Zu Gast bei „True Crime Köln“ ist die Ex-Terroristin Silke Maier-Witt. Sie berichtet über die Entführung von Hans Martin Schleyer und ihre Zeit in der RAF.
120 Schüsse in BraunsfeldEx-Terroristin Silke Maier-Witt über ihre Zeit in der RAF

Der Tatort der Entführung von Hans-Martin Schleyer und der Ermordung seiner Begleiter durch die RAF: Im September 1977 begannen in Köln die Wochen, die als "Deutscher Herbst" in die Geschichte eingingen
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„Für die freiheitliche, rechtstaatliche und soziale Demokratie“, steht auf der leicht verwitterten Platte am Fuße der Steinstele nahe der Vincenz-Statz-Straße in Braunsfeld. „Die Bürger von Köln, September 1977“ ist als Unterschrift eingraviert. Hier fielen am 5. September 1977 über 120 Schüsse, abgefeuert auf die Begleiter des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hans-Martin Schleyer. Die vier Männer hatten keine Chance und starben im Kugelhagel. Schleyer wurde entführt und zunächst in eine Wohnung in Erfstadt-Liblar gebracht. So begannen in Köln die Wochen, die als „Deutscher Herbst“ in die Geschichte der Bundesrepublik eingegangen sind.
Als Helferin dabei war Silke-Maier, Mitglied der so genannten „zweiten Generation“ der Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“, kurz RAF. Sie ist auch diejenige, die sechs Wochen später die Erklärung von Schleyers Ermordung verbreitet. Die mittlerweile 75 Jahre alte Ex-Terroristin stellt sich bei „True Crime Köln“ den Fragen von Helmut Frangenberg.
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Im Interview für die Podcastreihe des Kölner Stadt-Anzeiger über wahre Verbrechen in Köln und der Region berichtet sie von ihrer Zeit in der RAF, ihrem Ausstieg und ihrem Leben danach unter falschem Namen in der DDR.

Silke Maier-Witt lebt heute in Skopje
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In die RAF aufgenommen wurde sie am 7. April 1977, dem Tag des Mordes am Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Danach gehörte sie zu den meistgesuchten Straftäterinnen der Republik. Mit der Ermordung von Schleyer verbindet sich für Silke Maier-Witt das Scheitern der RAF. Aus ihrer Sicht war die Gruppe danach „am Ende“. Nachdem palästinensische Terroristen, die mit der RAF verbündet waren, eine Lufthansa-Maschine auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt entführt hatten, waren aus Sicht Maier-Witts die letzten Tabus gebrochen worden.
Selbstkritischer Rückblick auf die Zeit des Terrors
Mit den Entführungen von Schleyer und der 90 Menschen im Flugzeug sollte Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden. Die RAF wollte mehrere inhaftiere Terroristen freipressen. Nachdem ein Sonderkommando des Bundesgrenzschutzes die Geiseln auf einem Flugplatz in Somalia befreit worden waren, töteten sich drei RAF-Führer im Gefängnis in Stuttgart-Stammheim. Danach wurde Schleyers Leiche in einem Auto im Elsass gefunden.

Stele zum Gedenken an die Terroropfer am Stadtwald in Köln-Braunsfeld
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Silke Maier-Witt ist eine von wenigen Ex-Terroristinnen und Terroristen, die offen und selbstkritisch über diese Zeit sprechen. Sie hat als Zeugin vor Gericht ausgesagt, während sich die meisten Komplizen von damals in Schweigen hüllen. Sie gehe davon aus, dass man sie als „Verräterin“ sehe, sagt Maier-Witt im Interview bei „True Crime Köln“. Kontakt zu anderen Beteiligten habe sie nicht mehr. Nach zehn Jahren in der DDR wurde sie 1990 enttarnt und zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. 1995 wurde sie vorzeitig entlassen. Heute lebt sie in Skopje in Mazedonien. Über ihr Leben berichtet sie auch in einer Autobiografie, die im Februar dieses Jahres unter dem Titel „Ich dachte, bis dahin bin ich tot“ erschienen ist.

True Crime
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