Nord-Süd-GefälleEuropa droht soziale Spaltung

In Griechenland rutschen immer mehr Menschen in die Armut ab.
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Brüssel – Der Europäischen Union droht eine soziale Spaltung zwischen Nord- und Südländern. Während Staaten wie Deutschland in der anhaltenden Krise vergleichsweise gut dastehen, wachsen die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zu Sorgenkindern wie Spanien und Griechenland, wie die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel mitteilte. Die Spaltung spiegelt sich auch in der neuen Rekordarbeitslosenquote in der Eurozone von 11,8 Prozent wider.
Die EU-Kommission stellt in einem Bericht über Beschäftigung und die soziale Lage in Europa im Jahr 2012 einen „besorgniserregenden Trend“ und ein „neues Muster“ der Auseinanderentwicklung zwischen Ländern aus dem Norden und dem Süden besonders der Eurozone fest: Der Unterschied bei der Arbeitslosenquote zwischen diesen beiden Gruppen lag im Jahr 2000 bei 3,5 Prozentpunkten und verschwand bis zum Jahr 2007 sogar.
Seit dem Beginn der Finanz- und Schuldenkrise ist die Spaltung aber wieder auf 7,5 Prozent in die Höhe geschossen.
Diese Entwicklung lässt sich auch an den neuen Arbeitslosenzahlen des EU-Statistikbüros Eurostat ablesen. In Österreich waren demnach im November 4,5 Prozent der Erwerbsfähigen arbeitslos, in Luxemburg waren es 5,1 Prozent und in Deutschland 5,4 Prozent. In den Krisenländern Spanien und Griechenland hatte hingegen mehr als jeder Vierte keine Arbeit. In Spanien lag die Quote im November bei 26,6 Prozent, die letzte Statistik für Griechenland aus dem September weist eine Arbeitslosenquote von 26,0 Prozent aus.
Auch bei der Jugendarbeitslosigkeit sind Spanien und Griechenland mit Quoten von 56,5 Prozent beziehungsweise 57,6 Prozent besonders betroffen. Insgesamt stieg die Arbeitslosigkeit in der Eurozone mit einer Quote von 11,8 Prozent und 18,82 Millionen Menschen ohne Job auf ein neues Rekordhoch. In allen 27 EU-Ländern zusammen wuchs die Zahl der Arbeitslosen aufgrund der schlechten Entwicklung in der Eurozone auf mehr als 26 Millionen an.
Der Süden hat zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte
„2012 war ein weiteres schlechtes Jahr für Europa, was die Arbeitslosigkeit und die sich verschlechternde soziale Lage angeht“, sagte EU-Sozialkommissar Laszlo Andor. Eine deutliche Verbesserung sei auch im neuen Jahr unwahrscheinlich, wenn es im Kampf gegen Euro-Krise und soziale Ausgrenzung sowie bei der Suche nach Investitionen keine schnelleren Fortschritte gebe. Besonders im Süden Europas sieht die Kommission das Problem, dass die Arbeitskräfte nicht den Anforderungen des Marktes entsprechend ausgebildet sind.
Die Gefahr eines dauerhaften Abrutschens in die Armut ist der EU-Kommission zufolge zwischen den EU-Ländern höchst unterschiedlich. Ein wachsendes Armutsrisiko bestehe besonders in den Staaten aus dem Süden und dem Osten der EU.
Eine „neue Trennung“ zeichne sich ab zwischen Ländern, die in einer Abwärtsspirale abnehmender Arbeitsleistung, schnell steigender Joblosigkeit und sinkenden Einkommen gefangen seien, und solchen Staaten mit robusteren Sozialsystemen und reformierten Arbeitsmärkten. Besonders von Armut bedroht seien junge Menschen, arbeitslose Frauen sowie alleinerziehende Mütter.
Während die durchschnittlichen Haushaltseinkommen in zwei Dritteln der EU-Staaten in der Krise sanken, wuchsen sie etwa in Deutschland, Frankreich und Polen. Die stärksten Einbrüche erlitten die Menschen in Griechenland, Spanien und Zypern. (afp)