt, wie Polizisten einen mit Handschellen gefesselten Mann abführt. „Er hat kein einziges Wort gesagt. Er hat seinen Mund nicht geöffnet, er hat nicht gemurmelt“, sagte Eric Abneri, der das Video aufgenommen und hochgeladen hatte, der Nachrichtenagentur AP. Seinen Schilderungen zufolge habe der Tatverdächtige keinen Widerstand geleistet. Er blieb anschließend einen Tag in Gewahrsam, ehe am Donnerstag Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde.

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist nicht davon auszugehen, dass der Mann die beiden Frauen zuvor gekannt habe, sie sollen auch nicht aus dem gleichen Bundesstaat stammen.

Bürgermeister der Gemeinde Schwangau macht Vorfall an Schloss Neuschwanstein betroffen

Nach dem tödlichen Angriff in seiner Kommune zeigte sich der Bürgermeister der Gemeinde Schwangau, Stefan Rinke, tief betroffen. „Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien“, sagte er am Donnerstag dem Radiosender Antenne Bayern. Eine solche Straftat habe es bisher in Schwangau nicht gegeben. Es handele sich um einen „schockierenden Einzelfall“, der sich nicht auf die allgemeine Sicherheitslage in Schwangau auswirke, betonte er. 

Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Familien.
Stefan Rinke, Bürgermeister der Gemeinde Schwangau

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte sich bislang nicht öffentlich zu dem Vorfall.

Das US-Außenministerium erklärte, Kenntnis über den Fall zu haben. Das US-Konsulat in München beobachte die Situation genau und stehe in Kontakt mit den zuständigen Behörden, sagte Sprecher Matthew Miller in Washington. Aus Datenschutzgründen könne er aber keine weiteren Angaben machen.

Schloss Neuschwanstein zählt zu den berühmtesten und meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Deutschlands. In der Vergangenheit kamen mitunter fast eineinhalb Millionen Besucher pro Jahr zu der Sehenswürdigkeit. Im Sommer würden sich im Durchschnitt täglich mehr als 6000 Besucher durch Räume des Schlosses drängen, berichtet die Bayerische Schlösserverwaltung. (pst mit dpa)

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