Achtung, Neid!Wie viel soll ich Freunden und Kollegen vom Urlaub erzählen?

Einfach mal abtauchen – das fällt vielen Urlaubern schwer.
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Sommerzeit ist Urlaubszeit. Die Mehrheit der Deutschen (57 Prozent) plant laut Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov, in der warmen Jahreszeit zu verreisen. Viele haben schon ein Hotel gebucht und die Urlaubstage im Büro eingereicht. Jetzt geht es an die Vorbereitungen: Post lagern lassen, Blumendienst organisieren, Koffer packen.
Während Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, fragen sich viele allerdings auch: Was darf ich eigentlich Freunden und Kollegen über meinen Urlaub erzählen? Was sollte ich besser für mich behalten? Schließlich plant nicht jeder eine Reise oder hat das Geld dafür. Rainer Wälde, Vorsitzender des Deutschen Knigge-Rates, sagt: „Das Wichtigste: Wenn man vom Urlaub erzählt, sollte man Sozialneid vermeiden.“ Ausführungen über die Anzahl der Hotel-Sterne oder einen Flug in der Business Class sollte man daher weglassen.
Eigentliches Ziel von Urlaub nicht vergessen
Viele Urlauber wollten mit ihren Erzählungen ihr Prestige polieren. „Häufig vergessen die Leute, worum es im Urlaub eigentlich geht: Darum, vom Alltag abzuschalten und gut erholt zurückzukommen“, sagt Image- und Stilberater Wälde. Eine exotische Fernreise sei dazu nicht besser geeignet als Urlaub im Schrebergarten oder im Schwarzwald. Im Gegenteil: Wer weit fliege, müsse sich an eine andere Klima- und Zeitzone oder etwa an fremdes Essen gewöhnen. Das verbrauche Energie und riskiere die Gesundheit. „Wer Urlaub vor der Haustür macht, sollte sich nicht schämen, sondern die Vorzüge selbstbewusst schätzen“, rät Wälde.
Wem löchernde Fragen von Kollegen oder Bekannten zum Urlaub unangenehm sind, der könne darauf achten, nicht zu viele Details auszuplaudern und stattdessen einsilbig antworten. Engen Freunden oder guten Nachbarn dürfe man ruhig mehr von den Plänen und Erlebnissen erzählen. Auch hier gelte: „Wenn jemand nicht dazu in der Lage ist, Urlaub zu machen, sollte man keinen Anlass zu Neid geben“, sagt der Knigge-Experte. Als „Vertreter des Understatements“ plädiere er dafür, nicht immer alles zu erzählen. „Die Kunst besteht im Weglassen.“
Reaktionen in sozialen Netzwerken dosieren
Damit widerspricht Wälde dem, was viele Urlauber tatsächlich täglich praktizieren. Mittels Smartphone und Tablet-PC sind die meisten Menschen dauerhaft online und veröffentlichen Fotos ihrer Erlebnisse von unterwegs über soziale Netzwerke. „Für viele ist die Inszenierung des Urlaubs wichtiger als der Urlaub selbst“, sagt Wälde. Damit einher gehe die Erwartungshaltung, dass Freunde und Kollegen mittels Klick auf den „Gefällt mir“-Button applaudieren sollten.
„Urlaubsfotos auf Facebook nicht zu liken, ist überhaupt nicht unhöflich“, sagt Wälde und fügt hinzu: „Man muss keinen Anteil am Urlaub anderer Leute nehmen. Ich würde einen privaten Urlaub immer privat behandeln.“ Wer solche Urlaubsposts nicht gänzlich ignorieren wolle, könne sich an einen Richtwert von einer Reaktion pro Woche halten. „Bei einem dreiwöchigen Urlaub reichen ein bis zwei Kommentare.“
(kkl)