Moskau reagiert scharf auf Kanzler Merz und Nato-Chef Rutte. Auch von den Gesprächen in Berlin hält man im Kreml nicht viel.
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Kremlchef Wladimir Putin im Gespräch mit seinem Berater Juri Uschakow. (Archivbild)
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Während die Gespräche über einen Friedensplan für die Ukraine in Berlin am Montag weitergehen, kommen aus Moskau bereits eindeutige Signale der Ablehnung. „Kaum etwas Gutes“ erwarte der Kreml von den Gesprächen in der deutschen Hauptstadt, erklärte Juri Uschakow, hochrangiger Berater von Kremlchef Wladimir Putin, am Sonntag. Die Beiträge der Europäer und der Ukraine zum Plan von US-Präsident Donald Trump würden „wohl kaum konstruktiv sein“, sagte Uschakow im Staatsfernsehen.
Uschakow machte zudem deutlich, dass Russland nicht von seinen Territorialforderungen abrücken werde. Moskau verlangt, dass Kyjiw seine Truppen auch aus jenen Bereichen im umkämpften Industriegebiet Donbass abzieht, die Russland bisher nicht erobern konnte und die von der Ukraine weiter kontrolliert werden. Die Ukraine lehnt die Ansprüche des Kremls, der neben dem Donbass auch weitere ukrainische Regionen beansprucht, die Russland bisher nicht erobern konnte, unterdessen ab.
US-Analysten: Moskau bereitet Ablehnung von Friedensplan vor
Der Kreml schaffe mit derartigen Wortmeldungen bereits jetzt „Bedingungen, um die ukrainischen und europäischen Friedensplanentwürfe abzulehnen“, ordnete das amerikanische Institut für Kriegsstudien die jüngsten Wortmeldungen aus Moskau ein. Vor Uschakow hatte bereits Außenminister Sergej Lawrow Russlands für die Ukraine und Europa inakzeptable Maximalforderungen unterstrichen und die in „Europa gehegten Ideen“ als „nicht zielführend“ bezeichnet.
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Lawrow machte zudem klar, dass es Russland nicht nur um die Ukraine geht – und richtete drohende Worte an Finnland. Die Nato-Mitgliedschaft des russischen Nachbarlandes müsse „neu bewertet“ werden, erklärte Lawrow in der letzten Woche und deutete an, dass Moskau diese Ansicht auch hinsichtlich aller weiteren Länder vertritt, die seit 1997 der Nato beitraten.
Sergej Lawrow nimmt Finnland ins Visier
Finnland habe sich zu einem der „russlandfeindlichsten“ Länder entwickelt, das die „Naziherrscher“ in der Ukraine verteidigen würde, behauptete Lawrow. In finnischen Medien war daraufhin von einer „mafiaähnlichen Drohung“ des russischen Außenministers die Rede.
Einen rauen Ton schlägt Moskau unterdessen auch gegenüber Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Nato-Chef Mark Rutte an. Beide hatten mit Weltkriegsvergleichen zuvor für Aufsehen gesorgt. „Wir sind Russlands nächstes Ziel“, hatte etwa Rutte in der letzten Woche erklärt und vor einem „Krieg wie zu Zeiten der Großeltern“ gewarnt.
„So wie das Sudetenland 1938 nicht genug war, wird Putin nicht aufhören“
Kanzler Merz ließ schließlich am Wochenende ähnliche Worte folgen – und verglich Kremlchef Putin mit Adolf Hitler. „So wie das Sudetenland 1938 nicht genug war, wird Putin nicht aufhören“, sagte Merz bei einer Rede am Samstag (13. Dezember) und bezog sich damit auf einen Teil der Tschechoslowakei, den die Alliierten dem Nazi-Diktator im Rahmen eines Abkommens überlassen hatten. Hitler setzte seine Expansion in Europa danach fort.

Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Sonntag vor dem Kanzleramt in Berlin. (Archivbild)
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„Wenn die Ukraine fällt, wird er damit nicht aufhören“, sagte Merz nun mit Blick auf Putin. „Es ist ein russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine – und gegen Europa“, fügte der Kanzler hinzu. Putins Ziel sei „eine fundamentale Veränderung der Grenzen in Europa, die Wiederherstellung der alten Sowjetunion innerhalb ihrer Grenzen“, warnte der CDU-Politiker.
Moskau nennt Merz „zynisch“ und Rutte „unverantwortlich“
„Leider versteht Herr Rutte einfach nicht, wovon er spricht, wenn er solche unverantwortlichen Aussagen macht“, kommentierte Kremlsprecher Dmitri Peskow die Worte des Nato-Chefs am Sonntag im russischen Staatsfernsehen. „Diese Aussage stammt vermutlich von einem Vertreter einer Generation, die es geschafft hat zu vergessen, wie der Zweite Weltkrieg war“, fügte Peskow hinzu und versuchte, Russland als friedliebend darzustellen.
„Die Äußerungen von Friedrich Merz sind von Zynismus geprägt“, erklärte derweil der russische Duma-Abgeordnete Michail Scheremet mit Blick auf die aktuellen Bemühungen des Bundeskanzlers um europäischen Einfluss auf die laufenden Gespräche. „Mit Vermittlern und Koordinatoren wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland braucht die Ukraine keine Feinde“, fügte Scheremet hinzu.
Staats-TV: Donbass ist „russisches Territorium“
Eindeutige Botschaften kommen auch von den Propagandisten im russischen Staatsfernsehen. So erklärte etwa der populäre TV-Moderator Wladimir Solowjow in seiner Talkshow beim staatlichen Sender Rossija 1 unmissverständlich, dass der gesamte Donbass „russisches Territorium“ sei und „der Feind unser Territorium verlassen muss“. Russland habe das immer wieder betont, so Solowjow. Europa versuche nun jedoch, den Plan von US-Präsident Trump zu untergraben, monierte Solowjow und äußerte Hoffnung, dass Trump die Europäer dafür attackieren werde.
Dass die Ukraine den strategisch wichtigen Donbass aufgeben wird, gilt unterdessen weiterhin als unwahrscheinlich. Nach einer aktuellen Erhebung des Kyiv International Institute for Sociology (KIIS) sind zwar 72 Prozent der Ukrainer bereit, einem Friedensplan zuzustimmen, der die aktuelle Frontlinie zur Grundlage für ein Einfrieren des Krieges macht sowie Sicherheitsgarantien für die Ukraine vorsieht.
Neue Umfrage: Ukrainer stellen sich klar gegen Aufgabe des Donbass
Gleichzeitig lehnen jedoch 75 Prozent der Ukrainer jegliche Friedenspläne ab, die einen Abzug der ukrainischen Truppen aus dem Donbass sowie Einschränkungen der ukrainischen Armee vorsehen und keine konkreten Sicherheitsgarantien enthalten. Die russischen Forderungen, die in einem ersten Entwurf eines Friedensplanes von der US-Regierung großteils übernommen worden waren, lehnen die Ukrainer demnach radikal ab.
Auch bei den jetzigen Gesprächen in Berlin fordern die US-Unterhändler die Ukraine offenbar weiter zu einer Aufgabe des Donbass auf. Dies teilte ein hochrangiger Vertreter Kyjiws, der über die Berliner Gespräche zur Beendigung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine informiert wurde, am Montag mit. Ob eine Einigung auf einen gemeinsamen Kurs zwischen der Ukraine, Europa und den USA möglich ist, bleibt damit vorerst offen.
Experte: Russland strebt weiterhin „Niederlage des Westens“ an
Auch Politik- und Russlandexperten zeigten sich angesichts der jüngsten Signale aus Moskau am Wochenende skeptisch hinsichtlich einer schnellen Einigung. Die „Anmaßungen Lawrows“ hinsichtlich Finnland seien „keineswegs überraschend“, befand etwa der Politik-Analyst Alexander Dubowy auf der Plattform X. Russland strebe neben der „Unterwerfung der Ukraine“ weiterhin eine „völlige Neuordnung der europäischen Sicherheitsarchitektur und eine strategische Niederlage des Westens“ an, führte Dubowy aus.
Ähnlich fiel am Montag die Einschätzung der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas aus. „Der Donbass ist nicht Putins Endziel“, erklärte Kallas in einem Beitrag auf der Plattform X. „Wenn er ihn bekommt, wird er mehr fordern. Das wissen wir aus der Geschichte, und wir sollten aus der Geschichte lernen.“
Ukrainer rechnen nicht mit schnellem Kriegsende
Auch die Ukrainerinnen und Ukrainer rechnen weiterhin nicht mit einem schnellen Frieden in ihrem Heimatland. Lediglich neun Prozent der Befragten erwarten, dass der Krieg bis Anfang 2026 beendet wird, zeigt die jüngste Erhebung des KIIS. Auch was einen Frieden bis Mitte 2026 angeht, herrscht große Skepsis in der Ukraine. Nur 14 Prozent der Befragten halten dieses Szenario für wahrscheinlich, während 63 Prozent sich bereit erklärt haben, den Krieg „so lange wie nötig zu ertragen“, berichtete das soziologische Institut aus Kyjiw.
Die von Moskau und neuerdings auch von den USA vorgebrachte Forderungen nach Wahlen ist unter den Ukrainerinnen und Ukrainern ebenfalls unpopulär. Lediglich neun Prozent der Umfrageteilnehmer wünschen sich Wahlen noch vor dem Ende der Kampfhandlungen. 61 Prozent der Befragten sprachen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj derweil ihr Vertrauen aus.

