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SommerlochKrokodil-Alarm am Bodensee

Lesezeit 3 Minuten

Nur eine Handpuppe? Im Klausensee in der Oberpfalz soll Krokodil Klausi schwimmen.

Frankfurt – Von Klausi ist nicht viel bekannt. Einen vierzig Zentimeter langen, muskulösen Schwanz soll er haben und kurze Beine. Klausi, so nennen die Kinder in Schwandorf in der Oberpfalz das vermeintliche Krokodil, nach dem seit einer Woche gefahndet wird. Ein Spaziergänger will beim Gassigehen mit seinem Hund das Reptil entdeckt haben – zumindest sah er eben jenen Schwanz und die kurzen Beine. Seitdem herrscht am Klausensee Krokodil-Alarm.

Mit Hubschraubern, Scheinwerfern, Wärmebildkameras und Tauchern suchten Feuerwehr, Wasserwacht und Technisches Hilfswerk nach dem etwa ein Meter langen Reptil. Siebzig Krokodiljäger waren am Dienstagabend am Badesee im Einsatz – von Klausi keine Spur.

Das heißt fast. Denn eine weitere Zeugin will von dem Krokodil ein sieben Zentimeter langes Souvenir behalten haben: eine Kratzwunde, die das Tier ihr am 1. Juli zugefügt haben soll, als es nahe des Ufers über sie hinwegschwamm. Mittlerweile badet niemand mehr im Klausensee – außer vielleicht Klausi.

Und auch das ist zweifelhaft. Bei dem Phantomkrokodil könnte es sich nämlich auch um einen leibhaftigen Biber handeln. Ein ausgewachsener Biber wird bis zu einem Meter groß und hat eine Schwanzlänge von etwa 35 Zentimetern. Und: Biber haben kurze Beine. Ist Klausi am Ende ein Nager?

Egal, ob Panzerechse oder Nagetier – ein Platz in der Sommerloch-Galerie der wundersamen Tiergeschichten ist Klausi schon jetzt sicher. Im vergangenen Sommer hielt uns die Kuh Yvonne drei Monate lang auf Trab, weil sie sich in den oberbayerischen Wäldern versteckte.

Auch Trauerschwan Petra vom Aasee in Münster machte Schlagzeilen. Wochenlang betete der schwarze Vogel im Sommer 2006 ein Tretboot in Schwanenform an und wich ihm nicht von der Bugwelle. Schon der Philosoph Blaise Pascal wusste: Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean Verstand.

Tierschicksale wie das der unglücklich verliebten Petra sind mehr als nur kuriose Lückenfüller für das sogenannte Sommerloch. Wie auch Fabeln versichern die Geschichten den Menschen seiner Menschlichkeit, wenn er den Tieren ihm obliegende Eigenschaften, Moralvorstellungen oder Verhaltensweisen andichtet. Oder aber sie rühren an der Urangst, dass die menschliche Überlegenheit im Kampf mit der wilden, rohen Natur besiegt wird, wenn etwa aus der Tiefe eines Gewässers das Böse nach uns schnappt.

„Ungeheuer von Dornach“

So geschah es 2002, als eine ausgesetzte Schnappschildkröte einen Baggersee beim bayerischen Aschheim unsicher machte. Das „Ungeheuer von Dornach“ wurde die Geierschildkröte getauft. Sie wurde geschnappt, allerdings ohne ernsthaft nach einem Menschen geschnappt zu haben. Sie wurde im Münchner Zoologischen Institut auf den Namen Eugen getauft und einer Geierschildkröten-Frau namens Eugenie zugeführt.

Im Sommer 2001 soll der Mönchengladbacher „Killerwels Kuno“ angeblich mindestens einen Dackel verspeist haben. Zwei Jahre später tauchte der Riesenwels wieder auf – allerdings mit dem Bauch nach oben. Unvergessen ist auch der Kaiman Sammy, der 1994 in einem See bei Dormagen seinem Herrchen beim Spaziergehen entwischte. Nach tagelanger Suche wurde das Tier von einem Taucher aus dem See gefischt – verängstigt und hungrig.

In der Oberpfalz setzt man nun auf bei der Suche nach Klausi auf Wildkameras am Ufer- und Böschungsbereich. Sollte nur ein verschreckter Biber in die Linse gucken, hat Schwandorf zwar kein neues Maskottchen, aber wieder seinen Badesee. Und wir hatten ein nettes Sommermärchen. Auch ohne Klausi.