Mutmaßlicher Täter von BrokstedtDiese Delikte beging der Messer-Angreifer im Raum Köln

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Forensiker der Polizei laufen in weißen Schutzanzügen und mit Masken über den Bahnsteig in Brolstedt. Neben ihnen steht der Regionalzug, in dem ein 33 Jahre alter Mann mutmaßlich zwei Menschen getötet und sieben verletzt hat.

In einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg sind zwei Menschen getötet und sieben verletzt worden.

Der mutmaßliche Messerstecher von Brokstedt ist auch im Raum Köln unter anderem wegen Gewalttaten auffällig geworden.

Der 33 Jahre alte Ibrahim A. hat am Mittwoch offenbar wahllos auf die Fahrgäste im Regionalzug RE70 von Hamburg nach Kiel eingestochen. Ein 17 Jahre altes Mädchen und ein 19-jähriger junger Mann starben, fünf weitere Passagiere wurden verletzt, ehe mutige Reisende sowie Beamte der Bahnpolizei den Amokläufer nahe Brokstedt (Schleswig-Holstein) stoppen konnten.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist es nicht das erste Mal, dass der staatenlose Palästinenser mit dem Messer andere Menschen attackierte. In Bad Münstereifel etwa wurde Ibrahim A. schon 2016 einschlägig aktenkundig. Laut der Staatsanwaltschaft Bonn schlug er einen Widersacher gleich mehrfach und schnitt ihm mit einem Messer ins Gesicht. Das Amtsgericht verurteilte den Delinquenten zu einem Jahr auf Bewährung.

Messerstiche bei der Essensausgabe

Zuletzt saß er monatelang in Hamburg in Untersuchungshaft. Laut einer Justizsprecherin soll er im Januar 2022 in zwei Fällen Personen angegriffen haben. Zum einen in einer Obdachlosen-Einrichtung und zum anderen nahe einer Drogenhilfe. Die erste Tat ereignete sich den Angaben zufolge am 18. Januar 2022 in der Schlange vor einer Essensausgabe für Wohnungslose. Ibrahim A. geriet mit einem Mann in Streit, er schlug und stach mehrfach auf den Widersacher ein. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt. Seinerzeit berichtete A. dass er im Vorfeld große Mengen Kokain, Heroin und Alkohol konsumiert habe.

Im anderen Fall fragte A. nahe einer Drogenhilfe-Stelle eine andere Person um Rauschgift. Als der Mann nichts lieferte, schlug der Palästinenser ihn nieder, zückte sein Messer und hieb ihm mit dessen Knauf auf auf den Kopf. Am 20. Januar kam der Tatverdächtige schließlich in Untersuchungshaft.

Mutmaßlicher Täter von Brokstedt: Weitere Inhaftierung wurde als unverhältnismäßig eingestuft

Das Amtsgericht Sankt Georg verurteilte den Delinquenten am 18. August zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Woche wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen und wegen Diebstahls. Gegen den Schuldspruch legte sein Anwalt Berufung ein. Das Verfahren läuft noch vor dem Hamburger Landgericht. Am 19. Januar kam Ibrahim A. aus dem Untersuchungsgefängnis frei. Die zuständige Strafkammer begründete diesen Schritt damit, dass der 33-jährige einen Großteil der Strafe bereits abgesessen habe. Eine weitere Inhaftierung sei unverhältnismäßig.

An Heiligabend 2014 reiste A. nach Informationen dieser Zeitung nach Deutschland ein. Im Jahr darauf stellte er in NRW einen Asylantrag. Nachdem er 2016 einen subsidiären Aufenthaltsstatus erhielt, zog er zunächst nach Euskirchen. Später dann leitete die zuständige Ausländerbehörde ein Rücknahmeverfahren ein.

Sexuelle Nötigung, Ladendiebstahl, Scheckkartenmissbrauch, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch

Immer wieder geriet A. ins Blickfeld von Polizei und Justiz. Seit 2015 füllt er gleich mit zwölf Fällen die Kriminalakten in Euskirchen, Bonn und Köln. Ladendiebstahl, Missbrauch von Scheckkarten, sexuelle Nötigung, gefährliche Körperverletzung, Bedrohung und Drogendelikte lauten die Vorwürfe. Etliche Verfahren wie Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Diebstahl oder weitere gewaltsame Attacken wurden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

2018 kassierte Ibrahim A. wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro, zuvor hatte er eine geringfügige Zahlung wegen Ladendiebstahls leisten müssen. 2020 sprach ihn das Amtsgericht wegen des Verdachts der Körperverletzung erneut frei.

Die Einträge erinnern an einen drogensüchtigen Kleinkriminellen mit einem Hang zur Gewalt, die nun am Mittwoch im Zug mit der Kennziffer RE 70 von Kiel nach Hamburg zu einem Blutbad führte. Bisher ist unklar, was den Palästinenser zu seiner Tat bewegte. Kurz nach den Geschehnissen teilten die Behörden mit, dass der Messerstecher einen verwirrten Eindruck gemacht habe. Ob er zum Zeitpunkt der Tat unter Drogeneinfluss stand, ist bislang unbekannt. Ein islamistisches Motiv ist bisher nicht bekannt, obwohl die Polizei in alle Richtungen ermittelt. In NRW, so war zu erfahren, liegen gegen Ibrahim A. bisher keine Staatsschutzerkenntnisse vor.

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