Trumps „Friedensplan“ sorgt für Wirbel im Westen – und soll geändert werden. Derweil deutet nichts darauf hin, dass Moskau Frieden will.
Radikale Reaktionen in Russland„Ukraine wird vollständig uns gehören“ – Ist Trumps Plan bereits gescheitert?

Wladimir Putin ist zuletzt mal wieder in Uniform aufgetreten. In Russland werden derartige Auftritte des Kremlchefs meist als Signal interpretiert. (Archivbild)
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Der neuste „Friedensplan“ von US-Präsident Donald Trump hat nicht nur in der Ukraine, Europa und innerhalb der US-Regierung für Wirbel gesorgt, sondern scheint obendrein in Russland keine Kompromissbereitschaft bewirkt zu haben. Kremlchef Wladimir Putin erklärte zwar in einer ersten Reaktion, dass Moskau grundsätzlich zu Friedensgesprächen bereit sei, fügte jedoch hinzu, dass Russland seine Ziele auch militärisch erreichen könne. Der 28-Punkte-Plan aus den USA könne aber eine „Grundlage“ für weitere Verhandlungen sein, erklärte Putin.
Kreml reagiert verhalten auf Donald Trumps „Friedensplan“
Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte derweil, dass Moskau den Entwurf auf offiziellem Weg noch nicht erhalten habe. Dass der im Westen viel kritisierte amerikanische „Friedensplan“ in seiner ursprünglichen Form im Kreml eintreffen wird, scheint seit Sonntag jedoch ohnehin unwahrscheinlich zu sein.
Nach Gesprächen zwischen amerikanischen, ukrainischen und europäischen Delegationen in der Schweiz erklärte US-Außenminister Marco Rubio, dass einige der ukrainischen Änderungswünsche in den Plan einfließen sollen.
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Marco Rubio sorgt für Wirbel: „Russlands Wunschliste“
Zuvor hatte Rubio bereits für Wirbel gesorgt: Einige US-Senatoren berichteten über ein Gespräch mit dem Außenminister, der eingeräumt habe, dass der Entwurf in Wahrheit „Russlands Wunschliste“ und kein amerikanischer Vorschlag gewesen sei, wie Senator Angus King erklärte.
Kurz darauf versuchte Rubio, die Wogen zu glätten: Es handele sich um einen US-Entwurf, versicherte der Außenminister, der Berichten zufolge erst spät über die Entwicklung des Plans informiert wurde. Demnach sollen Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Sonderbotschafter Steve Witkoff, Vizepräsident J. D. Vance sowie Putins Sonderbotschafter Kirill Dmitrijew hinter dem Plan stecken, der in seiner ursprünglichen Form nun bereits Geschichte zu sein scheint.
Europa drängt auf Änderungen am US-Entwurf
Von europäischer Seite sickerten zudem gleich zwei ähnlich lautende Gegenentwürfe durch – einer bei Reuters, der andere beim britischen „Telegraph“. Beide zielen auf deutliche Änderungen des US-Plans ab, vor allem was die Zukunft von ukrainischen Gebieten, Sicherheitsgarantien, Restriktionen für Kyjiws Armee und westliche Sicherheitsgarantien betrifft.
Während Moskau sich zu Trumps Plan, der zu großen Teilen aus russischen Wünschen bestand, zunächst bedeckt gehalten hat, gab es für die europäischen Einwände sofort eine deutliche Antwort, von demjenigen, den viele als Urheber des US-Plans im Verdacht haben. „Die Kriegstreiber der EU wollen, dass der Krieg bis zum letzten Ukrainer andauert“, kommentierte Putin-Gesandter Dmitrijew auf der Plattform X den beim „Telegraph“ veröffentlichten EU-Gegenentwurf am Sonntag.
Keine Anzeichen für Akzeptanz in Moskau
Anzeichen dafür, dass Russland den zuvor von amerikanischer Seite ins Spiel gebrachten „Friedensplan“ akzeptieren würde, hat es allerdings auch bereits vor den nun anstehenden Änderungen nicht gegeben. Bereits Putins Truppenbesuch in Militäruniform am letzten Donnerstag sei ein deutliches Signal gewesen, zitierte das russische Investigativportal Verstka kurz nach Bekanntwerden des US-Plans eine „hochrangige Quelle“ im Kreml.
Trumps Plan betrachte man im Kreml lediglich als „Anfang“, hieß es dort. Der Kremlchef habe seinen Kurs mit dem Auftritt unterstrichen. „Während die ganze Welt über einen Friedensplan diskutiert, tritt Putin in Uniform öffentlich auf und demonstriert seine Entschlossenheit“, zitierte Verstka weiter.
„Kann nur durch Kapitulation beigelegt werden“
Alexei Zhuravlev, stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses der russischen Duma, wurde im Gespräch mit der „Gazeta“ noch deutlicher. „Jegliche von den USA oder der EU vorgeschlagenen Abkommen werden niemals zu einem dauerhaften Frieden führen“, stellte Zhuravlev gegenüber der russischen Zeitung klar. „Der Konflikt kann nur durch unseren eindeutigen Sieg an der Front und die Kapitulation der Ukraine vollständig beigelegt werden.“

Der Duma-Abgeordnete Alexei Zhuravlev fordert die Kapitulation der Ukraine. (Archivbild)
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Die russische Armee arbeite weiter an Geländegewinnen, betonte der Abgeordnete. „Jedes andere Ergebnis wird die Konfrontation lediglich verzögern“, erklärte Zhuravlev zudem und fügte hinzu: „Ich hoffe, die russische Seite wird solchen Provokationen nicht zustimmen, egal wie sehr US-Beamte auch versuchen, vorzugeben, dass die Unterzeichnung eines solchen Vertrags in unserem Interesse liegt.“
Moskau will „Grundursachen des Konflikts“ beseitigen
Andrei Kolesnik, ebenfalls Mitglied im Verteidigungsausschuss, pflichtete seinem Kollegen bei. Russland werde den Anspruch auf die vom Kreml zum Staatsgebiet erklärten ukrainischen Regionen nicht aufgeben, versicherte der russische Abgeordnete.
Außenpolitiker Alexei Tschepa betonte unterdessen, dass für eine Friedenslösung die „Grundursachen des Konflikts“ beseitigt werden müssten. Diese „bewusst vage“ gehaltene Floskel nutze der Kreml bereits lange als „Kurzform für seine Kriegsbegründungen und Forderungen, wie etwa die Zerstörung der ukrainischen Souveränität und der Nato“, ordnete das amerikanische Institut für Kriegsstudien ein.
US-Analysten: Moskau will „vollständigen Sieg“
„Russische Beamte und Staatsmedien verfolgen weiterhin die Strategie, den von den USA vorgeschlagenen 28-Punkte-Friedensplan abzulehnen“, lautete das Fazit im Lagebericht des amerikanischen Thinktanks. Die Äußerungen aus Moskau seien Hinweise darauf, dass „der Kreml die russische Bevölkerung aktiv darauf vorbereitet, sich nur mit einem vollständigen Sieg in der Ukraine zufriedenzugeben“, hieß es weiter.

Der russische Faschist Alexander Dugin lehnt Trumps „Friedensplan“ ab. (Archivbild)
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Besonders radikale Töne gab es derweil im Telegram-Kanal des russischen Neofaschisten Alexander Dugin zu lesen. „Trumps Plan war schon vorher höchst fragwürdig, aber sobald Kyjiw und die EU immer mehr Klauseln hinzufügen, wird er für Russland ganz klar inakzeptabel werden“, prophezeite der Philosoph, der an einer Moskauer Hochschule lehrt – und berichtete dann mit genozidaler Rhetorik über Pläne zur Russifizierung der Ukraine, die in Moskau angeblich entwickelt werden.
Alexander Dugin: „Die Ukraine wird zu uns gehören“
„Soweit ich weiß, wird derzeit mit Hochdruck an einem detaillierten Plan zur Integration der ukrainischen Gesellschaft in den einheitlichen Raum der russischen Welt gearbeitet“, schrieb Dugin. „Es wird an Lehrbüchern, Notfallprogrammen zur Massenheilung und psychischen Rehabilitation gearbeitet.“ Ob die ukrainische Sprache verboten werde, die Dugin als „russophoben Dialekt, den die Nazis sprechen“ bezeichnete, sei offen.
„Die Ukraine wird in spätestens zwei Jahren vollständig zu uns gehören. Möglicherweise sogar schon viel früher“, machte Dugin keinen Hehl aus den Motiven der Moskauer Hardliner – und aus seiner Verachtung für die Ukraine.
„In diesem Sinne gehört uns die gesamte Ukraine“
„Von Souveränität wird dort keine Rede mehr sein, da die Ukrainer nicht wissen, wie sie diese nutzen können – sie haben es nie gewusst und werden es auch nie lernen“, unterstrich Dugin seine so imperialistische wie faschistische Sicht auf das russische Nachbarland, das seit 2014 gegen Russlands Aggression ankämpft.
Weit entfernt von den Ansichten im Kreml dürfte Dugin, einst als „gefährlichster Philosoph der Welt“ betitelt, mit seiner radikalen Haltung derweil nicht liegen. Auf die Frage, wie weit seine Armee in der Ukraine vordringen werde, antwortete schließlich auch Putin im Sommer: „Ich betrachte das russische und das ukrainische Volk als ein Volk. In diesem Sinne gehört uns die gesamte Ukraine.“
Nawalny-Gefährte: „Es hat sich nichts geändert“
„Putin ist nach wie vor der Ansicht, dass er früher oder später alles ohne Zugeständnisse bekommen wird, und wird daher weiterhin Verhandlungen vermeiden und gleichzeitig so tun, als würde Selenskyj sie vermeiden“, stellte am Wochenende schließlich der russische Oppositionelle Leonid Wolkow bei X klar.
„Putin wird weiterhin jede Nacht Terroranschläge verüben und methodisch und zynisch Haus um Haus in die Luft sprengen“, lautete die Prognose des langjährigen Weggefährten des gestorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny. „Es hat sich also nichts geändert.“
„Nur militärische Abschreckung ist wirksam“
Auch der Historiker Matthäus Wehowski kam in Beiträgen bei X zu diesem Schluss. Selbst eine für die Ukraine „so ungünstige Lösung“ wie der ursprüngliche US-Plan, „reicht Moskau wohl nicht aus“, schrieb der Russland-Experte.
Dass Russland sich ohnehin nicht an Absprachen halte, habe der Kreml zudem belegt, als er kurz vor dem Krieg Angriffspläne zurückgewiesen habe, obwohl die Invasion damals bereits beschlossen gewesen sei, erklärte Wehowski und fügte hinzu: „Russland lügt, Versprechungen ist nicht zu trauen – nur militärische Abschreckung ist wirksam.“

