Sex-VerhaltenPinguine sind Schweine

Ein Bericht über das Sex-Verhalten der Pinguine ist nun in England wieder aufgetaucht.
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„Was ihre Niedertracht angeht, scheint es für diese Pinguine keine Grenzen zu geben.“ Die Abscheu dringt durch jede Zeile eines Expeditionsberichts, der jetzt in einem Giftschrank im Museum für Naturgeschichte in Tring in der englischen Grafschaft Hertfordshire gefunden wurde.
Der Autor, George Murray Levick, nahm als Arzt und Marineoffizier 1910 bis 1913 an der britischen Antarktis-Expedition unter Captain Robert Falcon Scott teil. Er wurde mit fünf anderen Männern vom Packeis eingeschlossen und hatte den ganzen Winter Zeit, das Verhalten der Adélie-Pinguine am Kap Adare an der ostantarktischen Küste zu beobachten.
Die „Sittenlosigkeit“ der Vögel entsetzte ihn dermaßen, dass er seine schockierenden Beobachtungen teilweise auf Griechisch notierte, offenbar um sie vor allzu neugierigen Augen zu verbergen. Wie „Rowdys“ würden sich die männlichen Tiere verhalten. Levick sah, wie sich einsame Pinguine selber befriedigten, mit Geschlechtsgenossen homosexuelle Kontakte pflegten oder Küken sexuell missbrauchten. Dies sei noch nicht einmal die „verdorbenste“ Betätigung gewesen. „Ich habe gesehen, wie ein Hahn versuchte, mit einem Kadaver eines weiblichen Adélie-Pinguins aus dem vorigen Jahr zu kopulieren“, schrieb Levick. „Es dauerte etwas mehr als eine Minute, und die Stellung, die der Hahn dabei einnahm, unterschied sich in keiner Weise von derjenigen bei einer normalen Kopulation.“
Tief im Museumsarchiv
Starker Tobak im prüden England, in dem Homosexualität noch unter Strafe stand. Als Levick in die Heimat zurückkehrte, war guter Rat teuer. Die nicht so heiklen Beobachtungen zum Verhalten der Adélie-Pinguine wurden schließlich publiziert. Aber die vier Seiten mit den delikaten Details zu den Sexualpraktiken blieben außen vor. Eine Kopie mit der fettgedruckten Aufschrift „Nicht zur Veröffentlichung bestimmt“ fand Douglas Russell, der Kurator für Vogeleier und Nester, jetzt zufällig in den Tiefen des Museumsarchivs. „Es ist ein außerordentliches Manuskript mit der anschaulichsten Beschreibung dieses herausfordernden Sexualverhaltens, das man jemals zu sehen bekommen hat“, sagte er der britischen Tagespresse.
Gemeinsam mit zwei Experten für das Verhalten von Adélie-Pinguinen hat Russell den Text nun im Fachjournal „Polar Record“ veröffentlicht. Für viele der einst als schockierend empfundenen Praktiken gibt es eine banale Erklärung. Das rüpelhafte Verhalten der männlichen Jungtiere gegenüber den Weibchen schreiben die Wissenschaftler ihrer mangelnden sexuellen Erfahrung zu. Auch für die Nekrophilie, die sexuelle Annäherung an ein totes Weibchen, gebe es ein plausibles Motiv. Wenn Pinguinweibchen ihre Empfängnisbereitschaft signalisieren, legen sie sich auf den Bauch, das Gefieder an den Körper geschmiegt und die Augen halb geschlossen – „eine ähnliche Position wie die, in der sich die toten Vögel befanden“.