Wirbel in SüdafrikaPolitiker singt vor Tausenden „Töte den Buren, töte den Farmer“ – Musk mischt sich ein

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Julius Malema, Parteichef der „Economic Freedom Fighters“, hat in Südafrika bei einer Parteiveranstaltung den umstrittenen Song „Kill the Boers“ angestimmt. Auch Elon Musk hat sich nun eingeschaltet.

Julius Malema, Parteichef der „Economic Freedom Fighters“, hat in Südafrika bei einer Parteiveranstaltung den umstrittenen Song „Kill the Boers“ angestimmt. Auch Elon Musk hat sich nun eingeschaltet.

Ein Wahlkampfauftritt von Julius Malema und der Partei EFF führt zu scharfer Kritik. Auch Multimilliardär Elon Musk meldet sich zu Wort.

Ein Wahlkampfauftritt eines südafrikanischen Politikers hat zu Irritationen und scharfer Kritik geführt – und eine Reaktion von Multimilliardär Elon Musk provoziert. Der Vorsitzende der Partei „Echonomic Freedom Fighters“ (EFF), Julius Malema, hatte am letzten Samstag bei einer Jubiläumsveranstaltung der EFF ein bei der Schwarzen Bevölkerung in Südafrika bekanntes Lied angestimmt, das die Zeilen: „Schieße, um zu töten, töte den Buren, töte den Farmer“ enthält.

Südafrika: Politiker stimmt „Schieße, um zu töten, töte den Buren, töte den Farmer“ an

Laut der südafrikanischen Zeitung „Times“ gilt der Song als Protestlied, das auf die rassistischen Gräueltaten zurückgeht, die Schwarzen in der Vergangenheit während der Apartheid in Südafrika angetan wurden. Als Buren werden etwa seit Ende des 18. Jahrhunderts die Afrikaans sprechenden europäischstämmigen Einwohner Südafrikas und Namibias bezeichnet. Bei der Veranstaltung zeigte Malema auch Sympathien für den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Südafrika hat bisher wegen des Krieges gegen die Ukraine nicht mit Russland gebrochen.

Videos des Auftritt Malemas, der das Lied vor rund 100.000 Menschen in einem Fußballstadion angestimmt hatte, wurden in der Folge in sozialen Netzwerken verbreitet – und führten dort zu scharfer Kritik an der EFF. Die gemäßigte Opposition in Südafrika warf der EFF vor, Hassbotschaften zu verbreiten.

„Ein Parlamentsabgeordneter, der die Ermordung eines gesamten Teils der Gesellschaft fordert, ist doch nicht normal. Wir werden Julius Malemas Faschismus frontal entgegentreten“, sagte Oppositionsführer John Steenhuisen am Montag. Seine Democratic Alliance (DA), die zweitgrößte Partei des Landes, wirft der EFF Hetze vor.

Südafrika: Scharfe Kritik an Gesangseinlage von Julius Malema

Mit Nelson Mandela hätten die Südafrikaner in Vergangenheit Versöhnung gewählt und so einen Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen verhindert. „Doch am vergangenen Wochenende erlebten wir die Rückkehr eines Dämons, den wir glaubten, 1994 begraben zu haben“, erklärte Steenhuisen.

Die EFF ist mit knapp elf Prozent der Stimmen bei der letzten Wahl drittstärkste Kraft in Südafrika geworden und legt ihre Finger regelmäßig in offene Wunden des Landes. So fordert Malema etwa die entschädigungslose Enteignung von Land, Banken und Bergwerken. Vor Gericht musste sich der Polit-Rebell wiederholt für seine Äußerungen gegen die weiße Minderheit verantworten.

2022 urteilte Südafrikas „Gerichtshof für Gleichstellung“, dass es sich bei „Kill the Boer“ nicht um Volksverhetzung handele. Nun betonte EFF-Sprecher Sinawo Tambo, es sei ein „Befreiungslied, um an die Geschichte von Südafrikas Kampf gegen Kolonialismus und Apartheid zu erinnern“.

Südafrika: Elon Musk spricht von „Genozid an Weißen“

Widerspruch gab es dafür vom Geschäftsführer des südafrikanischen Farmerbundes AgriSA. Malema liege falsch, wenn er glaube, im Land mit der ungerechtesten Einkommensverteilung der Welt wirtschaftliche Emanzipation herbeisingen zu können, erklärte Chris van der Rheede. Das Gegenteil sei von Malemas Hassbotschaft zu erwarten: „Noch mehr Armut, Elend und Hunger.“

Oppositionsführer Steenhuisen macht nun auch der regierenden Partei „African National Congress“ (ANC) Vorwürfe. Die ehemalige Befreiungsbewegung von Nelson Mandela regiert das Land seit 1994. Im Frühjahr soll am Kap erneut gewählt werden. Dabei droht der angeschlagenen Partei erstmals in der Geschichte des demokratischen Südafrika der Verlust der Mehrheit.

Trotz vieler Fortschritte leben immer noch mehr als die Hälfte der Südafrikaner von weniger als 80 Euro pro Monat. Arbeitslosigkeit und Kriminalität grassieren weiterhin im Land am Kap der Guten Hoffnung.

Julius Malema antwortet Elon Musk: „Du laberst Scheisse“

Am Montag kündigte Steenhuisen an, sowohl gegen Malema als auch den ANC eine Klage vor dem UN-Menschenrechtsrat einzubringen. Das Genfer Gremium müsse Malemas Aufrufe zu „ethnischer Gewalt“ stoppen und den ANC an seine Pflicht erinnern, Minderheiten zu schützen. Malema erklärte in einer ersten Stellungnahme: „Versuch's doch, kleiner Junge.“

Ähnlich trotzig zeigte sich Malema dann auch am Donnerstag, als ich Multimilliardär Elon Musk, dessen Familie aus Südafrika stammt, zu Wort meldet und der EFF im Kurznachrichtendienst X vorwarf, einen „Genozid an Weißen“ zu planen. Musk forderte den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa auf, Stellung zu den Gesängen der EFF zu nehmen. Das tat Ramaphosa bisher nicht – aber Malema antwortet Musk weniger später auf X. „O bolela masepa“, schrieb der EFF-Parteichef, was so viel wie „Du laberst Scheisse“ bedeutet.

Südafrika: Es gibt auch versöhnliche Töne von EFF-Chef Julius Malema

Der Parteichef zeigte sich in der Vergangenheit aber durchaus auch schon versöhnlicher, was bei seinen Kritikern oft unerwähnt bleibt. „Die Weißen wissen, dass es nie zu einem Bürgerkrieg in Südafrika kommen wird. Die Weißen wissen, dass wir sie niemals töten werden. Sie haben einfach nur Angst vor dem, was das Wort ‚Gleichberechtigung‘ bedeutet“, hatte Malema im Jahr 2019 erklärt.

Morde an Farmern hat es in der Vergangenheit in Südafrika unterdessen gegeben. „Es gibt Morde an Farmern. Aber das ist erstens kein neues Phänomen – die meisten Morde gab es 2002, damals wurden 140 Farmer umgebracht“, erklärte Gareth Newman vom Institute for Security Studies in Pretoria im Jahr 2019 bereits im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“.

Südafrika: Zahl der Morde an Farmern rückläufig – auch Schwarze betroffen

Die Zahl der Mordfälle sei „seitdem zurückgegangen, im Jahr 2018 waren es 64“, zudem seien es „nicht nur Weiße, die ermordet werden“, führte Newman aus. In rund 30 Prozent der Fälle seien Schwarze von den Gewalttaten betroffen. Zudem seien die Motive der Täter „nicht politisch“. Für die Jahre 2019 und 2020 wurden jeweils 47 und 49 Morde an Farmern von südafrikanischen Behörden registriert. (mit kna)

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