Trotz 120.000 Euro GehaltJeder vierte EU-Politiker hat einen bezahlten Nebenjob – bei deutschen Abgeordneten jeder dritte

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Geldscheine mit dem Wert von 100 und 50 Euro und Münzen liegen auf einem Tisch. (Symbolbild)

Laut einer Analyse von Transparency International gehen die Verdienste von Politikerinnen und Politikern im Europäischen Parlament manchmal sogar in die Millionen.(Symbolbild)

Abgeordneter im EU-Parlament ist eigentlich ein Vollzeitjob, doch viele Politikerinnen und Politiker stocken mit Nebeneinkünften auf.

Viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben mindestens einen bezahlten Nebenjob. Das geht aus einer Analyse der Organisation Transparency International hervor. Demnach haben mindestens 180 Politikerinnen und Politiker, also mehr als jeder Vierte, Nebeneinkünfte beim Parlament angegeben. Bei den deutschen Abgeordneten ist es sogar jeder Dritte.

„Die Ergebnisse sind nicht überraschend“, sagte Raphael Kergueno von Transparency International in Brüssel dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Schließlich hätten es die Abgeordneten nach den Enthüllungen über mutmaßliche Schmiergeldzahlungen aus Katar versäumt, strengere Regeln für Nebentätigkeiten zu beschließen.

„Abgeordnete können nach wie vor lukrativen oder einflussreichen Nebentätigkeiten nachgehen und werden auch intern kaum auf mögliche Interessenskonflikte überprüft“, sagt Kergueno. Daran habe sich trotz zahlreicher Skandale beschämenderweise nichts geändert.

Trotz sehr guter Bezahlung haben viele Abgeordnete des Europäischen Parlaments eine Nebentätigkeit

Unter den 20 Abgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften sind auch einige Deutsche. So kassiert Manfred Weber (CSU) 170.000 Euro im Jahr, allerdings handelt es sich dabei um seine Bezüge als EVP-Parteivorsitzender. Engin Eroglu (Freie Wähler) aus Hessen folgt mit 100.000 Euro, Angelika Niebler (CSU) mit 95.000 Euro und Monika Hohlmeier (CSU) mit 76.000 Euro. Die Einkünfte stammen unter anderem aus Beratertätigkeiten, der Vermietung von Immobilien oder der Mitgliedschaft in Aufsichtsräten.

Dabei werden die Abgeordneten für ihre Vollzeittätigkeit im EU-Parlament gut bezahlt: 10.075,18 Euro vor Abzug eines geringen Steuerbetrags erhalten die Politikerinnen und Politiker monatlich. Hinzu kommen verschiedene Pauschalen, die die Einkünfte auch nach Steuern auf einen fünfstelligen Betrag anwachsen lassen.

Die meisten Nebenjobs haben Europaabgeordnete der Mitte und der Rechten. 16 der 20 höchsten Nebenverdienste entfallen auf Abgeordnete der konservativen und rechten Fraktionen (EVP, ECR, ID und drei rechte, fraktionslose Abgeordnete). Spitzenreiter mit mehr als drei Millionen Euro ist der Litauer Viktor Uspaskich, der 2021 wegen homophober Äußerungen aus der liberalen Renew-Fraktion geworfen wurde und seitdem als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament sitzt. Uspaskich ist Eigentümer eines großen litauischen Lebensmittelkonzerns und verdient dort Millionen.

Transparency International kritisiert zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Delegation

Transparency International kritisiert aber auch zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Delegation und befürchtet einen Interessenkonflikt. Der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) hatte Finanzberatungen für Banken angeboten, während er an der Überarbeitung einer Finanzmarktrichtlinie mitarbeitete. Ferber wies die Vorwürfe zurück. „Die Behauptung von Transparency International, ich hätte Banken Beratungsdienstleistungen angeboten, ist nicht zutreffend“, sagte er dem RND. Das Parlament habe sich den Vorwurf eines vermeintlichen Interessenkonflikts angeschaut und kein Fehlverhalten festgestellt, betonte er.

Der CDU-Politiker Axel Voss war am EU-Gesetz zur künstlichen Intelligenz beteiligt, sitzt aber gleichzeitig im Datenschutzbeirat der Telekom. Auf Anfrage des RND teilt er mit, der Beirat sei ein unabhängiges Gremium, das bei der Umsetzung der DSGVO berate. Es handele sich um ein abgeschlossenes Gesetzgebungsverfahren.

Transparency International hofft auf die Einsicht der Abgeordneten, dass lukrative Nebenjobs die Demokratie in Europa gefährden. „Vor den Europawahlen müssen die Abgeordneten den Bürgerinnen und Bürgern versprechen, für sie zu arbeiten, und sich verpflichten, diese Nebentätigkeiten ein für alle Mal zu verbieten“, sagt Kergueno. (rnd)

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