Ex-Botschafter attackiert Nachfolger„Statt zu trommeln, wiederholt er mantraartig: Danke, Deutschland“

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Andrij Melnyk, damals Botschafter der Ukraine in Deutschland, aufgenommen bei einem Interview. Der ukrainische Politiker hat seinen Nachfolger scharf kritisiert.

Andrij Melnyk, damals Botschafter der Ukraine in Deutschland, aufgenommen bei einem Interview. Der ukrainische Politiker hat seinen Nachfolger scharf kritisiert.

Andrij Melnyk hat sich mit scharfen Worten über seinen Nachfolger als Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, ausgelassen.

Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk hat seinen Nachfolger Oleksii Makeiev in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ scharf kritisiert. Aufgrund „ganz verschiedener Sichtweisen“ pflege er kaum Kontakt zum ukrainischen Botschafter in Deutschland, erklärte Melnyk, der mittlerweile stellvertretender Außenminister der Ukraine ist. 

Vor einem Jahr hätten die Ukrainer die Debatte um Waffenlieferungen in Berlin „kräftig mitbestimmen und sogar steuern“ können, führte Melnyk seine Kritik aus. „Mein Nachfolger macht das anders. Jetzt schwimmen wir nur noch mit dem Strom, lassen uns treiben. Wir wurden zurückgeworfen, lächeln und winken.“

Andrij Melnyk über Oleksii Makeiev: „Mein Nachfolger wiederholt mantraartig: Danke, Deutschland“

Die Offensive komme, erklärt der 47-Jährige zudem, und die Deutschen würden denken: „18 Leoparden geliefert, abgehakt, finito. Als ob man mit diesen Panzern schon den Krieg gewonnen hätte. Die Ampel hat PR-mäßig toll die deutsche Öffentlichkeit überzeugt, dass nun bei der Militärhilfe alles in Butter sei.“ Das entspreche jedoch nicht der Wirklichkeit, so Melnyk. „Und statt weiterzutrommeln, wiederholt mein Nachfolger mantraartig: Danke, Deutschland.“

Im Gespräch mit der „Zeit“ äußerte sich der ehemalige ukrainische Botschafter auch zu seiner Abberufung, im Oktober 2022 war er in die Ukraine zurückgekehrt. „Es ist kein Geheimnis, dass ich Berlin gegen meinen Willen verlassen musste. Ich hätte gerne weitergemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass man viel mehr für die Ukraine hätte erreichen können“, sagte Melnyk nun.

Andrij Melnyk über seine Zeit in Deutschland: „Politiker haben aus mir ein Schreckgespenst gemacht“

Das sei die einzige Motivation, die ihn angetrieben habe, „trotz des starken Gegenwinds in Deutschland, wo Politiker aus mir ein Schreckgespenst gemacht haben.“ In Kiew sei der Widerstand noch schlimmer gewesen, weil viele nicht verstanden hätten, „wieso ich auf diese unkonventionelle, oft undiplomatische Weise agieren musste, um die Ampel aus der Lethargie zu holen.“

Er fühle sich in seiner neuen Funktion als Vize-Außenminister der Ukraine manchmal machtlos, erklärte Melnyk, weil aus seiner Sicht für die Ukraine manches schieflaufe. An die vergangenen Jahre in Deutschland denke er jedoch mit Stolz zurück: „Lautstark forderten wir Hilfe, und die Ampel konnte sich nicht leisten, unsere unbequeme Stimme zu ignorieren.“ Das sei nämlich vorher immer so gewesen.

„Die große Nation Deutschland traf Entscheidungen nicht nur, um eigene Interessen zu verfolgen.“ Seitdem er nicht mehr in Berlin ist, habe die Ukraine „diesen moralischen Trumpf leider wieder freiwillig aufgegeben, indem wir gar keinen Druck mehr ausüben und mit allem zufrieden sind. Deswegen bin ich echt traurig.“ Die Bundesregierung liefere nur so viel, wie sie es für richtig halte, bekräftigte Melnyk die Kritik an seinem Nachfolger. (das)

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