Der Kölner Coach Sohrab Salimi erklärt, wie wir rechtzeitig das Ruder herumreißen können, wenn wir die ersten Anzeichen bemerken.
Die Job-KolumneBurnout im Beruf – bin ich selbst schuld?

Ein Burnout kann sich durch unterschiedliche Beschwerden bemerkbar machen: innere Unruhe, ständige Müdigkeit, emotionale Instabilität.
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Burnout ist keine Modeerscheinung. Ich habe Menschen erlebt, die von heute auf morgen nicht mehr konnten – raus aus dem Job, raus aus dem Alltag, monatelang außer Gefecht. Manche kamen nie mehr ganz zurück. Ich selbst habe die ersten Anzeichen gespürt: innere Unruhe, ständige Müdigkeit, emotionale Instabilität. Es ist ein schleichender Prozess, der oft übersehen wird, bis es zu spät ist. Und doch wird Burnout oft behandelt, als träfe es uns wie ein Blitzschlag. Dabei ist es meist das Ergebnis von vielen kleinen Entscheidungen, die wir täglich treffen – oder eben nicht treffen.
Zahlen machen das Ausmaß deutlich: Laut Weltgesundheitsorganisation zeigen weltweit rund 15 Prozent der Beschäftigten klare Burnout-Symptome. In Deutschland fühlen sich fast 30 Prozent der Arbeitnehmer dauerhaft erschöpft. Das ist eine stille Krise, die quer durch Branchen und Hierarchien reicht. Aber die Frage bleibt: Sind wir nur Opfer dieser Entwicklung oder haben wir es selbst in der Hand?
Natürlich tragen auch Arbeitgeber Verantwortung. Arbeitsdruck, fehlende Klarheit, schlechte Führung – all das sind Treiber von Erschöpfung. Aber wenn wir ehrlich sind, bleibt der größte Hebel bei uns selbst. Jammern bringt nichts. Entscheidend ist, ob wir bereit sind, aktiv für unsere eigene Balance zu sorgen. Selbst wenn jemand zwölf Stunden am Tag arbeitet – und das ist die Ausnahme, nicht die Regel – bleiben immer noch zwölf Stunden, die wir selbst gestalten können. Die Frage ist: Gestalten wir oder lassen wir uns treiben?
Als Mediziner weiß ich: Wie Spitzensportler brauchen auch wir als Wissensarbeiter gezielte Regeneration. Cristiano Ronaldo spielt mit 40 Jahren noch auf Top-Niveau – nicht, weil er mehr trainiert als alle anderen, sondern weil er mindestens genauso konsequent in seine Erholung investiert. Genau das müssen auch wir tun: Leistung ist nur möglich, wenn wir Pausen ernst nehmen und bewusst gestalten.
Das Gute ist: Die wichtigsten Dinge, die uns vor Burnout schützen, kosten nichts. Schlaf ist das wirksamste Mittel gegen Stress – sieben bis neun Stunden pro Nacht sind kein Luxus, sondern die Grundlage für geistige und körperliche Leistungsfähigkeit. Gesunde Ernährung muss nicht teurer sein als Fast Food. Im Gegenteil: Wer auf frische, einfache Zutaten setzt, gibt seinem Körper, was er braucht, und spart oft sogar Geld. Sport muss nicht das Fitnessstudio-Abo sein. Ein Spaziergang, eine Joggingrunde oder ein paar Minuten Yoga am Morgen reichen. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit.
Und dann gibt es noch eine Herausforderung, die viele unterschätzen: unsere Bildschirme. Screen Time ist nicht nur ein Thema für Kinder. Auch Erwachsene versinken abends stundenlang in YouTube oder Social Media und sind danach weder erholt noch schlauer. Wer wirklich regenerieren will, braucht bewusste digitale Hygiene. Bücher lesen, Musik hören, Zeit mit Familie und Freunden – all das füllt die Batterien besser als das endlose Scrollen.
Das klingt einfach. Ist es aber nicht. Es braucht Disziplin und klare Entscheidungen. Doch genau darin liegt die Chance: Wir sind nicht ausgeliefert. Wir können gestalten. Arbeitgeber können Rahmenbedingungen schaffen, keine Frage. Aber Schlafen, Essen, Bewegung, digitale Gewohnheiten – das kann uns niemand abnehmen. Die Verantwortung liegt bei uns. Keine Ausreden.
Burnout ist real. Aber er ist nicht unausweichlich. Wer sich selbst ernst nimmt, wer Regeneration aktiv gestaltet, kann stark und gesund bleiben – auch in einer Welt, die immer schneller wird. Echte Leistung entsteht nicht aus Dauerstress, sondern aus Klarheit, Balance und Selbstfürsorge.
Von nichts kommt nichts.

Sohrab Salimi
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Zur Person und zur Kolumne
Sohrab Salimi ist Gründer und CEO der Agile Academy. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen. Sohrab Salimi lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Köln. Im „Kölner Stadt-Anzeiger“ schreibt er in seiner Kolumne „Von nichts kommt nichts“ einmal im Monat über Fragen und Themen rund um die Arbeitswelt.