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Zulassung verlängertNRW-Umweltschützer kritisieren Pro-Glyphosat-Entscheidung aus Brüssel

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Junge Pflanzen, die nach der Getreideernte gekeimt haben, stehen auf einem Feld. Das aus dem Mähdrescher gefallene Getreide und die Samen der unerwünschten Beikräuter haben gekeimt. Auf die frischen grünen Blätter wurde dann ein Totalherbizid mit dem Wirkstoff Glyphosat ausgebracht. Dadurch sterben die grünen Pflanzen ab (links) und verfärben ihre Blätter charakteristisch gelb. Der Landwirt kann so vor einer neuen Saat auch die langlebigen Wurzelunkräuter eliminieren.

Junge Pflanzen, die nach der Getreideernte gekeimt haben, stehen auf einem Feld. Auf die frischen grünen Blätter wurde dann ein Totalherbizid mit dem Wirkstoff Glyphosat ausgebracht. 

Das Landwirtschaftsministerium will sich dafür einzusetzen, die Verwendung des Unkrautvernichters auf „das notwendige Maß zu beschränken“.

Die Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat wird in der EU um zehn Jahre verlängert. Das teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Allerdings werde es neue Auflagen und Einschränkungen geben, so die Kommission. Die derzeitige Zulassung wäre Mitte Dezember ausgelaufen. Der BUND in NRW kritisiert die Entscheidung: Geschäftsleiter Dirk Jansen fordert nun ein Glyphosat-Verbot auf nationaler Ebene.

Die EU-Kommission konnte die Entscheidung nur deshalb im Alleingang treffen, weil sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz des Mittels ausgesprochen hatten. Deutschland enthielt sich.

„Das Mittel tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch verändert ist“

„Es ist ein Trauerspiel, dass sich Deutschland im zuständigen EU-Ausschuss erneut enthalten hat“, sagte Dirk Jansen. „Eine konsequente Ablehnung der gesamten Ampelkoalition wäre ein wichtiges Signal in Europa für mehr Gesundheit und Artenschutz gewesen.“ Die EU-Entscheidung sei ein „schwerer Rückschlag“ für den Gesundheits- und Artenschutz, so Jansen. Deshalb fordere der BUND nun ein Verbot auf nationaler Ebene.

Ein solches Verbot, sagt Jansen, sei aus mehreren Gründen dringend notwendig. Zum einen, weil die Weltgesundheitsorganisation das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft habe. Zum anderen schädige der Unkrautvernichter Bodenlebewesen. „Das Mittel tötet jede Pflanze, die nicht entsprechend gentechnisch verändert ist“, sagte Jansen. „Weniger Wildpflanzen bedeutet weniger Nahrung und weniger Lebensraum für Insekten, die wiederum Nahrungsquelle für Vögel, Fische und Säugetiere sind.“ Für Wasserorganismen sei Glyphosat „giftig mit langfristiger Wirkung“. 

Auch die Grünen-Fraktion im NRW-Landtag kritisiert die Entscheidung aus Brüssel. Sie sei ein „falsches Signal für eine nachhaltige Landwirtschaft und den Schutz der Artenvielfalt in Europa“, sagte Norwich Rüße, landwirtschaftspolitischer Sprecher. Angesichts des Zustands der Artenvielfalt stelle sich die EU-Kommission „ein umweltpolitisches Armutszeugnis“ aus. „Dabei ärgert mich am meisten, dass sich Deutschland aufgrund der Blockadehaltung der FDP bei der EU-Abstimmung enthalten hat, obwohl im Koalitionsvertrag der Ampel klar vereinbart wurde: Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt“, so Rüße.

Glyphosat ist höchst umstritten

Ein Sprecher des NRW-Landwirtschaftsministeriums betonte, die Kommission wolle die Verlängerung an Bedingungen knüpfen. „Hier verfolgen wir aufmerksam die weiteren Beratungen und deren Ergebnisse.“ Die Erneuerung der Genehmigung von Glyphosat dürfe das Ziel, den Einsatz von und das Risiko durch Pflanzenschutzmittel herunterzuschrauben, nicht gefährden. „Die Erarbeitung einer nordrhein-westfälischen Strategie zur Reduzierung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wird dazu einen Beitrag leisten“, so der Sprecher. „Wir setzen uns dafür ein, die Verwendung von Glyphosat auf essenzielle Anwendungsgebiete und das notwendige Maß zu beschränken.“

Der Leverkusener Bayer-Konzern, der mit Glyphosat-Produkten mehrere Milliarden Euro jährlich umsetzt, begrüßte die Entscheidung in einer Stellungnahme. 

Glyphosat gilt als höchst umstritten, da es im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen. Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören laut Efsa etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.

Der Unkrautvernichter wird auch als Totalherbizid bezeichnet, er lässt Pflanzen absterben. Wo Glyphosat versprüht wird, wächst kein Gras, Strauch oder Moos mehr. Das Mittel wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld frei von Unkraut zu halten, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden. (mit dpa)