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Design aus MüllAus rostigen Wracks T-Shirts gemacht

Lesezeit 2 Minuten

Tobias Kruschhausen und Matthias Gottwald

Der Friedhof allein sorgt schon für Hochstimmung. Auf einer Lichtung im Wald zwischen Schweden und Norwegen liegen Autowracks. Es sind um die tausend, die, nach Fabrikat gestapelt, von Grün überwuchert, ein paradiesisches Bild des Verfalls bieten. Hier fanden Matthias Gottwald und Tobias Kruschhausen den Mercedes 220SE. Eine Ikone. 1961 in Stuttgart gefertigt und mit seinen Heckflossen und den aufrechten Frontleuchten ein Zeugnis der damaligen Schwärmerei für US-amerikanisches Design. Nicht auf wiederverwendbare Einzelteile waren die beiden aus, sondern auf den Rost. Sie sammelten die Partikel, rührten sie daheim zu einer Farbe an und bedruckten damit ein T-Shirt. Das Motiv: Das Auto selbst.

Tobias Kruschhausen, 28, und Matthias Gottwald, 29, arbeiten hauptberuflich als Produkt-Designer. Nach ersten Experimenten mit Eisenoxid wurde schnell deutlich, dass Rost auf Stoff gut haftet, dass Legierungen, Dauer und Art der Korrosion Einfluss auf die Druckfarben haben. Deshalb fällt jedes Shirt etwas anders aus. Unter dem Label „Roststoff“ vertreiben die Stuttgarter nur limitierte Kollektionen.

www.roststoff.com

www.dawanda.com

Vor einem Jahr dann gründeten Gottwald und Kruschhausen das Label „Roststoff“, unter dem sie T-Shirts mit geschichtsträchtigem Rost verkaufen. Historie und Bilder werden mitgeliefert. Das Geschäft läuft, wohl weil die Produkte schlicht in die Zeit passen. Sie sind exklusiv, aber bodenständig. Recycelt, aber schick. Retro, aber immer noch modern. Und vor allem: sehr sentimental. Der Niedergang wird zum Neuanfang deklariert, das Sterben von Alltagsklassikern stilvoll verlängert.

Rost in Frieden.

Der erste Erfolg motivierte die beiden Designer auf der Suche nach möglichst originellen Objekten. Sie kratzten an einer historischen Dampflok in Vietnam, am Stacheldrahtzaun der Freistadt Christiania in Kopenhagen und an einem Churrasco-Grill aus Rio de Janeiro. Selbst die Anhänger des alten Stuttgarter Bahnhofs können sich ein Stück Gleis überziehen. „Das ist aber nicht als politisches Statement gedacht“, sagt Gottwald.

Die beiden werden immer wieder gefragt, ob Rost eigener Lieblingsdinge für einen T-Shirt-Druck eingeschickt werden könnte. „Das wäre zu aufwendig“, sagt Gottwald. Die Handarbeit lohne sich nur, wenn man in Serie produziere. Roststoff soll ein kleiner Laden bleiben, den die beiden Produktdesigner auch künftig nach Feierabend betreiben können.