„Ich weiß, in Deutschland ist das üblich“Lawrow poltert mit grotesker Behauptung gegen Reporter

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Sergej Lawrow bei der Abschlusspressekonferenz des OSZE-Treffens in Skopje. Der russische Außenminister ist dort mit einem Reporter der „Deutschen Welle“ aneinandergeraten.

Sergej Lawrow bei der Abschlusspressekonferenz des OSZE-Treffens in Skopje. Der russische Außenminister ist dort mit einem Reporter der „Deutschen Welle“ aneinandergeraten.

Nicht nur beim OSZE-Treffen war Russlands Außenminister auf Konfrontationskurs, sondern auch bei der Pressekonferenz danach.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow ist im Rahmen einer Pressekonferenz rund um das Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im nordmazedonischen Skopje mit einem Journalisten der „Deutschen Welle“ aneinandergeraten. Das berichtet die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria und veröffentlichte ein Video der Szene. Auch der Kiewer Regierungsberater Anton Geraschtschenko veröffentlichte die Szene im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter)

Bei der Pressekonferenz im Anschluss an das OSZE-Treffen hatte Lawrow erklärt, das Ergebnis des Gipfels sei ihm „gleichgültig“. Daraufhin hatte der „Deutsche Welle“-Reporter, der nicht namentlich genannt wird, seine Frage an Lawrow mit der Formulierung, der russische Außenminister „glaube nicht an eine gute Zukunft für die OSZE“ begonnen – und so eine Belehrung des Russen provoziert.

Sergej Lawrow poltert bei Pressekonferenz: „Zitieren Sie mich richtig!“

„Ich weiß nicht, wo sie ihre Ausbildung als Journalist herhaben, bitte zitieren Sie mich richtig“, fuhr Lawrow den Reporter an. „Ich weiß, dass es in Deutschland üblich ist, dass Mitglieder der Regierung den Journalisten vorkauen, was sie schreiben sollen“, behauptete Lawrow weiter. „Wir respektieren unsere Journalisten ein wenig, wir verlassen uns auf ihre Fantasie, wie sie die Ergebnisse der Pressekonferenz darstellen“, polterte Russlands Chefdiplomat weiter.

Die Behauptung Lawrows wirkt angesichts der Situation für Journalisten in Russland grotesk. Die russischen Medien gelten fast ohne Ausnahmen als gleichgeschaltet und vom Kreml beeinflusst. Unabhängige Medienprojekte wurden verboten – und sind nur noch im Exil aktiv.

Lawrows groteske Behauptung: Morde und gleichgeschaltete Presse in Russland

Journalisten fallen in Russland zudem oft Mordanschlägen zum Opfer. Einer der bekanntesten Fälle ist die Ermordung Journalistin und Putin-Kritikerin Anna Politkowskaja am Geburtstag des Kremlchefs im Jahr 2006.

Im Mai 2021 rangierte Russland auf Platz 150 von 180 des Index der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine wurde die Medienfreiheit in Russland noch weiter eingeschränkt. Zuletzt verhängte der Kreml ein Verbot für jegliche Inhalte, die Homosexualität darstellen.

Sergej Lawrow: Russischer Außenminister nutzt OSZE-Treffen für Wutrede

Lawrow hatte seinen Auftritt beim OSZE-Treffen zuvor bereits für Konfrontation genutzt. Zunächst hatte der russische Außenminister eine Wutrede gehalten – und danach den Saal prompt wieder verlassen. Dann nutzte Lawrow das Treffen in Skopje erneut dafür, der Ukraine die Schuld an Russlands Angriffskrieg zu geben.

„Wir sehen weiter keine Signale – weder aus Kiew noch seitens seiner Lehrmeister (im Westen) -, dass sie zu irgendeiner politischen Lösung bereit sind“, sagte Lawrow am Freitag zum Abschluss des Treffens. „Damit der politische Prozess beginnt, braucht es zwei wie beim Tango, aber die Leute auf der einen Seite tanzen keinen Tango, sondern Breakdance. Da ist ein Solo nötig.“

Zuvor hatte Lawrow allerdings auch bekräftigt, es gebe für Russland keinen Grund, die eigenen Kriegsziele zu „revidieren“. Der Westen fordert den Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, erst dann sei der Weg für Verhandlungen frei.

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