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Petition nach Abitur-Prüfung in NRWTausende Abiturienten kritisieren zu schwere Aufgaben und das N-Wort

Lesezeit 3 Minuten
«Abitur - Bitte Ruhe!» steht vor dem Eingang der Turnhalle. (zu dpa: «Abi 2025: Der Jahrgang, den es (fast) nicht gibt») Foto: Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Gerade laufen in NRW die Abiturprüfungen. Kritik entzündet sich an der Englischklausur. 

Über 12.000 Abiturienten fordern eine „faire Nachkorrektur“ und bessere Noten – Schulministerium weist Kritik als unberechtigt zurück.

Noch laufen die nordrhein-westfälischen Abiturklausuren: Aber schon jetzt gibt es Kritik an den Aufgabenstellungen. Nachdem im vergangenen Jahr die Erdkunde-Leistungsklausur im Mittelpunkt der Kritik stand, erhitzen sich diesmal die Gemüter an der Leistungskurs-Englischklausur. Mehr als 12.300 nordrhein-westfälische Abiturientinnen und Abiturienten äußern in einer Online-Petition „massive Kritik an der inhaltlichen Gestaltung der Klausur“.

Der Unmut entzündet sich an vier Punkten: Zum einen habe es sich um einen nicht-fiktionalen Text gehandelt, obwohl Fiktion angekündigt worden war. Außerdem sei es darin in der Hauptsache um den Begriff „Gentrifizierung“ gegangen. Dieser Ausdruck sei im Text nicht erklärt worden, obwohl er im Lehrplan nicht vorkomme.

Hörverstehen akustisch nicht verständlich

Beide Textformate hätten sprachlich und inhaltlich zu schwierige Passagen enthalten. Zudem sei in dem Prüfungstext das rassistische N-Wort verwendet worden. Hinzu kam, dass das Hörverstehen deutlich schwerer gewesen sei als bisher. Der letzte Teil sei akustisch kaum verständlich gewesen. In der Petition wird „eine faire Nachkorrektur“ der Klausuren gefordert sowie eine Bonusregelung in Form von Zusatzpunkten.

Das nordrhein-westfälische Schulministerium prüfte die Aufgaben und wies die Kritik als unberechtigt zurück. Die Aufgaben hätten den fachlichen Vorgaben voll entsprochen. Der zentrale Begriff „Gentrification“ sei sowohl im Text erläutert als auch in dem zugelassenen Wörterbuch eindeutig definiert gewesen. Die Aussage, es habe sich um einen nicht-fiktionalen Text gehandelt, sei falsch. Die kritisierte Bezeichnung sei von der – selbst schwarzen – Autorin bewusst in Anführungszeichen verwendet worden. Den Begriff wegzulassen hätte die Intention der Autorin unangemessen verfälscht. Die Audiodatei für das Hörverstehen verfügte laut Ministerium über eine angemessene Tonqualität.

Viele Rückmeldungen beim NRW-Philologenverband

Der Philologenverband NRW erhält nach den Abiturklausuren jedes Jahr zahlreiche Rückmeldungen von Lehrkräften, in welchen die Schwierigkeit der Aufgaben beurteilt werden. Diesmal hätten sich in der Tat viele zu der Englischklausur geäußert, sagte die Vorsitzende des Philologenverbandes, Sabine Mistler. Zahlreiche Einschätzungen deckten sich mit denen der Abiturientinnen und Abiturienten. Andere hätten den Anspruch der Klausur nicht problematisch gesehen, zumal der Begriff über das Wörterbuch zu erschließen war. Da die Rückmeldungen heterogen seien, werde die Petition vermutlich keinen Erfolg haben.

Mistler betonte allerdings, dass die Lehrkräfte über das Punkteraster im Erwartungshorizont gerade in Fächern wie Englisch oder Deutsch einen gewissen Spielraum des Ausgleichs hätten. Die Aufgabe zum Hörverstehen als Format in den Abiturprüfungen wird vom Philologenverband kritisch gesehen, weil sie generell störanfällig sei. Es sei schlicht kaum möglich, in jeder Schule für jeden Teilnehmer der Lerngruppe die gleichen optimalen Bedingungen herzustellen. „Schon ein hustender Sitznachbar kann das Hören beeinträchtigen.“ In den vergangenen Jahren sind Online-Petitionen nach den Abiturklausuren fast zum Regelfall geworden – zuletzt eben gegen das Erdkunde-Abitur und davor gegen die Mathe-Aufgaben. Erfolgreich war allerdings keine von ihnen.