Schwerer Verdacht gegen Berliner ErmittlerDie Generalstaatsanwältin muss handeln

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Einer der nicht aufgeklärten Brandanschläge: Ein brennendes Auto steht am 1. Februar 2018 in Berlin-Neukölln in der Garage des Linken-Politikers Ferat Kocak.

  • Seit Jahren hält in Berlin eine Serie von Brandanschlägen an, ohne das die Ermittler bei der Suche nach den Tätern vorwärts gekommen wären.
  • Nun gibt es den ungeheuerlichen Verdacht, dass das womöglich auch politische Gründe haben könnte.
  • Die Generalstaatsanwältin von Berlin hat deshalb zu Recht öffentlich erklärt, die Ermittlungen an sich zu ziehen. Ein Gastbeitrag.

Schwarze Schafe gibt es in allen Berufen. Auch in solchen, deren Aufgabe es ist, gegen schwarze Schafe vorzugehen und deren Fehlverhalten strafrechtlich zu verfolgen.

Seit Anfang August sieht sich die Staatsschutzabteilung der Berliner Staatsanwaltschaft mit dem Vorwurf konfrontiert, mit der AfD zu sympathisieren und die Ermittlungen wegen seit Jahren wiederkehrender rechtsextremistischer Brandanschläge zu verschleppen.

Alarmierende Aussage in einem Chat

Nun ist in den Ermittlungsakten ein Vermerk aufgetaucht, demzufolge einer der Hauptverdächtigen, ein ehemaliger AfD-Kommunalpolitiker, in einem Chat über den Leiter der Staatsschutzabteilung gesagt haben soll, von dem habe man nichts zu befürchten, weil er der AfD nahestehe. Die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat daraufhin die Ermittlungen an sich gezogen und die zuständigen Staatsanwälte versetzt: Es seien Umstände zutage getreten, die den Verdacht der Befangenheit als möglich erscheinen ließen.

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Die seit Jahren erfolglosen Ermittlungen schürten bei den Anschlagsopfern schon lange Misstrauen. Es genüge bereits der bloße „Anschein der Befangenheit“, um weiteres Misstrauen zu nähren, auch wenn es bisher keine Hinweise gebe, dass „etwas nicht sauber gelaufen“ sei.

Gegenwind von den Staatsanwälten

Die Vereinigung der Berliner Staatsanwälte (VBS) kritisiert Koppers’ Entscheidung scharf. Sie suggeriere, dass Teile der Behörde von rechten Netzwerken durchzogen seien, und erschüttere damit das Ansehen von Staatsanwaltschaft und Justiz nachhaltig.

Ich kann diese Reaktion nachvollziehen, halte Koppers’ Vorgehen jedoch für zwingend geboten. Zwar hätte die Generalstaatsanwältin es bei einer behördeninternen Prüfung belassen können. Damit hätte sie sich aber selbst dem Verdacht ausgesetzt, ein gravierendes Fehlverhalten der Berliner Staatsanwaltschaft unter den Teppich kehren zu wollen.

Zur Person

Michael Bertrams (72) war bis 2013 Präsident des Verfassungsgerichtshofs NRW. Er schreibt über aktuelle Streitfälle sowie rechtspolitische und gesellschaftliche Entwicklungen.

Abgesehen davon war es gerade vor dem Hintergrund des seit Jahren grassierenden öffentlichen Misstrauens wegen der nicht aufgeklärten Serie rechtsextremer Brandanschläge angezeigt, dass Koppers die „zutage getretenen Umstände“ öffentlich gemacht und die Ermittlungen an sich gezogen hat. Es ist unbedingt erforderlich, der Öffentlichkeit zu demonstrieren: Die strikte politische Neutralität der Strafverfolgung ist ein Kernelement rechtsstaatlicher Strafrechtspflege. Daran darf es in einem Rechtsstaat keinen Zweifel geben.

Der gegen die betroffenen Staatsanwälte gerichtete Verdacht ist zwar bislang – wie ihre Vorgesetzte ausdrücklich betont – durch nichts bewiesen. Trotzdem ist ein noch so vager Verdacht, die Berliner Behörde könnte rechtsextremistische Täter aus Gründen politischer Gesinnung vor strafrechtlicher Verfolgung bewahrt haben, in einem Rechtsstaat ein so ungeheuerlicher Verdacht, dass ein öffentliches Einschreiten der Generalstaatsanwältin unumgänglich war.  

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