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In Sachen LiebeAnnette Frier fragt sich, wo man noch Weiberfastnacht feiern kann

Lesezeit 4 Minuten
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Annette Frier ist Schauspielerin und Komikerin aus Köln.

  1. Was gibt es Schöneres und Wichtigeres im Leben als die Liebe? Wie wir sie finden, pflegen und sie uns erhalten; was geschieht, wenn sie vergeht oder wir sie verlieren – darum geht es in unserer PLUS-Kolumne „In Sachen Liebe“.
  2. Im wöchentlichen Wechsel beantworten die erfahrenen Psychologen Damaris Sander und Peter Wehr sowie Urologe Volker Wittkamp und Schauspielerin Annette Frier Ihre Fragen rund ums Liebesleben, Sex, Kindererziehung und alles, was Paaren begegnet.
  3. In dieser Folge stellt sich Annette Frier mal einer Frage in Sachen Liebe – zum Brauchtum. Es geht um Karneval, aber auch wie sich das Verhältnis dazu mit zunehmenden Alter verändert.

KölnHeute habe an dieser Stelle einfach mal ich selbst eine vielleicht banale, aber sehr aktuelle Frage „in Sachen Liebe – und zwar zum Brauchtum“: Wohin an Weiberfastnacht??

Schwierig mittlerweile – für den ordinären, Verzeihung, originären Jecken, für den „Liebe deine Stadt!“ selbstverständlich das 11. Gebot ist. Der sich aber in Sachen Kneipe frühestens von heute an auf die anstehende Session vorbereitet. Noch sechsmal schlafen, dann muss das Ding laufen…

Für den Profi – ich weiß – ist jetzt schon kurz vor Fastelovend-Feierabend. Der hat sich schon seit dem 11.11. 2019 routiniert in Uniform vier Tage die Woche durch sämtliche Hotelbars und Festsäle dieser Stadt geschunkelt. Der bleibt im Zweifel nächsten Donnerstag aufgrund von flächendeckend verstopften Kölsch-Zugängen zuhause, weil bringt ja nix, överall zu eng, da biste wahrscheinlisch an Ruusenmondaach heiser, dat wulle mer nit!... Konsequent! Wie sagte schon Harald Juhnke? „Ich hasse Silvester, da saufen auch die Amateure.“ Passt auch auf Weiberfastnacht.

Seit 30 Jahren feiern meine Mädels und ich in der Südstadt

Amateure. Genau! Das sind wir – meine Mädels und ich. Wir feiern traditionell mit zehn bis 15 Frauen in der Südstadt seit bald … ääh … 30 Jahren. Ja. Das ist eine lange Zeit, in der viel Kölsch die jecken Kehlen runterfloss im magischen Dreieck Bonner Straße/Chlodwigplatz/Severinstorburg. Bauchschmerzen macht uns vor Weiberfastnacht die besagte Frage: Wohin?

Connaisseurs der Szene werden nun sämtliche Lokale, die da in den letzten drei Jahrzehnten besungen wurden, vor ihrem inneren Auge visualisieren können. Die Peripherie unserer Heimsuchungen bilden die Alteburg kurz vor Bayenthal und das Wirtz kurz vor Innenstadt. Das war und ist eine feine Meile, die ich an dieser Stelle auch gar nicht grundsätzlich in Frage stellen will. Trotzdem wird’s immer schwieriger für unser kleines, großes Dutzend Damen: Wer nicht spätestens um 11 Uhr morgens die Fensterfront von Kneipe XY in Beschlag nimmt, guckt ab 12 doof aus der Wäsche.

Handy glotzen statt singen und schunkeln

Anstatt Singen und Schunkeln glotzen dann alle aufs Handy:

Wo seid ihr??? 👀Links vom Eingang!!! 🚬Kann nicht sein, da bin ich! 💁‍♀️Nein, von der Küche aus gesehen ⬅️Ach so, daaaa...Ich versuch rüberzukommen! 😢Keine Chance, gerade sind diese 15 Germanistik-Erstsemester- im-schlechtesten-Arztkostüm-aller-Zeiten-Typen rein gewankt, die blockieren alles bis zur Theke! 🍺Ok, ich geh erstmal aufs Klo. 🧘‍♂️Vergiss es. Schlange Damenklo ca. 20 Minuten, die haben doch nur 2 Toiletten hier! 🤷‍♀️

Ich wollte und konnte diese digitale Konversation nicht weiterführen und versuchte es stattdessen mit echter Begegnung im echten Leben:Ich, höflich rufend: Tschuldigung, Herr Doktor, du stehst auf meinem Fuß!Er, mit verschleppter körperlicher Reaktion aufgrund der akuten Promillesituation breit lächelnd und sehr langsam: Waaas?Ich, brüllend: Es ist sehr, sehr eng hier, und du stehst seit zwei Minuten auf meinem rechten Fuuuß!“Er, jetzt schwankend, mit doppeltem Gewicht also auf meinem kleinen Zeh, ebenfalls laut und wiederum freundlich: Ja klar sssinwirhierzufuss, Ihr nicht?

Ich kürze ab: Voriges Jahr war ich sehr früh zuhause. So um halb vier nachmittags. War auch schön. Ich habe mit meinen Kindern Quarkbällchen gegessen und noch ‘ne Runde „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt. Aber natürlich war ich auch ein bisschen wehmütig. Weil wir uns doch so drauf gefreut hatten. Also wir, die seit 30 Jahren fest verabredeten Weiberfastnachtfrauen. Und weil wir zum wiederholten Mal zugeben mussten, dass der relativ flotte Zugang zu mehreren Toiletten tatsächlich heute eine ganz andere Rolle für uns spielt als mit 16. Und natürlich die bittere Erkenntnis, dass die um 13 Uhr volltrunkenen Erstsemester und wir Ein-Kölsch-ein-Wasser-Muttis auch nur bedingt zusammenpassen. Weil es einfach viiiiiiiiel zu eng ist, und ich sofocht ausflippe, wenn der Typ mir noch eiiinmal auf die Füße latscht, der Idiot. Herrgott!

Es gibt drei Möglichkeiten, Weiberfastnacht künftig zu feiern

Was tun also? Ich sehe nur drei Möglichkeiten:1) Wir weichen dieses Jahr beherzt unsere heilige Tradition auf und ziehen in lustigen kneipenfreundlichen Dreiergrüppchen ins Revier: kein Gruppenzwang, alles kann, nix muss!...2) Wir ziehen uns warm und wetterfest an, feiern eventuell Straßenkarneval im Regen, den wir aber natürlich locker wegsingen, und mieten uns ein Dixiklo mit Schlüssel auf der Severinstraße. Das geht! Kostet ein paar Euro, ist aber halt mega exklusiv. Und ist ein spannendes Experiment…3) Wir benehmen uns unserem Alter entsprechend, machen morgens Yoga und gehen ab mittags nach der Schule dann noch ein bisschen mit den Kindern feiern im Sportverein. Könnte besser werden, als es klingt - nach 30 Jahren exzessivem Südstadtkarneval…

Wie würden Sie entscheiden?P.S.: Ladys, ich tendiere stark zu 2)!