Nach Wladimir Putins Absage an Gespräche in Istanbul bekommt Europa wütende Schimpftiraden aus Moskau zu hören.
Wut in Moskau nach Putin-Absage„Merz und Macron werden auf Knien um Vergebung betteln“

Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) zusammen mit Außenminister Sergej Lawrow. (Archivbild).
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Der selbst nicht zu den Friedensverhandlungen in Istanbul angereiste russische Außenminister Sergej Lawrow befeuert das Treffen aus Moskau mit scharfen Kommentaren. So bezeichnete er der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem öffentlichen Auftritt in Moskau als „erbärmlich“, weil dieser die Anwesenheit von Kremlchef Wladimir Putin bei den Verhandlungen gefordert hatte.
„Selenskyj erklärt, er verlange, dass Putin persönlich kommt. Was für ein erbärmlicher Mensch!“, zitierten russische Staatsmedien den dienstältesten russischen Minister, der sich auch noch an einer Belehrung Selenskyjs versuchte: „Professionell bedeutet, nicht wie Selenskyj ins Mikrofon zu schreien und zu verlangen, dass Putin persönlich zu mir kommt, sondern echte Arbeit zu leisten“, echauffierte sich Lawrow. Erneut sprach Moskaus Top-Diplomat auch von „purem Nazismus“ in Bezug auf die ukrainische Regierung um Selenskyj.
Sergej Lawrow attackiert den Westen
Auch für Berlin, Paris und London und den ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden hatte Lawrow böse Worte übrig. Die ehemalige US-Regierung habe Europa gegen Russland vereint und Japan und Südkorea miteingebunden, um „all diese Staaten gegen Russland aufzuhetzen“, behauptete er bei seiner wütenden Tirade.
„Es gibt eine Menge Anzeichen dafür, dass weder Berlin noch Paris und Brüssel und schon gar nicht London überhaupt einen Frieden in der Ukraine wollen“, meinte der 75-Jährige außerdem. Die von den Europäern forcierten Initiativen für eine Sicherung des Friedens in der Ukraine etwa durch die Stationierung von Truppen lehnte Lawrow einmal mehr strikt ab.
Russisches Außenministerium: „Wie die gelben Sterne der Nazis“
Außenamtssprecherin Maria Sacharowa fand unterdessen noch drastischere Worte – und stellte die angebliche „Russophobie“ des Westens in direkten Zusammenhang mit der Nazi-Zeit in Deutschland. „Das Ausmaß an Russophobie ist mit nichts anderem zu vergleichen als mit den Aktionen der Faschisten und Nazis im ersten Drittel und in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts“, erklärte die Regierungssprecherin am Donnerstag.
„Das Einzige, was noch fehlt, ist die Zuweisung einer Art von Erkennungszeichen für russische Nutzer, wie die gelben Sterne der Nazis, mit denen die jüdische Bevölkerung im Dritten Reich ausgegrenzt wurde“, führte Sacharowa aus, die zuletzt ebenso wie ihr Chef Lawrow immer wieder mit Nazi-Vergleichen um sich geworfen hat.
Putins Propaganda-TV dreht auf: „Wir wollen, dass ihr Angst habt“
Auch die Propaganda-Medien in Russland folgen der martialischen Linie des Kremls: So bezeichnete der TV-Moderator Wladimir Solowjow in seiner jüngsten Sendung den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz als Nachfahren der Nazis und prophezeite, Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würden in Zukunft nach Russland kommen, „um auf die Knie zu fallen und um Vergebung zu betteln.“
Angesichts europäischer Ultimaten gegenüber Moskau erklärte Solowjow derweil: „Unsere Raketen brauchen 15 Minuten, um jeden Teil eurer wertlosen Länder zu erreichen.“ Europa verdiene die russische „Verachtung“, polterte der prominente Moderator weiter. „Wir brauchen keine Liebe von euch, wir wollen, dass ihr Angst davor habt, wenn die russischen Raketen fliegen.“
Die Gespräche in Istanbul hatte Putin unterdessen selbst vorgeschlagen. Damit konterte er Forderungen Selenskyjs und mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs, darunter auch Bundeskanzler Merz, nach einer Waffenruhe. Selbst nimmt Putin an den Gesprächen allerdings nicht teil, schickte stattdessen mit Wladimir Medinski einen Berater, der politisch eher zur zweiten Reihe in Moskau gehört. Diesen Gesprächen müsse man eine Chance geben, auch wenn es keine Erfolgsgarantie gebe, erklärte Lawrow dazu. (mit dpa)