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Interview

Sachsen-Anhalts CDU-Spitzenkandidat
Sven Schulze: „Wir werden nicht mit der AfD koalieren“

4 min
Sven Schulze, designierter CDU-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, schließt jegliche Zusammenarbeit mit der AfD aus.

Sven Schulze, designierter CDU-Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, schließt jegliche Zusammenarbeit mit der AfD aus.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) tritt zur Landtagswahl 2026 nicht mehr an. Stattdessen soll Wirtschaftsminister Sven Schulze kandidieren – er teilt Haseloffs Haltung zur AfD.

Sven Schulze wurde in Quedlinburg am Fuße des Harzes geboren. Heute ist der 46-Jährige in Sachsen-Anhalt CDU-Landesvorsitzender sowie Wirtschafts- und Landwirtschaftsminister. Ob er auch das Zeug zum Regierungschef hat, wird bezweifelt. Im Interview auf der Dachterrasse der Magdeburger CDU-Landesgeschäftsstelle versucht Schulze, die Skepsis zu entkräften.

Herr Schulze, Sie sollen als Spitzenkandidat der CDU bei der Landtagswahl antreten. Es gibt aber viele Leute, die Ihnen das nicht so richtig zutrauen und sagen, Ministerpräsident Reiner Haseloff wäre eigentlich der bessere Kandidat. Was sagen Sie denen?

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und ich arbeiten hier in Sachsen-Anhalt seit vielen Jahre eng zusammen. Und ich führe mit dem Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium ein sehr großes Haus. Es ist auch ganz normal, dass Reiner Haseloff wegen seines hohen Bekanntheitsgrades und seiner Lebensleistung für Sachsen-Anhalt in der Bevölkerung ein sehr großes Vertrauen genießt. Zugleich hat der Ministerpräsident den Menschen in unserem Land signalisiert, dass er großes Vertrauen in mich hat. Und auch die Partei wird mich im Wahlkampf sehr unterstützen. Wir haben dieses Land über Jahrzehnte gut regiert und nach 1990 gemeinsam mit den Menschen hier Schritt für Schritt wieder aufgebaut. Das möchte ich gerne fortsetzen.

Was wollen Sie konkret tun, um Haseloffs Vorsprung auszugleichen?

Reiner Haseloff war 2011 in einer ähnlichen Situation wie ich jetzt. Es geht deshalb jetzt erst einmal darum, das Interesse der Leute zu wecken. Außerdem wird es darauf ankommen, neben der eigentlichen Arbeit, die ich hier als Minister natürlich weiterhin sehr engagiert machen werde, viel im Land unterwegs zu sein. Sachsen-Anhalt ist meine Heimat. Ich bin hier geboren und aufgewachsen und kenne dieses Land sehr gut. Deshalb weiß ich, dass viele Menschen ein großes Interesse daran haben, mit mir ins Gespräch zu kommen. Auch wird der Wahlkampf keine One-Man-Show werden. Wir werden als großes Team auftreten und haben das Ziel, möglichst alle Wahlkreise zu gewinnen, so wie bei der letzten Wahl. Und wir wissen, dass die CDU hier ein großes Potenzial hat und das am Ende des Tages auch ausschöpfen kann.

Dabei sitzt Ihnen die AfD im Nacken. Herr Haseloff hat immer gesagt, mit denen machen wir überhaupt nichts. Was sagen Sie?

Was dieses Thema angeht, unterscheidet mich von Reiner Haseloff gar nichts.

Das heißt, mit Ihnen wird es keine Koalition und keine von der AfD tolerierte Minderheitsregierung geben.

Ich bin da ganz klar: Wir werden nach der Landtagswahl nicht mit der AfD koalieren oder zusammenarbeiten. Darüber wird es überhaupt keine Diskussionen geben. Gleichermaßen muss unsere Aufgabe aber auch sein, die vielen Themen, die die Wählerinnen und Wähler der AfD interessieren, stärker zu bespielen. Wir dürfen sie nicht ignorieren. Mir geht es darum, all jene, die früher CDU gewählt haben, zurückzugewinnen. Im Übrigen fällt mir kein Thema ein, zu dem wir keine Antwort haben und auf die AfD oder irgendeine andere Partei angewiesen wären.

Und was sagen Sie denen in der eigenen Landespartei, die finden, man sollte mit der AfD doch etwas machen?

Wir sind ein stabiles Land, und wir wollen ein stabiles Land bleiben. Das geht nicht mit einer Partei wie der AfD, die ausschließlich das Interesse verfolgt, das Land zu destabilisieren. Das gilt übrigens für Parteien ganz links genauso. Wir brauchen eine Allianz der Mitte, angeführt von der CDU. Dafür stehe ich, und dafür werbe ich.

Welche ist nach der Wahl eine realistische Regierungsoption?

Es geht jetzt nicht darum, zu sagen, was die nächste Regierungsoption ist. Denn wir hatten auch nach der Wahl 2021 drei verschiedene demokratische Optionen, obwohl uns das Gegenteil vorhergesagt wurde. Seither haben wir eine sehr erfolgreiche Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP. Wir liegen deshalb genau richtig damit, im Wahlkampf erstmal unsere eigenen Themen zu setzen.

Was erwarten Sie dabei von der Bundes-CDU?

Friedrich Merz und Carsten Linnemann melden sich im Wochentakt. Da sprechen wir über Themen, mit denen wir in Ostdeutschland punkten können. Am Ende ist es wichtig, dass die Bundesregierung durch ihre Arbeit in allen Bereichen sukzessive Vertrauen bei der Bevölkerung zurückgewinnt. Vor allem das Vertrauen in die Berliner Politik, was unter der Ampel verloren gegangen ist. Das wäre dann der Rückenwind, den wir in den anstehenden Landtagswahlen gut gebrauchen können.

Was folgt daraus für die Gegenwart?

Heute sagen die Menschen zurecht, dass es jemandem, der arbeitet, besser gehen muss als jemandem, der nicht arbeitet. Deswegen ist das Thema Bürgergeld hier in Ostdeutschland und damit einhergehend soziale Gerechtigkeit ein ganz spezielles Thema. Wir wollen Menschen, die in Schwierigkeiten stecken, nicht schlechter stellen. Doch wer morgens aufsteht und arbeiten geht, dem muss es immer besser gehen als den anderen.

Sie haben Ostdeutschland selbst mehrfach angesprochen. Wie speziell ostdeutsch muss Ihr Wahlkampf werden? Und wie viel Rücksicht auf ostdeutsche Belange sollte die Bundesregierung nehmen?

Ich selbst bin sehr stolz auf meine Heimat Sachsen-Anhalt. Wir haben hier alle gemeinsam wirklich viel erreicht. Wer das nicht glaubt, den lade ich gern zu mir ein und zeige ihm die Bilder, aufgenommen 1989 in meiner Geburtsstadt Quedlinburg. Ähnliche Bilder gibt es aus Bitterfeld, Magdeburg, Halle oder Dessau. Viele Menschen waren damals schnell arbeitslos und ohne kurzfristige Perspektive in ihrer Heimat. Heute haben wir für jeden, der arbeiten will, ein gutes Angebot, und kein Schüler muss die Schule verlassen, ohne sofort einen Ausbildungsplatz angeboten zu bekommen. Fakt ist aber auch, dass die Ängste bei den Menschen hier im Osten größer sind. Sie sorgen sich, dass alles, was aufgebaut wurde, wieder weg sein kann. Das wird auch Thema für mich hier im Wahlkampf sein. Wenn Sie so wollen, ist das bei uns im Osten Deutschlands etwas anders als im Rest der Republik.