Statt der Durchsage zum nächsten Halt ertönte in Österreich minutenlang „Sieg Heil“ und weitere Nazi-Parolen durch die Lautsprecher.
Fahrgäste entsetztHitler-Rede in Schnellzug in Österreich abgespielt – ÖBB äußert Verdacht

In einem Schnellzug der ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) löste die Manipulation der Durchsage-Anlage zunächst Verwunderung und dann Entsetzen aus (Symbolbild).
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In einem Schnellzug der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sind via Lautsprecher Auszüge aus einer Rede von Adolf Hitler zu hören gewesen. Statt der üblichen Ansagen hätten nationalsozialistische Phrasen wie ein „Heil Hitler“-Ruf sowie mehrere „Sieg Heil“-Rufe die Fahrgäste aufgeschreckt, bestätigte ein Sprecher der ÖBB am Montag einen Bericht der Zeitung „Der Standard“.
Hitler-Rede in Zug verstört Grünen-Politiker und andere Fahrgäste
In dem Zug saß österreichischen Medienberichten zufolge auch der grüne Nationalratsabgeordnete David Stögmüller. Er veröffentlichte auf Twitter eine kurze Sequenz, in der die verstörenden Aufnahmen deutlich zu hören sind. „Gerade wurde im RailJet 661 mehrmals ‚Sieg Heil‘-Rufe durch das Lautsprechersystem ausgestrahlt! Die Zugbegleiterin komplett hilflos“, schrieb der Grünen-Politiker zum Video. Er hoffe auf Aufklärung.
Diese war in Teilen zumindest bis zum Montagmittag gelungen. Die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) hatte sich am Sonntag zunächst auf Twitter vom Inhalt der Durchsagen „klar distanziert“. Man arbeite „auf Hochtouren daran, die Ursache für diese technischen Störungen zu finden und schnellstmöglich zu beheben“.
ÖBB erklärt peinliche Panne mit Hitler-Durchsagen in allen Waggons
Am Montag gab die ÖBB dann weitere Information preis. Nach bisherigen Erkenntnissen sei es zwei Verdächtigen gelungen, sich mit einem Schlüssel Zugang zu einer der in den Waggons vorhandenen Sprechstellen zu verschaffen und ein Handy mit der Aufnahme neben das Mikrofon zu legen, hieß es.
„Die dürften ganz klassisch die Sprechstellen benutzt haben, mit Schlüssel, und dann ganz simpel ein Handy dazugelegt haben“, sagt der Konzernsprecher in „Der Standard“. Die Aufnahme sei sehr laut vorgespielt worden. „Das war wirklich unangenehm und verstörend“, so der Sprecher weiter.
Gegen die beiden Verdächtigen, die auf Videomaterial beim Ausstieg in Wien gut zu erkennen seien, sei Anzeige erstattet worden. Wie sie zum Schlüssel gekommen seien, wisse man nicht, es sei aber auszuschließen, dass es ÖBB-Mitarbeiter gewesen seien, sagte der Sprecher. „Es handelt sich um einen europaweit eingesetzten Standardschlüssel, von dem wahrscheinlich einige Zehntausend Stück existieren.“
Zubgegleiterin hatte laut Zeugen keine Handhabe, die Durchsage zu beenden
Die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter seien machtlos gewesen. „Die Zugbegleiterin hat geweint, sie wusste nicht mehr weiter“, schildert Stögmüller im österreichischen Newsportal „heute.at“. Demnach scheiterten unter anderem Maßnahmen wie, die Sicherung auszuschalten und die Tonaufnahmen durch Durchsagen zu überblenden.
Der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister, der sich offenbar ebenfalls in einem der Waggons des Zuges aufhielt, machte seinem Unmut ebenfalls auf Twitter Luft. „Irgendwelche Nazi-‚Lausbuben‘ haben sich scheinbar in das Lautsprechersystem des Zuges reingehackt“, schrieb Hofmeister. Für ihn sei das Ganze „verstörend“ gewesen.
Das Kuriose: Es handelt sich bei dem Vorfall offenbar nicht um den ersten dieser Art. Berichten zufolge sei es bereits der dritte Vorfall auf der Strecke St. Pölten-Wien innerhalb weniger Tage gewesen. Bei den Manipulationen zuvor seien allerdings Kinderlieder vorgespielt worden. Im aktuellen Fall seien nun rund acht Minuten eine im Internet abrufbare Zusammenstellung von Versprechern der regulären Informationsstimme, Kinderlieder und eben die Hitler-Phrasen zu hören gewesen. (pst mit dpa)