Kremlchef droht mit neuen Annexionen„Putins Regime könnte 30 Jahre in einem verrotteten Zustand überleben“

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Kremlchef Wladimir Putin spricht bei einem Besuch in seiner Wahlkampfzentrale nach den manipulierten „Wahlen“ in Russland. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin spricht bei einem Besuch in seiner Wahlkampfzentrale nach den manipulierten „Wahlen“ in Russland. (Archivbild)

Nach seinem manipulierten „Wahlsieg“ setzt Kremlchef Putin auf einen „langwierigen Krieg“, warnen Analysten und kremlnahe Quellen.

Mit einem „Rekordergebnis“ hat sich Kremlchef Wladimir Putin bei der vom Kreml manipulierten Wahlinszenierung in Russland im Amt bestätigen lassen. Kurz nach seinem „Sieg“ bei der „Wahl“, die ohne ernsthafte Gegenkandidaten stattfand, gab der Diktator bereits einen vagen Ausblick auf seine Zukunftspläne, wurde dabei allerdings wenig konkret. Auf Friedenskurs begibt sich der Kremlchef aber offenbar nicht.

Erneut sprach Putin von einer „entmilitarisierten Zone“, die in der Ukraine geschaffen werden könne. „Nicht ausschließen“ wollte Putin auf Nachfrage, dass Russland weitere ukrainische Regionen unter seine Kontrolle bringen könnte, vorgeblich um die Sicherheit russischer Grenzgebiete zu gewährleisten. In den letzten Tagen hatten pro-ukrainische Anti-Kreml-Milizen erneut die Region Belgorod attackiert.

Der Kremlchef hat derweil bereits zuvor mit der Schaffung einer derartigen Zone gedroht, die so groß sein solle, dass die Ukraine mit westlichen Raketen keine russischen Gebiete mehr angreifen könne. Dafür müsste Russland jedoch in erheblichem Ausmaß weitere Regionen der Ukraine erobern.

„Putins Erzählung ist subtiler als Medwedews Aufruf zur totalen Vernichtung“

Mit den erneuten Gedankenspielen über eine „entmilitarisierte Zone“ in der Ukraine stütze der Kremlchef die jüngsten Forderungen des stellvertretenden russischen Sicherheitsratschefs Dmitri Medwedew, heißt es vom amerikanischen „Institute for the Study of War“ (ISW) im aktuellen Lagebericht der US-Analysten. Der enge Vertraute von Putin und ehemalige Präsident hatte in der letzten Woche die „bedingungslose Kapitulation“ der Ukraine gefordert und erklärt, das gesamte Territorium des angegriffenen Landes solle Russland zufallen.

„Putins Erzählung von der entmilitarisierten Zone ist subtiler als Medwedews direkter Aufruf zur totalen Vernichtung des ukrainischen Staates“, heißt es von den US-Analysten, sie sei jedoch „immer noch deckungsgleich mit den Zielen“, die Medwedew umrissen habe. Die Forderungen des Ex-Präsidenten hätten ihre „ideologische Grundlage“ zudem in einem viel zitierten Essay, das Kremlchef Putin im Jahr 2021 über die „historische Einheit von Russen und Ukrainern“ verfasst hatte, analysierte das ISW weiter.

Kremlchef nach dem „Wahl“-Sieg: „Putin wird weitermachen wie bisher“

Putin wolle das „Rekordergebnis“ zudem dafür nutzen, weiter Voraussetzungen für einen „langwierigen Krieg“ in der Ukraine zu schaffen, heißt es von den US-Analysten. Darauf deute hin, dass der Kremlchef angesichts der angeblichen Wahlergebnisse davon spreche, dass die Menschen in den besetzten Gebieten in der Ukraine „dankbar für den russischen Schutz“ seien. Die Erzählung, dass Russland mit seiner „speziellen Militäroperation“ lediglich russischsprachige Menschen „schütze“, wolle Putin offenbar weiterhin als Rechtfertigung für den Krieg nutzen, heißt es von den US-Analysten.

Diese Einschätzung wird offenbar auch bei der Kanzlerpartei geteilt. „Putin kann und wird weitermachen wie bisher. Mit einem auch noch so kleinen Einlenken ist nicht zu rechnen“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, am Dienstag dem „RND“.

Menschen bei einem Konzert anlässlich des „Wahlsieges“ von Wladimir Putin und des zehnjährigen Jahrestags der Annexion der Krim durch Russland auf dem Roten Platz am Montagabend.

Menschen bei einem Konzert anlässlich des „Wahlsieges“ von Wladimir Putin und des zehnjährigen Jahrestags der Annexion der Krim durch Russland auf dem Roten Platz am Montagabend.

Putin setze darauf, dass nach der US-Wahl im November mit Donald Trump wieder ein „für ihn angenehmer Präsident“ übernehme. „Diese sechs Monate wird Putin abwarten, ohne jegliche Kompromissbereitschaft. Er rechnet damit, dass Trump ihm ermöglichen wird, den Westen zu spalten und die Ukraine in die Knie zu zwingen.“

Putins Pläne: „Der Krieg wird zur Daseinsberechtigung seiner Existenz“

Welche konkreten Schritte Putin als Nächstes plant, lässt der Kremlchef nach seinem „Wahlsieg“ unterdessen offen. „Der Charakter des Regimes befindet sich derzeit in einem Wandel“, zitierte die „Moscow Times“ eine anonyme Quelle, die laut Angaben der russischen Exil-Zeitung dem Kreml nahestehen soll. „Der Krieg wird zur Daseinsberechtigung seiner Existenz.“

Aus einem „kriegerischen Staat“ werde der Kreml nun einen reinen „Kriegsstaat“ formen, prognostizierte die Quelle demnach. Putin werde zudem weiterhin versuchen, sein „historisches Erbe“ zu festigen, heißt es in der „Moscow Times“ weiter. Die Loyalität der Bevölkerung weiter zu steigern, sei eines der Ziele des Kremls, der sich dabei jedoch auch den „Risiken einer überhitzten Wirtschaft“ gegenübersehe.

Trotz einiger innenpolitischer Probleme könne Putins Regime „möglicherweise weitere 30 Jahre in einem verrotteten Zustand überleben“, befürchtet eine weitere kremlnahe Quelle dem Bericht der zufolge. „Das Letzte, was Putin tun wird, ist, keine Ressourcen mehr für den Krieg bereitzustellen.“ Bis zum Tod des Kremlchefs dürfte Moskau, so die Ansicht der US-Analysten und Politik-Experten, strikt auf Kriegskurs bleiben. Abgerechnet werde mit dem russischen Präsidenten erst, wenn der gestorben sei, prophezeite eine der kremlnahen Quellen. „Nach seinem Tod werden ihm alle Sünden zugeschrieben.“

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