Chronologie der Ereignisse im SchulministeriumDiese Fehler führten zur Abitur-Panne in NRW

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Dorothee Feller (CDU), Schulministerin, kommt in Begleitung von Mitarbeitern in den Schulausschuss des Landtags in Nordrhein-Westfalen.

Ministerin Dorothee Feller (CDU) auf dem Weg zum Schulausschuss im Landtag in Düsseldorf

Noch um 20 Uhr dachte die Schulministerin, die Prüfungen würden am nächsten Tag stattfinden.

Für die Abitur-Panne am Mittwoch waren offenbar ein Server-Update des IT-Dienstleisters Gonicus und, zu einem späteren Zeitpunkt, eine verfrühte Mail des Schulministeriums verantwortlich. Dies schilderte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) in einer Sondersitzung des Schulausschusses am Freitag. Sie bat erneut um Entschuldigung und räumte Fehler in der Kommunikation ein. „Prüfungen sind immer mit Aufregung und Stress verbunden. Da stellt es selbstverständlich eine erhebliche Belastung dar, wenn die Prüfung kurzfristig verschoben wird“, so Feller. „Wir werden den Vorfall aufklären und Maßnahmen daraus ableiten.“ Die Opposition kritisierte, das Ministerium habe am Dienstag nicht transparent genug über die Panne informiert.

Wegen der Downloadprobleme hatte das Schulministerium sechs für Mittwoch terminierte Klausuren kurzfristig auf Freitag verlegen müssen. Davon waren 30.000 der 72.000 Abiturientinnen und Abiturienten in Nordrhein-Westfalen betroffen.

Schulministerium versuchte, den Download auf eigenen Servern bereitzustellen

Laut Feller verlief der Tag im Ministerium wie folgt:

12 Uhr: Der Download der Abituraufgaben wird wie geplant für die Schulen geöffnet.

13.10 Uhr: Das Ministerium erfährt über die Qualitäts- und Unterstützungsagentur Landesinstitut Schule (QUA-LiS) von „technischen Unregelmäßigkeiten“ beim Download an einigen Schulen. Der IT-Dienstleister Gonicus kündigt an, die Probleme bis 14.10 Uhr zu beheben. QUA-LiS informiert auf der Login-Seite über die technische Störung.

14.15 Uhr: Schulministerin Feller erfährt von Störungen beim Download der Abiturprüfungen. Eine „erhebliche Zahl“ an Schulen habe die Aufgaben jedoch herunterladen können.

15.35 Uhr: Das Ministerium informiert alle Schulen per Mail über die Störungen. „In der Folgezeit arbeitete der IT-Dienstleister mit Hochdruck an einer Lösung und stellte mehrfach einen Zeitpunkt in Aussicht, bis zu dem das Problem gelöst werden sollte“, sagte Feller. Gonicus aktiviert einen Notfall-Server. Circa 300 Schulen haben den Download der Aufgaben bereits abgeschlossen.

17.14 Uhr: Das Ministerium schickt erneut eine Mail an die Schulen und informiert sie über den aktuellen Stand.

17.44 Uhr: QUA-LiS informiert das Ministerium, dass ein Download über Gonicus am Dienstag nicht verlässlich möglich ist. „Zu diesem Zeitpunkt hätten wir entscheiden können, den Prüfungstermin am Mittwoch zu verschieben“, sagte Feller im Ausschuss. Stattdessen setzt das Ministerium auf einen Plan B: In Absprache mit der IT-Abteilung will man die Aufgaben auf einen Server des Schulministeriums hochladen und passwortgeschützt zur Verfügung stellen. „Unser Ziel war es, alles daranzusetzen, den Prüfungstermin am 19. April zu halten.“ Das Ministerium schickt erneut eine E-Mail an die Schulen und kündigt eine finale Lösung bis 19.30 Uhr an. Das Hochladen der Dateien verläuft anfangs problemlos, auch wenn der Upload einer größeren Videodatei länger dauert als geplant. Das Ministerium schickt erneut eine E-Mail an die Schulen und unterrichtet sie über die Verspätung.

20 Uhr: 96 Prozent der Dateien sind vollständig hochgeladen. Nun passiert die zweite Panne: Das Ministerium hatte ein Schreiben an die Schulen vorbereitet, mit Zugangscodes für den Download. Dieses wird versehentlich zu früh losgeschickt: Noch bevor die Aufgaben vollständig hochgeladen sind, versuchen Schulen, diese herunterzuladen. Der Server bricht zusammen. Kurz darauf informiert das Ministerium die Schulen über die Verschiebung der Abiturklausuren auf Freitag.

IT-Dienstleister entschuldigt sich für die Panne

Während dieses Prozesses habe sich das Ministerium entschieden, die Öffentlichkeit nicht über die Probleme zu informieren, um eine Verunsicherung der Abiturienten zu vermeiden. Eine Entscheidung, die die Ministerin nun selbstkritisch sieht: Die Kommunikation mit den Medien und der Opposition wäre wichtig gewesen, so die Ministerin. „Heute würde ich anders handeln. Wir hätten die Pressestelle beten sollen, die Medien und die schulpolitischen Sprecher vertraulich über die Störung zu informieren.“

Das Unternehmen Gonicus habe sich mittlerweile für die Panne entschuldigt. Die Ursache für das Versagen war offenbar ein Update des Download-Servers, der vor einem Jahr durchgeführt wurde. Test-Downloads im Winter, die an 241 Schulen stattfinden, seien ohne Probleme verlaufen.

Opposition kritisiert fehlende Transparenz

Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, sprach von einem „bitteren Tag für das Bildungsland Nordrhein-Westfalen.“ „Rund 30.000 Schülerinnen und Schüler wurden wenige Stunden vor einer der wichtigsten Prüfungen ihres Lebens durch Sie, Frau Ministerin, völlig aus dem Tritt gebracht“, sagte Engin, deren Fraktion die Sondersitzung beantragt hatte.  „Der 18. April hat das Kommunikations- und Verwaltungsversagen einer Landesregierung offenbart, die völlig überfordert war.“ Fehlentscheidungen in der Kommunikation ließen sich nicht mit der lange gehegten Hoffnung auf eine technische Lösung rechtfertigen. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und ihre Familien seien stundenlang in Unsicherheit gewesen, während das Ministerium abgeschottet an Auswegen gebastelt habe.

Am Dienstag habe Engin um 15 Uhr zudem in einer anderen Angelegenheit mit der Ministerin telefoniert. „Sie haben mit keinem Wort über die Situation berichtet. Sie hätten vertraulich mit uns sprechen können und wir hätten gemeinsam nach Lösungen suchen können.“

Auch Franziska Müller-Rech (FDP) kritisierte das Ministerium für ihre Kommunikation in der Panne. „In dem Sie erst heute Transparenz schaffen, haben Sie viel Raum für Spekulationen aufgemacht“, so Müller-Rech. Die Sondersitzung des Schulausschuss hätte deshalb bereits einen Tag zuvor stattfinden müssen. „Wir haben bis zum heutigen Tag mehr Informationen aus dem Twitter-Lehrerzimmer erhalten als vom Schulministerium.“


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