Höfe-Sterben in NRWIst die heimische Schweinehaltung noch zu retten?

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Vier Schweine drücken ihre Schnauzen gegen das Gitter eines Schweinestalls

Die Zahl der betrieblichen Schweinehaltungen in NRW nimmt ab.

Immer weniger Menschen essen Fleisch aus konventioneller Haltung.  Für den Umbau der Ställe für eine Biozucht fehlt vielen Bauern  das Geld. Das macht den Weg frei für Billig-Fleisch aus dem Ausland.   

Die Zahl der Schweinehaltungsbetriebe ist in NRW in den vergangenen beiden Jahren um 11,7 Prozent zurückgegangen. NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen befürchtet, dass das Höfesterben weiter zunimmt, wenn für die konventionelle Tierhaltung keine Zukunftsperspektive eröffnet wird.  „Große und kleine Tierhalter dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Landtags.  Die künftige Tierwohl-Förderung müsse grundsätzlich allen Nutztierhaltungsbetrieben offenstehen.

Gorißen hatte in der vergangenen Woche kritisiert, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) würde einseitig die Bio-Viehzucht fördern. Damit werde die landwirtschaftliche Tierhaltung in NRW abgewürgt. Die vom Bund geplanten Fördermittel für den Umbau der Nutztierhaltung reichten nur für fünf bis sieben Prozent der Schweine - konventionell arbeitende Betriebe gingen überwiegend leer aus.

Die Äußerungen hatten in der Grünen-Landtagsfraktion für Irritationen gesorgt. Der Vorstoß sei so nicht abgestimmt gewesen, hieß es. Es sei unredlich, Özdemir die Verantwortung für die Krise in der Schweinehaltung zuzuspielen. Schließlich sei die CDU selbst im Bund jahrelang für das Agrar-Ressort zuständig gewesen. In dieser Zeit sei die notwendige Transformation der Viehwirtschaft allerdings ausgeblendet worden.  SPD und FDP nutzen die Steilvorlage, um mit der Beantragung einer Aktuellen Stunde auf die Dissonanzen bei Schwarz-Grün hinzuweisen.

Umwelt- und Agrarressort getrennt

Mit der Bildung der schwarz-grünen Landesregierung im Sommer 2022 waren die Ressorts Umwelt und Landwirtschaft voneinander getrennt worden. Damit habe man eine „politische Brandmauer“ zwischen grüner Umweltpolitik und konservativer Agrarpolitik gezogen, sagt der SPD Abgeordnete René Schneider. Gorißen verstehe sich als Lobbyistin des Bauernverbands und stehe mit ihrer Amtsauffassung letztlich dem Wohl der Landwirtschaft entgegen. Bundesagrarminister Özdemir sei der erste Minister seit 16 Jahren, der es beim Tierwohl „mit der Realität“ aufnehme.

Die Redner von CDU und Grünen bemühten darum, ein harmonisches Bild abzugeben. Der CDU-Politiker Markus Höner forderte, auch bei einem Rückgang der Nachfrage müsse eine Versorgungssicherheit aus eigner Produktion sichergestellt werden. Niemand habe etwas davon, wenn Schweinefleisch künftig vollständig aus dem Ausland importiert werden müsse.

Drei Milliarden für Umbau gefordert

Norwich Rüße, Umweltexperte der Grünen, forderte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf, die nötigen Mittel für die Transformation der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Bis zu drei Milliarden Euro im Jahr seien notwendig, um die Ställe so zu bauen, dass sie in Zukunft noch förderfähig seien. Vorgesehen seien aber lediglich 150 Millionen Euro im Jahr.

Landwirtschaftsministerin Gorißen hatte beklagt, sie würde gerne den direkten Austausch mit Cem Özdemir suchen. Der Kontakt sei aber nicht zu Stande gekommen, weil sie nicht über dessen Handynummer verfüge. Ein Umstand, den die Opposition genüsslich aufgriff. Wer nicht in der Lage sei, sich eine Mobilnummer zu beschaffen, bei dem liege die Landwirtschaft nicht in guten Händen, sagte der SPD-Politiker Schneider. Der FDP-Abgeordnete Dietmar Brockes erklärte, es sei bezeichnet für den schlechten Zusammenhalt in der Koalition, wenn untereinander nicht einmal mit  Telefonnummern ausgeholfen werde.

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