Spitzenreiter KölnWo in NRW die Bevölkerung wachsen wird – und wo sie schrumpft

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Menschen laufen über die Schildergasse in Köln.

Eine Studie schätzt: Die Bevölkerung Kölns wird zwischen 2020 und 2040 um mehr als fünf Prozent wachsen.

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung prognostiziert, dass die Bevölkerung in NRW in den nächsten 16 Jahren zurückgeht. Köln soll dagegen wachsen. 

Die Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen wird bis zum Jahr 2040 um eine Viertelmillion Menschen schrumpfen. Das zeigt die Studie „Wegweiser Kommunen“, die am Dienstag von der Bertelsmann Stiftung vorgestellt wurde. Bundesweit prognostizieren die Wissenschaftler einen Anstieg der Bevölkerungszahl um 0,6 Prozent. Eine Ausnahme davon bilden vor allem die östlichen Bundesländer.

Die Einwohnerzahl von Nordrhein-Westfalen schnellte im Jahr 2022 hoch auf knapp 18,2 Millionen Menschen. Grund war der Krieg in der Ukraine. Dem „Wegweiser Kommune“ zufolge wird sich diese Zahl in 16 Jahren wieder auf dem ungefähren Niveau von 2020 einpendeln: 2040 leben in Nordrhein-Westfalen demnach circa 17,9 Millionen Menschen. 

Landesweit zeigt sich dieser Rückgang jedoch sehr unterschiedlich: In großen Teilen Südwestfalens und des Ruhrgebiets werden im Jahr 2040 weniger Menschen leben; für das Rheinland und Münsterland prognostizieren die Forscher hingegen einen Bevölkerungszuwachs. 

Größtes Bevölkerungswachstum NRW-weit in Köln

Am größten fällt das Plus im 20-Jahres-Vergleich in Köln aus: Dort leben im Jahr 2040 voraussichtlich 1,14 Millionen Menschen - 5,1 Prozent mehr als 2020. Den zweitgrößten Zuwachs von allen 53 Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen verzeichnet Euskirchen mit einem Plus von 4,3 Prozent, gefolgt von Steinfurt mit 3,7 Prozent. Auch in der weiteren Region um Köln wird die Einwohnerzahl im Jahr 2040 höher sein als 2020. Einzige Ausnahme ist Leverkusen: Dort schrumpft die Bevölkerung leicht.  

Deutlich anders sieht es in Südwestfalen aus. In vier von fünf Kreisen geht die Bevölkerungszahl mehr als fünf Prozent zurück. Am stärksten schrumpft sie jedoch in Höxter: 2040 leben dort vermutlich 9,7 Prozent weniger Menschen als 20 Jahre zuvor. Am zweitstärksten geht die Einwohnerzahl im Märkischen Kreis zurück (-7,6 Prozent), gefolgt von Siegen-Wittgenstein (-5,4 Prozent).

Starker Rückgang in östlichen Bundesländern

„Die Regionen innerhalb der Bundesländer entwickeln sich sehr unterschiedlich“, sagt Hannah Amsbeck, eine der Autorinnen der Studie. Während große Städte wie Köln und Münster wachsen, schrumpfe die ländliche Bevölkerung. „Darauf wollen wir auch mit der Studie aufmerksam machen: Die Entwicklung vor Ort ist sehr unterschiedlich. Deshalb muss darauf individuell eingegangen werden.“

Auch deutschlandweit verteilt sich die Zu- und Abnahme stark. Die östlichen Bundesländer müssen weiterhin mit einem beträchtlichen Bevölkerungsrückgang kämpfen, Sachsen-Anhalt steht zwischen 2020 und 2040 ein Minus von 12,3 Prozent bevor. Die westlichen Bundesländer, mit Ausnahme vom Saarland, NRW und Rheinland-Pfalz, erwartet im selben Zeitraum ein Bevölkerungswachstum – in Baden-Württemberg sogar um 4,6 Prozent. Am stärksten wächst Berlin mit 5,8 Prozent. 

Demografie bestehe aus vier Kerngrößen, erklärt Hannah Amsberg: Zuzüge, Fortzüge, Geburten und Sterbefälle. „Die Zuwanderung, das Wanderungsverhalten generell, hat mittlerweile in vielen Kommunen einen deutlichen größeren Einfluss auf die Demografie als Geburten- und Sterbefälle.“ So sei der Flüchtlingsstrom aus der Ukraine 2022 ein Grund, wieso die Bevölkerung in Deutschland voraussichtlich wächst. „Wir gehen in unserer Studie von einem Status Quo aus, der sich fortsetzt. Wenn sich an diesem Status Quo in den nächsten Jahren etwas ändert – durch Kriege, Pandemien oder die Klimakrise – verändern sich natürlich auch die Ergebnisse.“

Nordrhein-Westfalens Bürger werden immer älter – Kölner sind mit die jüngsten

Wie auch im Rest von Deutschland wird die Bevölkerung Nordrhein-Westfalens immer älter. 2020 waren noch 21 Prozent der Einwohner 65 Jahre oder älter, im Jahr 2040 sollen es laut der Studie 27 Prozent sein. Das sind 300.000 Senioren mehr. Auch die Zahl der Menschen älter als 80 Jahre nimmt laut der Bertelsmann Stiftung um 24 Prozent zu. Dazu kommt ein deutlicher Rückgang beim Anteil der Menschen im erwerbsfähigen Alter: Die Zahl der Menschen zwischen 25 bis 44 Jahren schrumpft um 6,2 Prozent, in der Altersgruppe 45 bis 64 erwartet NRW sogar ein Minus von 16,3 Prozent. Der Fachkräftemangel wird dadurch verschärft. „Einen Vorteil haben wahrscheinlich jüngere Arbeitnehmer“, sagt Amsbeck.

Das Durchschnittsalter in NRW steigt bis 2040 um etwa ein Jahr auf 46,2 an. Damit liegt das bevölkerungsreichste Bundesland unter dem deutschlandweiten Schnitt von 47,1 Jahren. Auch bei dem Durchschnittsalter unterscheiden sich Städte und Kreise innerhalb von Nordrhein-Westfalen drastisch: Der Kreis mit der ältesten Bevölkerung wird 2040 Höxter sein mit 52 Jahren. Die Studentenstadt Münster hat 2040 mit durchschnittlich 41 Jahren die jüngste Einwohnerschaft, gefolgt von den Kölnern mit 41,8 Jahren. 

Angesichts des demografischen Wandels seien jetzt die Kommunen gefragt, schreiben die Autoren in der Studie. Sie müssen ihre Infrastruktur auf eine alternde Bevölkerung anpassen. Ähnlich sieht es Christof Sommer, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebund NRW: „Die Bedürfnisse ändern sich, angefangen beim Kindergarten bis zum Pflegeheim.“ 

Die Senioren bilden eine „äußerst heterogene“ Gruppe, sagt Sommer. „Einige blühen im Ruhestand erst richtig auf, engagieren sich im Ehrenamt, reisen um die Welt oder geben ihr Wissen an Jüngere weiter.“ Andere seien auf Hilfe und Unterstützung angewiesen – deshalb seien „passgenaue Angebote“ nötig.

Dazu fordert Sommer ein „gutes Gleichgewicht von Stadt und Land“:  „Im ländlichen Raum braucht es einen ausgewogenen Mix aus Arbeitsplätzen, Wohnraum, Mobilität und Angeboten für Bildung, Kultur, Sport und Freizeit“, sagt der frühere Bürgermeister von Lippstadt. Dazu gehöre auch die „Neuansiedlung von Zukunftsbranchen“. Das werde jedoch nur möglich sein, wenn die Kommunen „ihre Handlungsspielräume zurückgewinnen“ und „die Finanzausstattung bekommen, die sie für das Entwickeln vor Ort dringend brauchen.“

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