Unterschlagene Steuern und mehrUS-Justizministerium setzt Sonderermittler zu Bidens Sohn Hunter ein

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Hunter Biden, Sohn von US-Präsident Biden, verlässt nach einem Gerichtstermin das Gerichtsgebäude.

Die juristischen Probleme für Bidens Sohn Hunter spitzen sich dramatisch zu und werden zur zunehmenden politischen Belastung für den US-Präsidenten.

oe Bidens Sohn droht eine Anklage wegen nicht gezahlter Steuern, einer illegalen Waffe und windiger Geschäfte. 

Die USA stehen im Wahljahr 2024 mutmaßlich vor dem beispiellosen Spektakel zweier Strafverfahren gegen den republikanischen Präsidentschaftskandidaten und den Sohn des demokratischen Amtsinhabers. Während Donald Trump wegen seiner Rolle beim Kapitolsturm bereits angeklagt wurde, setzte Justizminister Merrick Garland am Freitag völlig überraschend einen Sonderermittler unter anderem zur Untersuchung von Steuer- und Waffengesetzverstößen von Hunter Biden ein.

Beide Fälle sind vom Ausmaß und der politischen Bedeutung nicht zu vergleichen, dürften aber die inhaltlichen Debatten der kommenden Monate weitgehend überschatten.

Diverse Anklagen gegen Hunter: Unter Drogen verlor Bidens Sohn die Kontrolle über sein Leben

Schon seit fünf Jahren laufen die Untersuchungen gegen Hunter Biden, den 53-jährigen Sohn des Präsidenten. Sie beziehen sich auf Vorgänge in den Jahren 2017 und 2018, als der damals Drogensüchtige zeitweise die Kontrolle über sein Leben verloren hatte, mit Prostituierten in Hotelzimmern abstieg, die Videoaufnahmen dieser pikanten Begegnungen verlor und zweifelhafte Geschäfte im Ausland machte.

Im Juni hatte es so ausgesehen, als könnte dieses auch für den US-Präsidenten unerquickliche Kapitel der Familiengeschichte abgeschlossen werden: Hunter Bidens Anwälte und der zuständige Bundesstaatsanwalt von Delaware, David Weiss, schienen sich auf einen „Deal“ geeinigt zu haben: Im Gegenzug für ein Schuldeingeständnis und die Anerkennung bestimmter Auflagen sollte dem Biden-Sohn ein Strafverfahren wegen zweier Steuervergehen, als er jeweils 100.000 Dollar Steuern zu spät bezahlte, und eines unerlaubten Waffenbesitzes erspart bleiben.

Doch Ende Juli platze bei einem Termin vor dem Gericht in Wilmington völlig überraschend die Übereinkunft. Offenbar widersprachen sich Anwälte und Ankläger im Beisein der Richterin bei der Auslegung der Absprache: Biden erwartete die Zusage genereller Straffreiheit, die Staatsanwaltschaft wollte diese nur für die beiden benannten Delikte zusagen. Im Raum stehen nämlich auch Mutmaßungen über mögliche Gesetzesverstöße bei den Geschäftsaktivitäten im Ausland. Die Richterin räumte den beiden Parteien 30 Tage ein, um ihre Unstimmigkeiten auszuräumen und den „Deal“ zu retten.

Ermittlungen gegen Hunter Biden: Regierung will Fall vor Gericht lösen

Das ist gescheitert. „Die Regierung glaubt nun, dass der Fall nicht ohne Prozess gelöst werden kann“, erklärte Staatsanwalt Weiss am Freitag. Zeitgleich verkündete Justizminister Merrick Garland, dass er Weiss zum Sonderermittler für die Untersuchungen gegen Hunter Biden machen wolle: „Nach Prüfung seines Antrags und der außergewöhnlichen Umstände in dieser Angelegenheit bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es im öffentlichen Interesse liegt, ihn zum Sonderermittler zu ernennen“, sagte Garland.

In der neuen Position hat Weiss, der ursprünglich von der Trump-Regierung berufen worden war, umfassendere Befugnisse für weiterreichende Untersuchungen. Er muss seine Arbeit auch nicht auf den Bundesstaat Delaware beschränken, sondern könnte Hunter Biden beispielsweise in Kalifornien belangen, wo dieser länger lebte.

Die Entwicklung ist höchst unerfreulich für Präsident Biden. Zwar kann man ihm künftig kaum noch glaubhaft vorwerfen, dass er die Vergehen seines Sohnes vertuschen wolle oder die Justiz zu einem „Freundschafts-Deal“ gedrängt habe, wie dies die Republikaner getan haben. Dafür werden ihn die Probleme seines Sohnes nun bis zur Wahl verfolgen. Die Republikaner setzen alles daran, den Präsidenten in die Affäre hineinzuziehen und polemisieren gegen die angebliche „Biden-Verbrecherfamilie“. Sie behaupten, Joe Biden habe als damaliger Vizepräsident an fragwürdigen Geschäften seines Sohnes in der Ukraine und in China mitverdient.

Mitten im Wahlkampf: Republikaner werfen dem Präsidenten Vertuschung vor

Tatsächlich hat Hunter Biden offenbar mit einigem Erfolg versucht, den Familiennamen zu versilbern. Es gibt jedoch keine Belege für eine Verwicklung des Vaters in die Geschäfte. Nicht nur bestreitet Joe Biden solche Aktivitäten vehement. Auch erhielt er in der vergangenen Woche unerwartet Unterstützung von einem ehemaligen Geschäftspartner seines Sohnes. Eigentlich hatten die Republikaner Devon Archer im Kongress als Kronzeugen gegen den Präsidenten vorgeladen. Tatsächlich beschwor dieser, der alte Biden sei „nicht involviert“ gewesen und verneinte ausdrücklich die Frage, ob sich Joe Biden etwas habe zuschulde kommen lassen.

Welche Aktivitäten von Hunter Biden der neue Sonderermittler nun überprüfen wird, ist unklar. Die Republikaner, die ursprünglich die Einsetzung eines Sonderermittlers ausdrücklich gefordert hatten, wittern schon die nächste Verschwörung. Solange die Untersuchung läuft, wird Weiss nämlich nicht vor dem Kongress aussagen können.

„Das Ganze ist Teil der Vertuschungsbemühungen des Justizministeriums“, behauptete James Comer, der Chef des Kontrollausschusses des Repräsentantenhauses. „Sie versuchen, das Feuer auszutreten“, unkte der republikanische Senator und Trump-Vertraute Lindsey Graham: „Aber sie haben gerade Benzin hineingegossen.“ 

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