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Donald Trump und der Krieg im IranEine Waffenruhe und ein Wutausbruch

Lesezeit 4 Minuten
Wütend vor dem Weißen Haus: Vor seinem Abflug Richtung Europa kritisierte Donald Trump am Dienstagmorgen Israel und den Iran scharf. /Pool/ABACA

Wütend vor dem Weißen Haus: Vor seinem Abflug Richtung Europa kritisierte Donald Trump am Dienstagmorgen Israel und den Iran scharf. /Pool/ABACA

Trump verkündete eine Feuerpause, die kurz darauf zu scheitern droht. Ob die USA das Atomprogramm Irans ausgeschaltet haben, bleibt offen.

Donald Trump wirkte aufgebracht, als er am Dienstagmorgen um kurz vor sieben Uhr US-Zeit bei schwül-heißen 28 Grad über den Rasen des Weißen Hauses zu seinem Hubschrauber stürmte.

„Diese Leute müssen sich beruhigen. Das ist lächerlich“, wetterte der Präsident: „Wir haben zwei Länder, die so lange miteinander kämpfen, dass sie zum Teufel nicht mehr wissen, was sie tun.“ Wörtlich sagte er: „what the fuck“ - ein derber Fluch, der von den amerikanischen Fernsehsendern in den Einblendungen nur mit drei Sternchen wiedergegeben wurde.

Am Nachmittag zuvor hatte Trump noch ganz anders geklungen: „Glückwunsch an die Welt, es ist Zeit für Frieden!“, postete er euphorisch auf seiner Onlineplattform „Truth Social“ und gratulierte ausdrücklich Israel und dem Iran dafür, „dass sie den Mut, die Kraft und die Klugheit haben, diesen Zwölf-Tage-Krieg zu beenden“. Wie üblich beglückwünschte sich der Präsident in weiteren Posts vor allem selbst, weil es ihm gelungen sei, den Nahen Osten zu befrieden. Reihenweise meldeten sich republikanische Politiker zu Wort, die den Friedensnobelpreis für Trump forderten.

„Ich möchte dem Iran danken“

Tatsächlich stimmten Israel und der Iran nach anfänglicher Verwirrung einem von Trump per Online-Post verbreiteten Vorschlag für eine Waffenruhe zu. Diese sollte schrittweise in den nächsten 24 Stunden in Kraft treten. Möglich geworden war die Vereinbarung nach einer sehr verhaltenen iranischen Reaktion auf die massiven US-Luftschläge gegen iranische Atomanlagen. Bei dem Gegenangriff auf eine amerikanische Militärbasis in Katar war nach amerikanischen Angaben niemand verletzt worden. „Ich möchte dem Iran dafür danken, dass er uns vorher informiert hat“, postete Trump. Kurz darauf kündigte er die Waffenruhe an.

Doch dann brach in Washington die Nacht und im Nahen Osten der Tag an. Und es begann ein Kräftemessen der ganz besonderen Art: Israel und der Iran griffen wieder zu den Waffen, der Mann im Weißen Haus feuerte mit Online-Posts dazwischen. Noch vor dem Inkrafttreten der Vereinbarung bombardierte Israel Ziele im ganzen Iran.

Teheran reagierte mit einem Gegenangriff, bei dem nach Angaben des Rettungsdienstes Magen David Adom mindestens vier Menschen in Israel getötet und 20 verletzt wurden. Israels Verteidigungsminister Israel Katz kündigte eine harte Vergeltung an. „Teheran wird beben“, schrieb der ultrarechte israelische Finanzminister Bezalel Smotrich auf X.

„Werft diese Bomben nicht ab!“

So war die Lage, als Trump am amerikanischen Dienstagmorgen erwachte. Wenige Stunden zuvor hatte er gepostet: „Die Waffenruhe ist nun in Kraft. Bitte verstoßen Sie nicht dagegen!“ Sein Appell schien zu verhallen. Das erklärt wohl den aufgebrachten Gemütszustand des Präsidenten bei seinem Abflug zum Nato-Gipfel in Den Haag. Ausdrücklich warnte er auch mit einem Online-Post den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, den er in den vergangenen Wochen stets unterstützt hatte, vor einem Angriff auf den Iran: „Werft diese Bomben nicht ab! Wenn Ihr das macht, ist das eine schwere Verletzung des Waffenstillstands. Bringt Eure Piloten sofort heim!“

Kurz darauf ließ Netanjahu mitteilen, die israelische Luftwaffe habe eine Radaranlage in der Nähe von Teheran zerstört. Nach einem Telefonat mit Trump verzichtete er jedoch auf weitere Angriffe. Der US-Präsident habe „seine tiefe Wertschätzung für Israel, das alle Kriegsziele erreicht habe“ zum Ausdruck gebracht. „Niemand wird verletzt werden. Die Waffenruhe gilt“, verkündete Trump, nun wieder zufrieden, auf „Truth Social“.

Tucker Carlson schaltet sich ein

Ob und wie lange die Feuerpause im Nahen Osten wirklich hält, war beim Abflug des Präsidenten aus Washington gleichwohl völlig offen. Ebenso unklar ist weiterhin, ob die Amerikaner das zentrale Ziel ihres Angriffs auf den Iran erreicht haben - die Beendigung des Atomprogramms der Mullahs. In amerikanischen Medien werden daran immer lautere Zweifel geäußert. Trump beschimpfte die Fernsehsender CNN und MSNBC als „Fake News“. Er behauptet, die Uran-Aufbereitungsanlagen seien „komplett zerstört“. Der Iran werde „nie wieder“ in der Lage sein, eine Atombombe zu bauen.

Die Republikaner jedenfalls scheinen mit ihrem Präsidenten zufrieden zu sein. Der habe „in Stunden erreicht, worüber andere Jahre geredet hätten“, schwärmte Senator Lindsey Graham, der noch am Tag zuvor für einen Sturz des Mullah-Regimes in Teheran plädiert hatte. Der isolationistische Flügel der MAGA-Bewegung hingegen hatte vor der Verwicklung der USA in einen endlosen Krieg gewarnt. Nach der Verkündung des Waffenstillstands postete Ex-Fox-News-Moderator Tucker Carlson, der zu den Wortführern der ultrarechten Kriegsgegner zählt, bei X nur zwei Wörter: „Thank God!“