Nach VertuschungsvorwurfDeutschlands oberste Protestantin Annette Kurschus tritt zurück

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Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), tritt zurück (Archivbild zeigt Kurschus mit Talar und Beffchen)).

Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), tritt zurück (Archivbild).

Kurschus war vorgeworfen worden, sie habe lange vom Verdacht eines sexuell übergriffigen Verhaltens gegen einen Kirchenmitarbeiter gewusst.

Paukenschlag um Deutschlands oberste Protestantin: Annette Kurschus (60) tritt als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurück. Auch ihr Amt als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen legt sie nieder. Das teilte die 60-Jährige am Montag in einer persönlichen Erklärung in Bielefeld mit.

Zuvor waren gegen sie Vorwürfe erhoben worden, sie habe angeblich schon vor vielen Jahren vom Verdacht eines sexuell übergriffigen Verhaltens gegen einen damaligen Kirchenmitarbeiter gewusst. „Ich trete von beiden kirchlichen Leitungsämtern zurück“, sagte Kurschus. Sie war neben dem Ehrenamt an der Spitze der EKD schon seit 2012 Präses der westfälischen Landeskirche. Auch dieses Amt gibt sie auf.

Verdacht des sexuellen Fehlverhaltens im Kirchenkreis Siegen

Bei der Synode in Ulm hatte Kurschus vor knapp einer Woche betont, sie weise die „Andeutungen und Spekulationen“, die in der „Siegener Zeitung“ gegen sie erhoben würden, mit Nachdruck zurück.

Die Siegener Staatsanwaltschaft ermittelt in mehreren Verdachtsfällen gegen einen früheren Kirchenmitarbeiter, der in den 1990er Jahren wie Kurschus im Kirchenkreis Siegen tätig war. Ob bei dem Mann strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, ist laut Staatsanwaltschaft bisher ungeklärt. Für Kurschus geht es im Kern um die Frage, was die Geistliche wann von mutmaßlichen Verfehlungen des Beschuldigten gewusst hat.

Druck auf Annette Kurschus gewachsen

Der Druck auf die EKD-Vorsitzende, die rund 19,2 Millionen evangelische Christinnen und Christen vertritt, war enorm gewachsen.

Die Betroffenen im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD waren zuletzt auf Distanz zur EKD-Ratsvorsitzenden gegangen. Ihre Glaubwürdigkeit sei in Frage gestellt, „eine klare, lückenlose und unabhängige Aufklärung“ geboten. Ein Gremien-Sprecher hatte Kurschus als nicht mehr tragbar bezeichnet. Auch die Präses der Synode, Anna-Nicole Heinrich, war auf Abstand gegangen.

Kurschus hatte beteuert, sie kenne den Siegener Fall erst seit Anfang 2023, als eine anonyme Anzeige gegen die nun beschuldigte Person eingegangen sei. „Vorher hatte ich keine Kenntnis von Taten sexualisierter Gewalt durch diese Person“. Die mutmaßlichen Vorfälle sollen sich vor allem in den 1990er Jahren ereignet haben, der Beschuldigte ist inzwischen Rentner. (dpa)

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