Während EU, Ukraine und USA einen Weg zum Frieden suchen, kommen aus Moskau drastische Töne – und Europa steht dabei im Fokus.
Schrille Töne aus MoskauPutin attackiert „europäische Schweine“ – Lawrow spricht über Gene von Merz

Kremlchef Wladimir Putin bei einem Auftritt im russischen Verteidigungsministerium am 17. Dezember.
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Der Kreml hat seinen kriegerischen Kurs erneut untermauert. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte am Mittwoch (17. Dezember), dass Moskau seine Kriegsziele und damit auch die „Befreiung der Gebiete“ in der Ukraine entweder am Verhandlungstisch oder „mit militärischen Mitteln“ erreichen werde. Der Kremlchef attackierte zudem Europa mit scharfen Worten und bezeichnete die Unterstützer der Ukraine als „europäische Schweine“, die gehofft hätten, von einem erhofften Zusammenbruch Russlands profitieren zu können.
Gleichzeitig versicherte Putin, der ähnliche Beteuerungen auch noch kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 abgegeben hatte, dass Russland gesprächsbereit sei und kein Interesse an einem Krieg mit der Nato habe. Der Kremlchef prahlte wie bereits bei vorherigen Auftritten in den letzten Wochen außerdem mit den angeblichen Erfolgen der russischen Armee und neuen russischen Waffensystemen.
Putin preist seine Armee: „Niemand sonst auf der Welt hat so etwas“
Russland entwickele „neue Zerstörungsmittel, neue Waffen“, erklärte Putin nach Angaben der Staatsagentur Tass. „Niemand sonst auf der Welt hat so etwas, und es wird auch nicht so schnell auftauchen“, fügte der Kremlchef bei einem Auftritt im russischen Verteidigungsministerium hinzu und kündigte mit der Schaffung einer „Pufferzone“ in der Ukraine militärische Offensiven der russischen Armee an.
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Auch direkte Attacken auf Deutschland und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kommen in diesen Tagen aus Moskau, während die Ukraine und die USA zuletzt in Berlin über einen von den USA angestrebten „Friedensplan“ verhandelt hatten.
Sergej Lawrow setzt auf absurde Gen-Theorien
„Friedrich Merz hat viele Dinge gesagt, die nichts anderes als purer Rassismus und Nationalsozialismus sind“, behauptete etwa Moskaus Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag mit Blick auf eine frühere Aussage des Kanzlers, dass Israel mit dem Angriff auf den Iran die „Drecksarbeit“ für die Europäer erledigt habe.
Lawrow ging im Interview mit dem iranischen Staatsfernsehen schließlich noch weiter und machte Merz’ Abstammung zum Thema. Der Kanzler habe „alte Gewohnheiten und Gene“ von seinen Verwandten geerbt, behauptete Lawrow.
Hinsichtlich der Pläne der EU, eingefrorene russische Vermögenswerte zur Unterstützung der Ukraine zu verwenden, wählte der dienstälteste russische Minister ähnlich absurde Worte. „Europäern liegt Diebstahl im Blut“, äußerte sich Lawrow selbst rassistisch und fügte hinzu: „Dieser Drang zu stehlen muss bei vielen unserer westlichen ‚Kollegen‘ genetisch bedingt sein.“
Lawrow sieht Europa „unter Nazi-Flagge“ im Krieg gegen Russland
Europa führe durch die Unterstützung der Ukraine einen Krieg „unter Nazi-Flagge“ gegen Russland, hieß weiter vom russischen Außenminister, der schließlich behauptete, die Regierungen von Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Belgien und den baltischen Staaten würden „Theorie und Praxis des Nationalsozialismus“ wiederaufleben lassen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Moskau.
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Russland-Experten und Politikwissenschaftler zeigten sich angesichts der Wortmeldungen aus Moskau nicht überrascht. Bereits vorherige Äußerungen zu den Gesprächen über einen möglichen „Friedensplan“ hatten nahelegt, dass der Kreml kein Interesse an Verhandlungen hat, solang dabei nicht alle russischen Bedingungen erfüllt werden. Auch eine Waffenruhe an Weihnachten lehnte Moskau zuletzt ab.
Experten: Moskau will „Patriotismus-Narrative“ wiederbeleben
Lawrow instrumentalisiere den Begriff „Nazi“, um europäische Länder als „Feinde des russischen Volkes zu brandmarken und sowjetische Patriotismus-Narrative wiederzubeleben“, kommentierte das amerikanische Institut für Kriegsstudien nun die Worte des russischen Außenministers.
Moskaus Ziel sei es, die russische Bevölkerung mit dieser Anti-Europa-Kampagne darauf vorzubereiten, „im Namen der ideologischen Verteidigung des russischen Staates auf unbestimmte Zeit größere Opfer zu bringen“, hieß es weiter von den US-Analysten.
Putins Auftritt mache unterdessen deutlich, dass der Kreml „kein Interesse an Verhandlungen hat und eine Kapitulation der Ukraine fordert“, schrieb derweil der Historiker Matthäus Wehowski zu den jüngsten Äußerungen des Kremlchefs auf der Plattform X. Der russische Präsident steigere sich immer stärker in „seinen ideologischen Wahn“ hinein, erklärte der Russland-Experte weiter.
Klares Signal aus Moskau: Putin zu „keinerlei Kompromissen bereit“
Ähnlich fällt auch die Einschätzung des Politik-Analysten Alexander Dubowy aus. Putin zeige sich weiterhin zu „keinerlei Kompromissen bereit, schwelgt in pseudohistorischen Träumen und übernimmt inzwischen offen Dmitri Medwedews aggressiv-primitive Rhetorik“, schrieb der Russland-Experte auf der Plattform X mit Blick auf die oftmals schrillen Wortmeldungen von Ex-Kremlchef Medwedew.
Der Kremlchef lebe „in einer anderen Welt“, befand auch Dubowy und fügte hinzu: „Unglücklicherweise scheint er jeden einzelnen Augenblick darin zu genießen.“
Russische Propagandamedien reden erneut über Angriff auf Europa
Moskaus Konfrontationskurs gegenüber Europa wird derweil auch in den russischen Propagandamedien in dieser Woche erneut deutlich sichtbar. So sprach der populäre russische Moderator Wladimir Solowjow in einer seiner Sendungen erneut davon, dass Russland bald gezwungen sein könnte, „Berlin noch einmal zu zerstören“ sowie „Paris noch einmal zu betreten“ und „Wien noch einmal zu befreien“.

Kremlchef Wladimir Putin am Mittwoch zusammen mit dem russischen Oberbefehlshaber Waleri Gerassimow im Kreml.
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Gleichzeitig berichtete der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, am Mittwoch von Plänen für neue strategische Offensivoperationen bei der russischen Armee. Russland habe seine Truppenstärke im Laufes des Jahres auf rund 710.000 Soldaten erhöht, erklärte Skyrskyj nach Angaben von ukrainischen Medien.
Ukraine weist russische Erfolgsmeldungen zurück
Moskaus Behauptungen über große militärische Fortschritte an der Front wies der ukrainische Oberbefehlshaber unterdessen zurück. So sei die russische Armee etwa in Kupjansk erfolgreich zurückgedrängt worden. „Fast 90 Prozent“ der Stadt seien nun wieder unter ukrainischer Kontrolle, erklärte Syrskyj.
Moskau hatte zuvor die Eroberung der Stadt gemeldet. Kurz darauf hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Ortseingang von Kupjansk posiert und damit bereits Zweifel an den russischen Angaben genährt.
Russland greift erneut zivile Ziele in der Ukraine an
Russland unterstrich seinen aggressiven Kurs am Mittwoch unterdessen auch mit neuen Angriffen auf zivile Ziele in der Ukraine. Bei Luftangriffen auf die südukrainische Stadt Saporischschja sind nach Angaben örtlicher Behörden mindestens 26 Menschen verletzt worden, darunter ein Kind.
„Die Russen haben Lenkbomben abgeworfen“, erklärte Regionalgouverneur Iwan Federow am Mittwoch im Onlinedienst Telegram. Dabei seien mehrere Gebäude und eine Bildungseinrichtung beschädigt worden. Journalisten vor Ort berichteten von Löscharbeiten an einem mehrstöckigen Wohngebäude, aus dem schwarzer Rauch in den Himmel aufstieg.

