Vom Bistum in Auftrag gegebenSchon vor Veröffentlichung Lob für Missbrauchsgutachten

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In der katholischen Kirche sind zahlreich Missbrauchsfälle bekannt geworden. (Symbolbild)

Münster – Bereits vor seiner Veröffentlichung am kommenden Montag hat das vom Bistum Münster in Auftrag gegebene Missbrauchsgutachten viel Lob erhalten. Aus Sicht des Jesuitenpaters Klaus Mertes ist die in Münster gewählte historische Untersuchung zum Missbrauch in der Kirche besser als eine juristische. Rechtliche Gutachten wie in den Erzbistümern München und Köln seien eher problematisch, da sie nur „ein erster Schritt, ein Beweismittel für eine Urteilsfindung“ seien, sagte Mertes am Mittwoch dem Online-Portal kirche-und-leben.de aus Münster.

Die „historische Rekonstruktion“ weite dagegen über das individuelle Versagen von Verantwortlichen hinaus „stärker den Blick auf die systemischen, gesellschaftlichen, kulturellen Kontexte, in denen Versagen, mangelndes Problembewusstsein oder schuldhaftes Wegsehen und Strafvereitelung stattgefunden haben“.

Kirchat hat diskriminierende Sexualmoral

Mertes hatte 2010 als damaliger Leiter des Canisius-Kollegs in Berlin den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche wesentlich bekannt gemacht. Seiner Ansicht nach bedarf es auch unabhängig der Missbrauchsfälle Reformen in der Kirche. Die katholische Sexualmoral sei mit Blick auf Homosexualität auch dann diskriminierend, wenn es keinen Missbrauch gäbe.

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Und die Stellung der Frau in der Kirche sei keine funktionale Frage im Missbrauchs- und Macht-Komplex, zumal es auch sexualisierte Gewalt durch Frauen gebe. „Die Gleichstellung von Mann und Frau hängt schlichtweg mit der gleichen Würde von Mann und Frau zusammen“, sagte der Jesuit.

Studie von der Diözese in Auftrag gegeben

Die Studie wird am Montag von Forschenden der Universität Münster präsentiert. Die Diözese hatte die am 1. Oktober 2019 begonnene Untersuchung in Auftrag gegeben.

Auch der Sprecher des Beirates der Münsteraner Studie, Martin Schmitz, hob den historischen Ansatz als Besonderheit hervor. Laut Schmitz, der selbst als Kind von sexuellem Missbrauch betroffen war, gab es in den Kirchengemeinden stets Menschen, die Bescheid wussten, aber nicht eingriffen und nur „hinter vorgehaltener Hand“ darüber redeten. „All diese Dinge können in eine solche Studie von Historikern einfließen - und mir ist das wichtig. In einer Studie von Anwälten wäre es vielleicht weniger relevant“, sagte er in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ (Mittwoch).

Betroffene waren beteiligt

Zudem lobte Schmitz die Beteiligung von Betroffenen bei der Anfertigung des Gutachtens. Dadurch hätte gut abgewogen werden können, welche Punkte des Gutachtens, „vielleicht gut gemeint, aber für die Betroffenen gar nicht gut sind“, erklärte er. „Manche detaillierten Informationen von Betroffenen gehören nicht an die Öffentlichkeit. Es ist aber wichtig, dass sie in die Studie einfließen.“

Den Bischöfen hingegen warf Schmitz „Allüren“ vor. „Wenn sie heute aufarbeiten, dann weil sie wieder gut aussehen möchten. Die Kirche will ins Licht zurück“, so der Beiratssprecher. Stattdessen müssten politische Kräfte stärker in die Aufarbeitung eingreifen und etwa dem Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des Kindesmissbrauchs zumindest Ermittlungsrechte einräumen. 

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