Rückendeckung für den 1. FC KölnAuch die Moschee gehört aufs Trikot – ein Kommentar

Lesezeit 4 Minuten
FCFans

Die Fans des 1. FC Köln.

  • Der 1. FC Köln hat im Umgang mit einem islamfeindlichen, homophoben Fan konsequent reagiert.
  • Alles richtig gemacht, könnte man meinen. Haken dran! Fertig! In der Folge aber ist der Vorgang komplett verdreht – im Wortsinn: pervertiert – worden.
  • Ein Kommentar von Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor.

Köln – Der 1. FC Köln zeigt Haltung gegen zwei weit verbreitete Ausgrenzungs- und Abwertungsformen: Islamfeindlichkeit und Homophobie. Dafür gebührt dem Verein eigentlich uneingeschränkte Rückendeckung. Doch stattdessen wird seine Führung verunsichert und mitten in ein dorniges Dickicht aus Politisierungen, latenter Islamfeindlichkeit und innerislamischen Grabenkämpfen geschubst.

Ein Vereinsmitglied hatte gekündigt, weil es nicht damit einverstanden war, dass das neue Vereinstrikot mit der Kölner Skyline auch die Silhouette der Ehrenfelder Moschee zeigt. Überdies erging der Fan sich in Spekulationen, dass das Trikot nächstes Jahr rosa sein werde, um „die Weltoffenheit perfekt“ zu machen. Damit demonstrierte der Kritiker unmissverständlich nicht nur eine islamfeindliche, sondern auch eine homophobe Einstellung. Der „Effzeh“ machte die Kündigung in den sozialen Medien öffentlich und quittierte sie mit der ironischen Bemerkung, dass man diese Kündigung gern bestätige. Die Vereinscharta fordere schließlich immer und überall Toleranz, Fairness, Offenheit und Respekt.

„Diese Moschee ist auch unsere Moschee“

Alles richtig gemacht, könnte man meinen. Haken dran! Fertig! In der Folge aber ist der Vorgang komplett verdreht – im Wortsinn: pervertiert – worden. Man wirft dem dem Verein vor, mit der Moschee als Detail des Trikot-Motivs ein politisches Statement für den wegen seiner teils intoleranten Haltungen und engen Verbindungen zur türkischen Regierung umstrittenen Islamverband Ditib gesetzt zu haben. Tatsächlich: Die Ditib ist Hausherrin der Zentralmoschee. Aber das war es dann auch mit der sachlichen Grundlage des ganzen Streits. Der Rest ist eine Unterstellung und obendrein – wie sich aus einer Reihe von Gründen ergibt – eine ziemlich konstruierte.

1) Dem besagten Fan geht es nicht um die Ditib oder um etwaige Organisationsstrukturen des Islams in Deutschland. Er schreibt klipp und klar, er könne sich „mit Moslems und Moscheen nicht identifizieren“.

2) Die in Anlehnung an den osmanischen Baustil, kombiniert mit modernen Architekturelementen errichtete Ehrenfelder Moschee ist kein Erkennungsmerkmal der Ditib.

3) Das Gebäude von Architekt Paul Böhm steht für weit mehr als für diesen Verband. Der Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges hat es klipp und klar gesagt: „Diese Moschee ist auch unsere Moschee.“ Touristen, die Köln besuchten, würden zunächst den Dom sehen wollen, sich danach aber auch nach Ehrenfeld begeben, „um hier unsere Moschee zu fotografieren und zu erleben“.

Nach der offiziellen Eröffnung der Moschee durch den türkischen Präsidenten Erdogan, die eine Provokation und ein schweres diplomatisches und gesellschaftspolitisches Versagen war, hat sie zwar ihren Nimbus als Symbol der Öffnung für unabsehbare Zeit eingebüßt. Dennoch erschöpft sich die Signalwirkung des Bauwerks nicht auf die – mit der Zeit verblassende – Erinnerung an Erdogans „Besuch“.

4) Viele muslimische Kölnerinnen und Kölner sind FC-Fans.

5) Das Trikot-Motiv will erkennbar keine politische Aussage treffen, sondern in der Wiedergabe der Stadtsilhouette die Vielfalt der Lebenswirklichkeit versinnbildlichen.

6) Berechtigte Kritik an der Ditib-Führung und den engen Beziehungen des Verbands zur türkischen Regierung und dem Regime Erdogan darf nicht dazu führen, jeden Besucher der Moschee als AKP-treu, antidemokratisch oder verfassungsfeindlich abzustempeln. Viele türkischstämmige Musliminnen und Muslime sind mit der Ditib großgeworden, so wie viele im Ruhrpott mit der Nähe zur SPD; und das in einer Zeit lange vor Erdogan, in der die Ditib von der deutschen Politik noch als vorbildlicher Verband gefeiert wurde.

Das könnte Sie auch interessieren:

Moscheebesucher sind in ihrer weit überwiegenden Mehrheit ganz normale Bürgerinnen und Bürger des deutschen Staates, viele von ihnen auch mit deutschem Pass. Sie zahlen ihre Steuern, halten sich an Recht und Gesetz. Ihnen ist die Politik der Ditib ziemlich gleichgültig. Sie suchen einen Ort zum Beten; die meisten davon werden in Deutschland aber nun mal von der Ditib betrieben.

Verein steht zur gesellschaftlichen Vielfalt

Was der 1. FC Köln in dieser aufgebauschten Kontroverse braucht, ist Rückendeckung – und zwar generell im Kampf gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus. Der Verein steht zur gesellschaftlichen Vielfalt und hat mit Religionspolitik nichts am Hut. Die Moschee-Silhouette gehört definitiv zur Kölner Skyline, und wenn die aufs Trikot des Kölner Bundesligisten soll, dann gehört die Moschee definitiv auch hier mit dazu.

Dem FC aus den verschiedenen Fäden der komplizierten Islampolitik einen Strick zu drehen, schießt weit übers Ziel hinaus. Bei einigen Kritikern mag das einer gewissen Unkenntnis geschuldet sein. Andere instrumentalisieren den Fall und auch die im Grunde notwendige Kritik an der Ditib-Führung jedoch aus unlauteren Motiven – etwa zur eigenen Profilierung oder zur Fortsetzung eines subtilen Kampfs gegen gläubige Musliminnen und Muslime in diesem Land.

KStA abonnieren