Wahlprogramm für HessenSPD will Wahlrecht für Ausländer ausweiten – Hetze gegen Faeser

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 06.09.2023, Berlin: Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, spricht während der ersten Lesung zum Haushalt 2024 über den Etat für Inneres und Heimat. (zu dpa «Faeser: CDU reißt Brandmauer nach rechts außen immer weiter ein») Foto: Carsten Koall/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Nancy Faeser (SPD) tritt als Spitzenkandidatin in Hessen an. Sie will das kommunale Wahlrecht für Ausländer ausweiten.

Die hessische SPD und ihre Spitzenkandidatin wollen das kommunale Wahlrecht ändern. Dieser Punkt findet sich im Programm für die Landtagswahl.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser tritt bei der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober als SPD-Spitzenkandidatin an. Sie möchte Boris Rhein (CDU) als Ministerpräsident ablösen. Laut letzten Umfragen stehen die Chancen dafür allerdings nicht gut. Die CDU liegt in der jüngsten Umfrage der Hessischen Rundfunks (hr) mit 31 Prozent vorn. Die SPD kommt auf 18 Prozent, die Grünen auf 17 Prozent.   

Kurz vor der Wahl melden Medien wie „Bild“ und „Focus“, Faeser wolle ein Wahlrecht für Geflüchtete einführen. Diese Meldung verbreitet sich am Dienstag über die sozialen Medien und führt erwartungsgemäß in rechten Kreisen zu einem empörten Aufschrei. Es geht um das Wahlrecht auf kommunaler Ebene, welches die SPD im Fall eines Wahlsieges in Hessen auch auf Nicht-EU-Bürger ausweiten möchte. Allerdings wird das Vorhaben der SPD stark verkürzt wiedergegeben, was zu Hetze gegen Faeser vor allem im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, führt.

Auf Nancy Faesers eigener Homepage ist dieser Punkt nicht zu finden. Dort ist nur ein Kurzwahlprogramm mit zehn Punkten aufgeführt, in denen es um Bildung über Klimaschutz bis hin zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) geht.

Nancy Faeser: Hessische SPD will kommunales Wahlrecht für Ausländer ausweiten 

Im ausführlicheren Wahlprogramm auf der Website der hessischen SPD ist der Punkt des kommunalen Wahlrechts dagegen aufgeführt. „Wir wollen uns auf Bundesebene und im Bundesrat mit Nachdruck dafür einsetzen, dass alle Menschen, die länger als 6 Monate in hessischen Kommunen leben, ein kommunales Wahlrecht erhalten“, steht dort unter dem Kapitel „Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt“.

Anders als bei Bundestags- oder Landtagswahlen, an denen nur Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit teilnehmen dürfen, gibt es für Kommunalwahlen bereits jetzt Ausnahmen. In der Europäischen Union dürfen alle EU-Bürgerinnen und Bürger an den Kommunalwahlen ihres Hauptwohnsitzes teilnehmen, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat er sich befindet. Dass Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland auf kommunaler Eben wählen dürfen, ist also bereits jetzt der Fall.

Personen aus Drittstaaten dürfen in vielen Nachbarstaaten Deutschlads bereits wählen

Anders als für EU-Bürgerinnen und Bürger liegt der Fall bei Menschen aus sogenannten Drittstaaten. Sie sind bislang von Wahlen ausgeschlossen. Allerdings bildet Deutschland hier bisher eher die Ausnahme. Denn laut der Bundeszentrale für politische Bildung (Stand 2014) erlauben 15 von 27 EU-Mitgliedstaaten „bestimmten Gruppen von im Land lebenden Drittstaatsangehörigen die Teilnahme an kommunalen Wahlen“ – zumindest mit passivem Wahlrecht.

Dazu gehören beispielsweise Belgien, Dänemark und Luxemburg und die Niederlande. Das Wahlrecht ist hier immer an enge Bedingungen wie Aufenthaltsdauer oder einen speziellen Aufenthaltsstatus geknüpft.

SPD will kommunales Wahlrecht von Aufenthaltstitel der Geflüchteten abhängig machen

Nichts anderes sieht der SPD-Vorschlag für Hessen vor: Wie ein SPD-Sprecher gegenüber der „Bild“ konkretisierte, soll es das Wahlrecht für Drittstaaten-Angehörige nicht nur dann geben, wenn die Person länger als sechs Monate in einer hessischen Kommune lebt. Weitere Bedingung ist, dass die Person eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hat.

Damit wäre der Fall, dass beispielsweise Geflüchtete bereits nach kurzer Zeit in Deutschland wählen dürfen, in der Praxis extrem selten. Selbst wenn Menschen als Asylbewerber anerkannt werden, dauert es in der Regel noch Jahre, bis sie einen unbefristeten Aufenthaltstitel erhalten.

Normalerweise bekommen Asylberechtigte zunächst von der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis mit dreijähriger Gültigkeit. Erst danach kann nach einer weiteren Prüfung unter bestimmen Bedingungen wie der erfolgten Integration und Sicherung des Lebensunterhalts ein unbefristeter Aufenthaltstitel erteilt werden.

KStA abonnieren