Kommentar zur Krankenhausreform194.000 Euro pro Stunde – einen solchen Defizitstrudel kann niemand auf Dauer ausgleichen wollen

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Ein Schild mit rotem Kreuz weist den Weg zu einem Klinikum.

Vor der Krankenhausreform noch Milliarden in Kliniken in Schieflage zu investieren, ist der falsche Weg.

Fünf Milliarden Euro als Notprogramm soll eine Bundesratsinitiative in die Kliniklandschaft spülen. Warum es sich nicht lohnt, weiter in ein überholtes System zu investieren. Ein Kommentar

Wer ein sehr altes, kostenintensives Auto noch zehnmal reparieren lässt, obwohl er schon seit Jahren weiß, dass sowohl Arzt als auch Klima und Familienhaushalt einen Umstieg aufs Fahrrad begrüßen würden, der steht vielleicht auch eines Morgens da und muss einsehen: Noch mehr Investitionen in eine überholte, sich als nicht zukunftsfähig erwiesene Idee sind nicht mehr zielführend. Und dann gibt er sich einen Ruck und steigt aufs Rad. Obwohl es regnet.

Die Kliniklandschaft in Deutschland und NRW hat sich als nicht mehr tragbares Konstrukt entpuppt. Und zwar längst nicht nur aus finanziellen Gründen. Es fehlt Personal, um die ganzen Strukturen mit Leben zu füllen, es fehlt an vielen kleinen Standorten ebenso an modernen Geräten wie an nötigen Fällen, um beispielsweise bei komplexen Operationen in Übung zu bleiben. In strukturstarken Gegenden jagen sich Kliniken in fußläufiger Nähe sowohl Personal als auch Patienten ab. In NRW führt eine Überversorgung im Ganzen zu einem Rückgang an Behandlungen in zweistelliger Prozenthöhe.

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen, geboren 1978, ist Chefreporterin Story/NRW. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann sie 2005 als Feste Freie beim Kölner Stadt-Anzeiger. Später war sie Online-Redakteurin und leitet...

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Eine Reform der Kliniklandschaft ist längst überfällig. Und natürlich wäre es wünschenswert, wenn nun mit Plan und Sorgfalt abgebaut, gebündelt und umstrukturiert würde. Nun wegen einer schwierigen Übergangszeit hektisch Milliarden in ein völlig überholtes System zu pumpen, das man parteiübergreifend so nicht mehr haben will, wäre grotesk. Schließlich stammt das Geld, das hier ohne Nachhaltigkeit verfeuert werden soll, nicht aus einer Schatzkiste des Gesundheitsministers.

Es handelt sich vielmehr um Steuergeld, das wir alle erwirtschaften müssen. Um 194.000 Euro rutschen die NRW-Kliniken jede Stunde weiter ins Minus. Einen solchen Defizitstrudel kann niemand auf Dauer ausgleichen wollen.

Patienten, aber auch Beschäftigten ist mit schnellem Geld deshalb nur vordergründig geholfen. Viel dringender wäre: Schnell und gemeinsam anzupacken und planvoll Standorte zusammenzulegen, zu schließen oder auszubauen. Wir brauchen schnellstmöglich Strukturen, in der Investitionen nicht von Notprogrammen verschlungen werden, sondern nachhaltig die Qualität von Medizin und Pflege verbessern.

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