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„Regelrechte Russophobie“Moskau geht auf Pistorius und Europa los – und plant angeblich extremes Kriegsbudget

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Russlands Außenminister Sergej Lawrow schaut in die Kamera. Im Vordergrund ist Kremlchef Wladimir Putin unscharf zu sehen. (Archivbild)

Russlands Außenminister Sergej Lawrow schaut in die Kamera. Im Vordergrund ist Kremlchef Wladimir Putin unscharf zu sehen. (Archivbild)

Am Mittwoch soll es erneut Gespräche zwischen Ukraine und Russland geben. Bereits vorher macht Moskau seine Position jedoch überdeutlich.

Die Ukraine und Russland treffen sich erneut zu Gesprächen in Istanbul, das bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. „Natürlich wird das ein sehr schwieriges Gespräch“, sagte Peskow mit Verweis auf die ausgetauschten Positionspapiere der Kriegsparteien. Zuletzt war im Kreml von „diametral“ gegenüberliegenden Standpunkten die Rede gewesen. Deshalb sind die Erwartungen an das nun dritte Treffen der Delegationen beider Länder gering.

Für die Ukraine sei die Ausweitung von Gefangenenaustauschen und die Rückholung von Kindern vorrangig, die Russland aus den besetzten Gebieten verschleppt habe, dämpfte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor den Gesprächen die Erwartungen.

Sergej Lawrow teilt gegen Boris Pistorius aus

Russlands Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich am Dienstag derweil kein bisschen kompromissbereit – bei einer Pressekonferenz attackierte Moskaus Top-Diplomat erneut den Westen, insbesondere aber auch Deutschland und Verteidigungsminister Boris Pistorius.

Lawrow blieb dabei den russischen Narrativen treu. Er behauptete erneut, im Westen sei es zu einem „Wiederaufleben des Nationalsozialismus“ gekommen. Das könne von Russland jedoch „nicht zugelassen werden“, fügte der dienstälteste russische Minister an.

Schrille Töne aus Moskau: „Geiste der Goebbels-Propaganda“

Mit Blick auf den Westen sprach Lawrow von „regelrechter Russophobie“, die vom „Geiste der Goebbels-Propaganda inspiriert“ sei. Die Deutschen hätten die Lehren aus der Geschichte vergessen, hieß es weiter aus Moskau. Bei seinen mitunter wirren Ausführungen ging Lawrow besonders auf die jüngsten Aussagen von Pistorius und von Christopher Donahue, dem Kommandeur der US-Armee in Europa und Afrika, ein.

Während Pistorius zuletzt versichert hatte, dass deutsche Soldaten im Ernstfall bereit seien, russische Soldaten zu töten, hatte Donahue erklärt, die US-Armee und die Nato seien in der Lage, die russische Exklave Kaliningrad in Rekordtempo einzunehmen. Beide Äußerungen kamen in Moskau nicht gut an – schnell folgten die mittlerweile üblichen Drohungen mit Atomwaffen und einem Dritten Weltkrieg.

Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister, nimmt an einem Pressestatement nach der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt teil.

Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister, nimmt an einem Pressestatement nach der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt teil.

Nun äußerte sich auch Lawrow: Die Worte von Pistorius und Donahue seien „für jeden normalen Menschen“ ein „sehr alarmierendes Zeichen“ dafür, dass in Brüssel, Berlin, Paris und London aggressive Pläne „ausgeheckt“ würden, behauptete der Minister. Einen Beleg für seine Theorie lieferte Lawrow – wie üblich bei derartigen russischen Verschwörungstheorien – nicht.

Moskau bekräftigt: „Russland wird all seine Ziele erreichen“

Russland werde sich davon jedoch nicht aufhalten lassen, drohte Lawrow indessen. Der 75-Jährige unterstrich so erneut, dass bei den Verhandlungen in Istanbul kein Durchbruch zu erwarten ist. „Russland wird all seine Ziele erreichen“, bekräftigte der Außenminister.

Europa solle sich daher ein Beispiel an US-Präsident Donald Trump nehmen, der nach seinem Amtsantritt zunächst eine „vernünftige Herangehensweise“ gezeigt habe, so Lawrow. Inzwischen sei der US-Präsident jedoch von den Europäern zu einem Kurswechsel gedrängt worden, während Europa massiv aufrüste, behauptete Lawrow mit Blick auf Trumps zunächst wenig entschlossene Haltung gegenüber Kremlchef Wladimir Putin außerdem.

Ukrainischer Geheimdienstchef warnt vor Militärbudget

Während Moskau die westliche Aufrüstung weiterhin als Vorbereitung zu einem Angriffskrieg umdeutet, obwohl sie eigentlich als Reaktionen auf Russlands imperialistische Expansionspläne geschieht, scheint Moskau selbst massive Ausgaben für das eigene Militär zu planen. Davor warnte nun zumindest der Chef der ukrainischen Militärgeheimdienste, Kyrylo Budanow.

„In der Russischen Föderation findet eine umfassende Mobilisierung der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft statt, um sich auf einen zukünftigen Krieg großen Ausmaßes vorzubereiten“, warnte der Geheimdienstchef gegenüber Reportern in Kyjiw.

Kyrylo Budanow ist der Chef der ukrainischen Militärgeheimdienste. (Archivbild)

Kyrylo Budanow ist der Chef der ukrainischen Militärgeheimdienste. (Archivbild)

Russland plane demnach bis 2036 rund 1,1 Billionen US-Dollar (rund 938 Milliarden Euro) in Aufrüstung zu stecken, führte Budanow aus. Es handele sich um das größte Rüstungsprogramm seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, warnte der Geheimdienstchef weiter. Die Aufstellung neuer Divisionen und Militäreinheiten sei in Moskau ebenfalls bereits in Planung.

Budanow: „Ambitionen beschränken sich nicht auf die Ukraine“

„Moskau zielt darauf ab, den Ländern seine eigene Vision einer zukünftigen Weltordnung aufzuzwingen, in der ‚große‘ Staaten, allen voran die Russische Föderation, die volle Macht besitzen, ein Monopol auf alle kritischen Ressourcen haben und in einem geschlossenen Kreis über das Schicksal der Welt entscheiden“, umriss der in der Ukraine populäre Geheimdienstchef seine Erkenntnisse über die russischen Planungen.

Budanow hatte bereits in der Vorwoche beim Besuch von Trumps Sondergesandten Keith Kellogg in der Ukraine deutliche Worte gefunden – und vor Russlands aggressiven Plänen gewarnt. „Die imperialen Ambitionen des Kremls beschränken sich nicht auf die Ukraine – sie erstrecken sich auf ganz Europa“, erklärte Budanow.

Mit westlicher Unterstützung könne die Ukraine dieses Vorhaben Moskau jedoch durchkreuzen, versicherte der Geheimdienstchef und fügte an: „Russland erkennt nur Gewalt an – und nur durch Gewalt werden wir einen dauerhaften Frieden erreichen.“