VergewaltigungsserieMissbrauch im Klinikum Bethel hat für Polizei und Staatsanwaltschaft Bielefeld keine Konsequenzen

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Ein Fahrzeug der Polizei steht an einem Gebäude der Geschäftsführung des Evangelischen Klinikums Bethel.

Im Fall eines Arztes, der im Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld zahlreiche Patientinnen betäubt und vergewaltigt hat, hat die Staatsanwaltschaft Duisburg mitgeteilt, zwei Strafanzeigen nicht weiter zu verfolgen.

Die Ermittlungen gegen Verantwortliche des Klinikums Bethel wegen Beihilfe zur Vergewaltigung durch Unterlassen dauern an.

Im Ermittlungsverfahren zu Vergewaltigungen im Klinikum Bethel in Bielefeld hat die zuständige Staatsanwaltschaft Duisburg die Verfolgung zweier im Zusammenhang stehender Strafanzeigen abgelehnt. Eine Anzeige richtete sich gegen die Staatsanwaltschaft Bielefeld und die Generalstaatsanwaltschaft Hamm unter anderem wegen Rechtsbeugung. Den Beschuldigten wurde vorgeworfen, es unterlassen zu haben, weitere durch den Serienvergewaltiger und Assistenzarzt Philipp G. geschädigte Frauen zu ermitteln und sie über die Vorfälle zu informieren, die auch die Gefahr der Infektion mit einer sexuell übertragbaren Krankheit verursacht hatten.

Wie eine Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, wurde die Aufnahme von Ermittlungen abgelehnt; ein Anfangsverdacht für ein strafbares Handeln habe nicht begründet werden können.

Opferanwältin Stefanie Höke kündigt Beschwerde an

Die Opferanwältin Stefanie Höke äußerte sich empört über die Einstellungen der Verfahren: „Das macht fassungslos. Die Staatsanwaltschaft Duisburg erweckt mit ihren Beschlüssen den Eindruck, nur ergebnisorientiert vorzugehen.“ Die Behörden hätten von den Geschlechtskrankheiten gewusst. Trotzdem habe sie wiederholt vergebens gefordert, die Frauen zu informieren, um sich im Falle einer Infektion behandeln zu lassen. Höke kündigte an, Beschwerde gegen die Beschlüsse einzulegen.

Die zweite Anzeige einer ehemaligen Patientin, die Opfer des verstorbenen Assistenzarztes im Klinikum Bethel geworden war, hatte sich gegen das Polizeipräsidium Bielefeld gerichtet. Der Sachbearbeiter der Polizei habe nach dem Eingang der ersten Strafanzeige gegen Philipp G. keine weiteren Überprüfungen vorgenommen, so dass die spätere Tat gegen die Klägerin nicht verhindert worden sei. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, sie habe keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Polizeibeamten feststellen können.

Staatsanwaltschaft Duisburg vernimmt mehr als 100 Zeugen

Die Ermittlungen gegen Verantwortliche des Klinikums Bethel wegen Beihilfe zur Vergewaltigung durch Unterlassen dauern indes an, sagte die Sprecherin. Derzeit werte die Staatsanwaltschaft Duisburg die Aussagen „der weit über 100 vernommenen Zeuginnen und Zeugen, unter anderem aus dem Bereich des ärztlichen und pflegerischen Personals der betroffenen Stationen“ aus.

Philipp G. hatte im Klinikum Bethel Patientinnen betäubt, vergewaltigt und dabei gefilmt. Nach seiner Verhaftung im September 2020 beging er Selbstmord. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelte anschließend gegen G.s Vorgesetzte, stellte diese Verfahren jedoch ein, ohne die betroffenen Frauen über die Vergewaltigung zu informieren.

Das Justizministerium übertrug den Fall an die Staatsanwaltschaft Duisburg, die seither die Ermittlungen führt und im Januar 2022 die bis dahin identifizierten Opfer aus dem Klinikum Bethel informierte. Anschließend korrigierte die Staatsanwaltschaft die Zahl der Betroffenen mehrmals nach oben. Zuletzt ging sie von 34 Frauen aus, die als Patientinnen Opfer wurden. In 30 Fällen geht es um Sexualdelikte.

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