Aachener WeihbischofWarum ging er beim Erbe der lebenslustigen Witwe leer aus?

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Weihbischof Johannes Bündgens guckt in die Kamera.

Der emeritierte Aachener Weihbischof Johannes Bündgens hat überraschend keinen Erbschein erhalten.

Das Rätselraten um den wegen Untreue verurteilten sowie vom Papst emeritierten Aachener Weihbischof Johannes Bündgens geht weiter. Wo steckt er? Was tut er? Und: Wie ist seine finanzielle Lage?

Die einen bedauern ihn, weil er „in diese dumme Sache reingestolpert“ sei und nun dafür büßen müsse, die anderen mögen kein Mitleid für Johannes Bündgens empfinden, den rechtskräftig wegen Untreue verurteilten und mittlerweile durch den Papst emeritieren Aachener Weihbischof.

Nach dem Rechtsempfinden der zweiten Gruppe habe sich der nun als vorbestraft geltende hohe Geistliche seine Lage schließlich selbst eingebrockt. Das Amtsgericht Kerpen hatte ihn im Oktober zu neun Monaten Haft auf Bewährung und zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 5000 Euro an den Kinderschutzbund verurteilt. Es folgte der Staatsanwaltschaft und sah es als erwiesen an, dass er 128.000 Euro der vermögenden Witwe Marga K. auf sein Konto überwiesen habe, um damit den Kauf eines Mehrfamilienhauses im bevorzugten Aachener Stadtteil Burtscheid zu finanzieren.

Das Geld hat er vor Prozessbeginn komplett zurückgezahlt. Für das lebenslange Wohnrecht, das Bündgens, der eine Vollmacht über mindestens eines ihrer Konten besaß, der schon länger dementen Frau im Gegenzug angeblich eingeräumt hatte, fanden sich keine Belege. Auch hätte der Angeklagte, so das Gericht, erkennen müssen, dass seine Bekannte unter zunehmender Demenz litt und nicht mehr geschäftsfähig war.

Bündgens soll auch nach der Verurteilung von seiner Redlichkeit überzeugt sein

Nach seiner Verurteilung soll Bündgens erklärt haben, er sei nach wie vor der festen Überzeugung, jederzeit redlich gehandelt zu haben. Zu keinem Zeitpunkt habe er die Absicht gehabt, sich zu bereichern oder Schaden zuzufügen. Der „Spiegel“ bezeichnete Marga K. im Dezember 2019, als der „Fall Bündgens“ publik geworden war, wunderbar hintersinnig als „seine Teuerste“.

Im Rückblick erscheint diese Charakterisierung beinahe visionär. Die Hintergründe der seltsamen Bekanntschaft des Weihbischofs mit der reichen Witwe sind ungeklärt geblieben. Eine Vernehmung in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung, die Bündgens‘ Anwälte wohlweislich verhindert hatten, indem sie ihren Mandanten drängten, den Strafbefehl des Amtsgerichts Kerpen zu akzeptieren, hätte vielleicht zur Aufklärung beitragen können. Möglicherweise hätte sogar eine Chance zur Entlastung des Angeklagten bestanden.

Der Weihbischof leide körperlich wie mental

Doch wegen der vielen Unwägbarkeiten einer Befragung ersparte sich der 

Bischof einen persönlichen Auftritt vor Gericht. Es soll Johannes Bündgens aktuell nicht gut gehen, ist aus seinem Umfeld zu hören, körperlich und vor allem mental. Der 66-Jährige, der auch seine mit dem Amt verbundenen Privilegien (Besoldungsgruppe B3, etwa 8500 Euro plus Dienstwohnung und Fahrer) verloren hat, hadere mit seinem Schicksal. Schon seit vergangenem Jahr bezieht er ein deutlich niedrigeres Ruhestandsgehalt.

Viel härter als das absehbare Urteil treffe ihn, dass er bei dem, wie zu hören ist, beträchtlichen Erbe der 2020 im Alter von 78 Jahren gestorbenen, ebenso lebenslustigen wie spendablen Marga K. wohl leer ausgehen wird. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat die fromme Frau drei Testamente hinterlassen. Darin werden sowohl Bündgens begünstigt als auch ein Neffe der Verstorbenen, der Sohn ihrer Halbschwester. Constantin L. ist Anfang 30 und Unternehmensberater. Ebenfalls zu Lebzeiten bedacht hat Marga K. ihren Hausarzt. Das Nachlassverfahren beim Amtsgericht Kerpen sei beendet, die drei Beteiligten hätten sich außergerichtlich geeinigt, die Einigung sei in ihren Einzelheiten jedoch nicht aktenkundig, teilte Amtsgerichtsdirektor Arndt Lorenz auf Anfrage mit.

Fest steht jedenfalls, dass Herr Bündgens im Ergebnis keinen Erbschein erhalten hat
Arndt Lorenz, Amtsgerichtsdirektor

„Fest steht jedenfalls, dass Herr Bündgens im Ergebnis keinen Erbschein erhalten hat“, ergänzte Lorenz. Er gehe von aus, dass der Arzt sein Erbe wohl antreten könne. Im nach wie vor emsigen Unterstützerkreis der „Gebets- und Begegnungsstätte Sievernich“ in Vettweiß bei Düren kursiert die Behauptung, Bündgens sei wegen seiner Verurteilung für erbunwürdig erklärt worden, wegen Betrugs zum Nachteil der Erblasserin.

Das scheint eher unwahrscheinlich, denn das Nachlassgericht hat schon vor dem Strafbefehl gegen Bündgens entschieden. Der Weihbischof war an dem offiziell nicht anerkannten Wallfahrtsort mit angeblichen Marienerscheinungen häufiger Gast und lernte dort auch Marga K. näher kennen. Gemessen an dem Erbe, das die Frau Bündgens offenbar zugedacht haben soll, seien die veruntreuten Beträge „Peanuts“, ist zu hören.

Zuweilen wurde er beim Tennisspielen in Eschweiler gesehen

Was der von seinem Chef, dem Aachener Bischof Helmut Dieser, sehr nachdrücklich zum Amtsverzicht gedrängte Emeritus macht und wo er sich aufhält, ist dem Aachener Generalvikariat nicht bekannt. Schon seit Ermittlungen gegen ihn liefen, war er wie vom Erdboden verschluckt. Beim Tennisspielen in Eschweiler wurde Sportsmann Bündgens gelegentlich gesehen - auch als er wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht zu seinem Prozess erscheinen konnte. Sämtliche bischöfliche Verpflichtungen in der Diözese seien erloschen. „Wir sind da komplett raus“, sagte Kommunikationschefin Marliese Kalthoff dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Das Verhältnis zwischen Dieser und Bündgens gilt schon lange als zerrüttet. Wahrscheinlich lebe und verkehre er in Köln. Seelsorgliche Aufgaben als Priester dürfe er „selbstverständlich“ weiter übernehmen. In Sievernich gehen sie davon aus, dass Bündgens sich nach einer gewissen Übergangszeit wieder an der „Blauen Gebetsoase“ blicken lassen wird. Dem Brünnchen, das dort sprudelt, wird heiltätige Wirkung nachgesagt. Das Bistum Aachen spricht betont distanziert von einer „Wasserabfüllstelle“.

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