Kolumne zum HaushaltslochUnion hat sich mit Klage in Karlsruhe ein Eigentor geschossen

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Friedrich Merz, der CDU Bundesvorsitzende, kann auch nicht wirklich glücklich mit dem Urteil aus Karlsruhe sein.

Friedrich Merz, der CDU Bundesvorsitzende, kann auch nicht wirklich glücklich mit dem Urteil aus Karlsruhe sein.

Erst jubelte die Union über die Klatsche des Bundesverfassungsgerichts für die Ampel. Immer mehr wird aber klar: Taktisch klug war die Klage nicht.

Heimlich wird Friedrich Merz (CDU) sicherlich gejubelt haben: Das Bundesverfassungsgericht hatte der Klage der Unionsfraktion gegen die Umwidmung der restlichen Corona-Milliarden für den Klimaschutz Recht stattgegeben. Ein großer Sieg der Opposition gegen die Regierung – so schien es. Doch langsam merken alle Seiten im politischen Berlin, welche Suppe man sich da gemeinsam eingebrockt hat. Es herrscht Katerstimmung.

Natürlich war bekannt, dass Karlsruhe ein Urteil zur Umwidmung der Corona-Milliarden fällen würde. Wie es ausgehen würde, musste allen unklar sein. Schon ein alter, oft bemühter Spruch besagt: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ Deshalb sollte man auch immer einen Plan B parat haben für den Fall, dass man vor Gericht unterliegt. Nur leider hatte die Ampel-Regierung keinen solchen Plan. Sie war sich ihrer Sache schlicht zu sicher. Nun steht die Regierung vor einem Scherbenhaufen ihrer eigenen taktischen Manöver.

Corona-Kredite: Ein kosmetischer Trick beim Haushalt

Denn die Umwidmung der Corona-Milliarden war vor allem ein kosmetischer Trick zu Beginn der gemeinsamen Regierungszeit von SPD, Grünen und FDP. Die Liberalen wollten keine neuen Schulden und keine Steuererhöhungen, die Grünen wollten Milliarden für den Klimaschutz, und die SPD war gegen Sozialkürzungen.

Irgendwann fand man die Lösung: Statt neue Schulden aufzunehmen, nutzte man alte, von der schwarz-roten Vorgängerregierung beschlossene Schulden. So konnte Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagen, „ich habe keine neuen Schulden gemacht“, und die Grünen bekamen ihren Klimafonds.

Haushaltsloch: Schulden sind Schulden

Für unseren Staat macht das alles keinen Unterschied. Ob die Schulden scheinbar alt oder neu sind, es sind in beiden Fällen Schulden in gleicher Höhe. Die Einkleidung diente nur den jeweiligen politischen Erzählungen. Ein politisches Taktieren, das wenig strategisch war. Von Anfang an stand die Koalition unter dem Risiko, dass dieser Trick platzen könnte.

Genau deshalb schien es aus Sicht der CDU/CSU auch so sinnig, gegen dieses Manöver zu klagen. Merz wollte Lindner zwingen, selbst für seine Schulden einzustehen. Der Vorsitzende sollte nicht das für Konservative so attraktive Image des sparsamen Finanzministers pflegen können, und so zog man vor das Bundesverfassungsgericht.

Haushaltsloch: Wichtige Projekte auf der Kippe

Was wie eine kluge Strategie wirkt, war am Ende auch nur eine wenig zu Ende gedachte Taktik des CDU-Chefs. Denn mit dem nun ergangenen Urteil aus Karlsruhe kippen mitten in der Wirtschaftsflaute die wichtigen Transformationsprojekte. Industrie und Handwerk machen Druck, dass die Milliarden nicht ausbleiben. Die CDU-Ministerpräsidenten in den Ländern haben nun auch Probleme und müssen ihre wichtigen Projekte stoppen.

So wächst der Druck massiv, die Schuldenbremse aufzuweichen. Am Donnerstag meldete sich mit Kai Wegner der erste CDU-Regierungschef und stellte die Schuldenbremse in ihrer heutigen Form in Frage. Das wiederum kann Merz so gar nicht brauchen. Seinen Wählern ist die Schuldenbremse wichtiger als denen von SPD und Grünen. Und so stellt man mit Erschrecken fest: Bei allen viel Taktieren und wenig Strategie.

Erik Flügge ist Geschäftsführer der Kölner Beratungsfirma „Squirrel & Nuts“ in Köln und Bestsellerautor. In den sozialen Medien folgen Zehntausende seinen politischen Analysen.

KStA abonnieren