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NordkoreaGlobalisierung des Schreckens

Lesezeit 3 Minuten

Hält die Welt mit seinen Drohungen in Atem: Nordkoreas Diktator Kim Jong-un.

Die USA verlegen Atombomber auf die koreanische Halbinsel. Sie entsenden Kriegsschiffe und stationieren eine Radaranlage zur Raketenabwehr im Meer vor der Küste Nordkoreas. Südkoreanische Bodentruppen sind gemeinsam mit amerikanischen in ostentativen Manövern aufmarschiert. Die Machthaber des geteilten Landes ergehen sich in Drohungen und Gegendrohungen, die immer martialischer werden. Die Erfahrung zeigt: Aus einem solchen kalten Krieg kann über kurz ein heißer werden.

Das könnte unabsehbare Folgen für die Halbinsel und für den Frieden in der ganzen Welt haben. Nordkorea hat seine Entschlossenheit mit Atombombentests gezeigt und bisher stets die Rückendeckung aus China behalten. Die USA stehen fest an der Seite Südkoreas. Und das soll alles nur harmloses Waffengerassel sein?

Weiter ins Abseits

Nordkoreas Diktator Kim Jong Un hat sein Land in eine Situation getrieben, von der man hoffen konnte, sie sei mit der Jahrtausendwende in der Vergangenheit entschwunden. Ähnlich zurückgewandt agieren nur noch die Machthaber in Teheran. Mit ihren Drohungen, mit ihrer militärischen Aufrüstung auf Kosten ihrer darbenden Bevölkerung befördern sie ihre Länder international immer weiter ins Abseits.

Das ist die eigentliche Gefahr. Der Nachwuchs-Tyrann Kim Jong Un entfacht eine Dynamik, die ihn eines Tages selbst auf den Gedanken bringen könnte, die Isolation sei nur noch mit einer militärischen Gewalttat zu durchbrechen - eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Wer in den vergangenen Tagen die Bilder des Machthabers mit seinen devoten Militärs an allen möglichen Schauplätzen verfolgt hat, der mochte angesichts der unsäglichen Propaganda herzlich lachen.

Aber in Wirklichkeit ist die Situation zum Verzweifeln. Und nicht diplomatisch zu deuten, sondern vor allem psychologisch. Das erklärt das Scheitern der üblichen Instrumente der Weltgemeinschaft. In Pjöngjang wie in Teheran.

Erschreckend genug

Die Globalisierung des Schreckens macht die Reaktionen schal. Wenn die USA, Russland oder China die Atomtechnik nicht liefern, dann tut es eben Pakistan. Die sogenannten Schwellenländer sind heute alle in der Lage, hochtechnische Anlagen zu produzieren, sei ihre Bevölkerung auch arm, rückständig und zum Teil des Lesens und Schreibens nicht mächtig.

Sanktionen verhindern keine Kriege mehr. Wer bereit ist zu zahlen, kann alles kaufen: Know-how, Zentrifugen zur Urananreicherung oder Spezialpumpen für Raketentreibstoff. Die USA, Russland und China haben dazu in den vergangenen Jahrzehnten aus Selbstsucht und nationaler Überheblichkeit ihre unterschiedlichen Verbündeten gepäppelt. Dass sie damit die Welt sicherer gemacht hätten, kann man wirklich nicht behaupten.

Möglicherweise haben die Experten recht, und es gibt in Korea gar keine Kriegsgefahr, sondern nur Drohgetümmel. Möglicherweise sucht Kim Jong Un längst verzweifelt einen Ausweg aus der selbst gebauten Falle. Möglicherweise ist Peking endlich bereit, Nordkorea sein Wohlwollen zu entziehen. Möglicherweise verschwinden die Waffen alle wieder im Depot, ohne dass ein Schuss gefallen ist. Möglicherweise. Dass es aber so weit überhaupt kommen konnte, ist erschreckend genug. Es hat sich nichts zum Besseren geändert. Im Gegenteil. Noch nie waren die Kleinen so stark gegen die Großen. Und so unberechenbar.