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Heiliger KniggeRegeln für den Kirchenbesuch

Lesezeit 3 Minuten

Auf Socken in die Moschee, ohne Hut in den Dom – Benimmregeln für den Besuch im Gotteshaus.

Baden, Bummeln, Bar-Besuche – für die einen ist der Wohlfühlfaktor das Entscheidende in der nahenden Urlaubssaison. Andere treibt weniger die Wellness als der Wissensdurst an Ausflugsziele mit viel Kunst, Kultur und: Kirchen. Ob aus historischem oder architektonischem Interesse oder mit einer spirituellen Motivation – oft verbindet sich mit dem Besuch in Gotteshäusern anderer Religionen ein mulmiges Gefühl. Man fühlt sich unsicher, hat die Sorge, sich in ungewohntem Ambiente daneben zu benehmen und so die Gläubigen ungewollt und unbedarft zu verletzen.

Gesunden Menschenverstand benutzen

Auch wenn es in den meisten Synagogen, Moscheen oder christlichen Kirchen keine Festlegungen oder gar Vorschriften gibt, deren Übertretung sanktioniert würde, und man mit ein bisschen gesundem Menschenverstand nicht allzu viel falsch machen kann, wünscht man sich für solche Situationen manchmal eine Art „Kirchen-Knigge“: ein Repertoire an Regeln, die einem sagen, was man in Gotteshäusern tut – und was man besser lässt. Darf ich mit meinem Sport-Outfit die Kirche betreten? Fotografieren? Das Weihwasserbecken benutzen? Wie viel Geld spende ich für eine Kerze? Ist ein Nickerchen in der Kirchenbank tabu? Bin ich als Nicht-Jüdin bei einem Sabbat-Gottesdienst willkommen? Wann darf ich ihn verlassen, ohne unangenehm aufzufallen?

Ungeschriebene Gesetze beachten

Wir haben uns für Sie in Köln umgetan, genauer: in der Zentralmoschee an der Venloer Straße, in der Neuen Synagoge an der Roonstraße, einer orthodoxen Kirche in Seeberg und im Dom – Gotteshäuser von Religionsgemeinschaften, die Wert auf eine gewisse Achtsamkeit legen. Gemeinsam mit den jeweils zuständigen religiösen Autoritäten haben wir Benimmregeln formuliert, die Ihnen beim nächsten Kirchen- oder Gottesdienstbesuch helfen sollen, alle Unwägbarkeiten zu meiden und Untiefen souverän zu umschiffen. Außerdem erklären wir, was hinter den diversen – meist ungeschriebenen – Gebräuchen beim Aufenthalt in Gotteshäusern steckt. Und was sie für ihre Gläubigen zu besonderen Orten macht, die mehr sind als Kunsttempel und Kulturdenkmäler.

Garderobe, Gehabe, Gerede

Fast überall gilt – so viel sei vorab gesagt: Unangemessene Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen ist ein klares „No Go“, sei es durch schrille Garderobe, extrovertiertes Gehabe oder lautes Gerede. Auch allzu offensichtliche Zärtlichkeiten unter Pärchen sind an heiliger Stätte fehl am Platz, ebenso wie Haustiere, Handy-Telefonate und jede Art von Essen oder Getränk. Umgekehrt gesagt: Mit dezentem Auftreten liegt man bei einem Kirchenbesuch nie falsch. Das hat nichts mit frömmelnder Unterwürfigkeit zu tun, dafür mit Gefühl, Respekt und Rücksicht. Schließlich sind Sie Gast in einem Gebäude, das nach dem Verständnis seiner angestammten Gäste dem Alltagsgebrauch enthoben und der Verehrung Gottes gewidmet ist. Oder sogar als privilegierter Ort seiner Gegenwart verstanden wird.

Betende respektieren

Gotteshäuser – egal ob Moschee, Synagoge, Kirche oder Tempel– laden zur Stille ein. Wer dieser Einladung folgt, sollte daran denken, andere nicht in ihrer Besinnung, ihrem Gebet – als Form des sehr persönlichen Gesprächs mit Gott – zu stören oder abzulenken. Gespräche über das Wetter sind da genauso unangebracht wie Blitzlicht-Attacken. Apropos: In vielen Gotteshäusern gilt ein generelles Kameraverbot. Das hat dann wiederum einen recht prosaischen Grund: Es schützt Wandmalereien und Gemälde vor dem schädigenden Einfluss des Blitzlichts.