Talkshow-Fernduell mit HabeckMerz will Bürgergeld, Kindergrundsicherung, und Heizungsgesetz kippen

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Friedrich Merz sprach mit Sandra Maischberger über die Haushaltskrise in Deutschland.

Friedrich Merz sprach mit Sandra Maischberger über die Haushaltskrise in Deutschland.

Das Haushaltsurteil hat die Ampel kalt erwischt. In der hitzigen Debatte waren Friedrich Merz und Robert Habeck nun in Talkshows zu Gast. 

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt ist ein Ausweg aus der dramatischen Finanzierungskrise noch nicht in Sicht. Die Ansätze, die aktuell diskutiert werden, könnten unterschiedlicher kaum sein. Dies machten am Dienstagabend die Talkshowauftritte von Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) bei „Markus Lanz“ sowie von CDU-Chef Friedrich Merz bei „Maischberger“ deutlich. 

Robert Habeck und Friedrich Merz äußern sich bei bei Markus Lanz und Sandra Maischberger zur Haushaltskrise

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will an den Vorhaben der Bundesregierung mit Blick auf Klimaschutz und Investitionen dennoch festhalten.

„Wir müssen das nach wie vor möglich machen“, sagte der Grünen-Politiker in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz forderte hingegen einen Verzicht auf die Kindergrundsicherung („von Anfang an falsch konzipiert“), das Heizungsgesetz („steht in keinem Verhältnis“) und auf ein höheres Bürgergeld („Bremse für den ganzen Arbeitsmarkt“).

„Es geht eben nicht mehr alles“, sagte er in der ARD-Talkshow „Maischberger“. „Diese drei Faktoren, da sind wir bei mindestens zehn Milliarden“, so Merz im Gespräch mit Sandra Maischberger. 

Markus Lanz: Robert Habeck will Lösung in Haushaltskrise „hinter den Kulissen“ erarbeiten

Habeck betonte bei seinem Auftritt in der Sendung von Markus Lanz hingegen, es sei nun die Aufgabe, „in Ruhe und konzentriert“ einen Weg aus den Finanzierungsnöten zu finden, die das Karlsruher Urteil nach sich zieht. Diese Lösungen seien zunächst „hinter den Kulissen“ zu erarbeiten und nicht in einer öffentlichen Diskussion.

Er verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung, für 2023 bei der Schuldenbremse bisher keine „Notsituation“ geltend gemacht zu haben, die möglicherweise die Schuldenaufnahme sicherer gemacht hätte. Dieser Entschluss sei in der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP gemeinsam getroffen worden, so Habeck.

Markus Lanz bohrt hartnäckig bei Robert Habeck

Markus Lanz versuchte hartnäckig, den Vizekanzler aus der Reserve zu locken und die FDP für die Entscheidung verantwortlich zu machen. Habeck betonte wiederholt, die Bundesregierung habe gemeinsam entscheiden. „Eine Entscheidung, hinter der sie gestanden haben?“, fragte Lanz noch einmal nach. Habeck verwies in seiner süffisanten Antwort auf den Kanzler: „Ich will jetzt nicht den Bundeskanzler zitieren, aber ich kann mich nicht mehr erinnern.“

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen.

Haushaltskrise trifft Bundesregierung schwer

Dies hat zur Folge, dass weitere Milliardensummen für Zukunftsvorhaben gefährdet sind. Da die genauen Auswirkungen auch auf den regulären Haushalt noch unklar sind, entschied das Finanzministerium, vorsorglich bestimmte Zusagen aller Ministerien für kommende Jahre im Haushalt zu sperren.

Als sicherste Lösung des Problems gelten Änderungen des Grundgesetzes, entweder bei der Funktionsweise der Schuldenbremse oder für die Verankerung von Sonderfonds – wie zum Beispiel bei den Investitionen in die Bundeswehr, die in der Verfassung abgesichert sind. Dafür wird jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigt.

Die riesigen Milliardensummen, die für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) und den am Dienstag ebenfalls gestoppten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) mit den Energiepreisbremsen benötigt werden, allein mit Einsparungen oder höheren Einnahmen im Haushalt aufbringen zu können, gilt aber ebenso als unrealistisch.

Mona Neubaur spricht sich für parteiübergreifende Lösung in Haushaltskrise aus

Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sprach sich für eine parteiübergreifende Lösung aus. „Es darf jetzt nicht um parteipolitische Geländegewinne gehen. Jetzt gilt es, in Bündnissen auch über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Das müssen sich auch CDU und FDP im Bund auf den Zettel schreiben“, sagte Neubaur der „Rheinischen Post“.

Sie sei froh, dass kurzfristig eine Sonderkonferenz der Wirtschaftsministerinnen und -minister von Bund und Ländern geplant sei. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Der Rotstift allein löst keines unserer Probleme.“

Friedrich Merz will an Schuldenbremse festhalten

Union und FDP gelten als Befürworter der Schuldenbremse, die eine Neuverschuldung außer in Notsituationen, für die der Staat nichts kann, erschwert. Auch eine Lockerung hält CDU-Parteichef Merz nicht für angesagt: „Ich sehe im Augenblick nicht, dass wir an die Schuldenbremse heran müssen.“

Höhere Steuern lehnte er bei „Maischberger“ ebenfalls ab: „Deutschland ist schon ein Hochsteuerland, und wir sollten es nicht übertreiben.“ Stattdessen kritisierte er den Bundeskanzler Olaf Scholz mit scharfen Worten. „Ich erwarte von dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, dass er in dieser Situation die Regierung führt und der Bevölkerung erklärt, was zu tun ist. Er kann doch nicht eine Woche lang einfach abtauchen“, so Merz. (pst mit dpa)

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