BerufsweltZehn Dinge, an denen man schlechte Chefinnen und Chefs erkennt

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Eine Frau steht an einem Konferenztisch. Um sie herum sitzen mehrere Mitarbeitende.

Schlechte Chefinnen und Chefs scheuen schwere Entscheidungen. Sohrab Salimi kennt aber noch weitere Eigenschaften, die schlechte Führungskräfte ausmachen.

Der Kölner Coach Sohrab Salimi trainiert Führungskräfte. In seiner Kolumne erklärt er, was Chefinnen und Chefs tunlichst nicht machen sollten.

Wie die Zeit vergeht… In den letzten 25 Jahren meiner beruflichen Laufbahn, die mit einem Job bei Foot Locker und Nachhilfestunden begann und mich durch Medizinstudium und Beratungstätigkeiten bis hin zum Unternehmertum führte, habe ich zahlreiche Führungskräfte kennengelernt.

Einige davon haben mich zutiefst beeindruckt und mir gezeigt, wie man Teams motiviert, über sich hinauszuwachsen. Andere hingegen enttäuschten und schadeten mit ihrem toxischen Führungsstil dem Arbeitsumfeld sowie der Produktivität.

In diesem Artikel beleuchte ich zehn Charakteristika schlechter Führung und erläutere, wie aus negativen Beispielen positive Führungsqualitäten entstehen können. Gerade in unsicheren Zeiten ist gute Führung in allen Lebensbereichen unerlässlich.

1. Kompetenzen entwickeln

Qualifizierte Mitarbeiter sind das Fundament eines erfolgreichen Unternehmens, egal ob sie Dienstleistungen am Kunden erbringen oder Produkte für den Kunden erzeugen.

Schlechte Chefs erwarten, dass Mitarbeiter qualifiziert sind. Gute Chefs nehmen sich die Zeit, Mitarbeiter systematisch weiterzuentwickeln.

Das bedeutet nicht, dass sie als Chef in jedem Themenfeld selbst bewandert sein müssen. Es bedeutet vielmehr, dass sie Mitarbeiterentwicklung als eine ihrer Kernaufgaben wahrnehmen und entsprechend handeln.

2. Kontext setzen

Damit Mitarbeiter im Alltag gute und schnelle Entscheidungen treffen können, brauchen sie neben Kompetenz auch den Kontext. Sie müssen wissen, welche Ziele das Unternehmen verfolgt.

Schlechte Chefs haben meist selbst keine Klarheit zum Kontext oder teilen diesen Kontext nicht mit ihren Mitarbeitern. Gute Chefs setzen den Kontext für sich und ihre Mitarbeiter, so dass ihre Mitarbeiter zu Entscheidungsträgern werden.

3. Mut fördern

Entscheidungen werden per Definition in einem unsicheren Kontext getroffen. Solche Entscheidungen basieren immer auf einer gewissen Portion Mut.

Schlechten Chefs gelingt es nicht, ihre Mitarbeiter zu ermutigen. Im Gegenteil, häufig führen die in Aussicht gestellten Repressalien dazu, dass Mitarbeiter paralysiert sind und keine Entscheidung treffen.

Guten Chefs gelingt es hingegen Mut zu fördern. Sie helfen ihren Teams, große Entscheidungen runterzubrechen, die man – mit entsprechenden Experimenten - schnell validieren kann.

4. Sinn vermitteln

Die Auswirkung beziehungsweise den Sinn unserer Arbeit zu kennen, kann einer der größten Motivatoren sein. Schlechte Chefs stellen finanzielle Unternehmensziele in den Vordergrund. Wenn wir ehrlich sind, motiviert das keinen.

Gute Chefs hingegen zeigen auf, welchen Mehrwert wir für unsere Kunden und auch die Gesellschaft schaffen. Sie adressieren immer wieder, warum wir als Organisation existieren.

5. Autonomie fördern

Neben der Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit bringt Autonomie – die Entscheidungsbefugnis, wie man der Arbeit nachgeht – den höchsten Grad an intrinsischer Motivation hervor.

Schlechte Chefs geben vor, was getan und wie die Arbeit verrichtet werden soll. Sie tun dies nicht mit der Intention, Wissen zu vermitteln, sondern mit der Intention, die Arbeit zu kontrollieren.

Gute Chefs streben mehr und mehr Autonomie ihrer Mitarbeiter an. Dazu gehört auch, dass sie die Mitarbeiter initial anleiten und somit befähigen.

6. Entscheidungen treffen

Wir haben viel über die Befähigung von Mitarbeitern gesprochen, damit diese Entscheidungsträger werden. Hin und wieder muss ein Chef schwierige Entscheidungen selbst treffen.

Schlechte Chefs scheuen schwere Entscheidungen und paralysieren dadurch ihr Unternehmen. Gute Chefs stellen sich diesen Entscheidungen, treffen diese nach sorgfältiger Analyse und ermöglichen so dem Unternehmen einen Schritt weiter zu gehen.

7. Unsicherheit akzeptieren

Nichts im Hinblick auf die Zukunft ist so sicher wie die Unsicherheit selbst. Es ist für Unternehmen unabdingbar zu lernen, mit Unsicherheit umzugehen.

Schlechte Chefs verstehen es nicht, mit Unsicherheit umzugehen. Sie erwarten von ihren Mitarbeitern Vorhersagen, wo keine Vorhersagen möglich sind.

Gute Chefs akzeptieren die Unsicherheit und vermitteln ihrem Unternehmen die Fähigkeiten, die es braucht, systematisch mit Unsicherheit umzugehen.

8. Systeme optimieren

Im Fußball gewinnt die Mannschaft und nicht ein Einzelner die Meisterschaft. Ähnlich verhält es sich in Unternehmen. Letztendlich muss das System funktionieren und nicht nur einzelne Personen.

Schlechte Chefs fokussieren – wenn überhaupt – auf die Leistung von Individuen. Gute Chefs hingegen nehmen das Team und das gesamte System in Blick.

Sie fokussieren auf Individuen und deren Interaktionen. Sie versuchen, den Fluss der Arbeit durch das gesamte System zu optimieren.

9. Integrität zeigen

Unternehmen kreieren nicht nur einen Mehrwert durch ihre Produkte und Dienstleistungen, sie schaffen Arbeitsplätze, sie entwickeln Menschen und tragen somit zu unserer Gesellschaft maßgeblich bei.

Schlechte Chefs sind sich dieser Verantwortung nicht bewusst. Sie begreifen ihre Unternehmen nur als Vehikel, um Shareholder Value zu generieren… es geht dann nur um Wirtschaftlichkeit.

Gute Chefs verstehen, dass sie mit ihrem Unternehmen und somit ihrem Führungsstil ein Beispiel für die Gesellschaft sind. Sie leben Integrität vor. Sie setzen ein Zeichen für gewisse Werte in unserer Gesellschaft.

10. Sich selbst reflektieren

Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Einsicht entsteht durch Feedback und Reflektion.

Schlechte Chefs hinterfragen nur ihre Mitarbeiter, aber nie sich selbst. Sie geben ungefragt Feedback, holen sich aber kein eigenes Feedback ein.

Gute Chefs reflektieren sich, indem sie proaktiv Feedback einholen und schaffen so eine Kultur des kontinuierlichen Lernens. Sie gehen – wie immer – mit gutem Beispiel voran.

Zusammenfassung zur Chef-Analyse

Es gehört mehr dazu, ein guter Chef zu sein, als nur Ansagen zu machen. Ein guter Chef ist der moralische Kompass seines Teams. Ein guter Chef setzt Akzente und lässt auch zu, dass andere Akzente setzen. Gute Chefs wissen: Letztlich gewinnen wir immer zusammen.


Zur Person

Sohrab Salimi guckt in die Kamera und lächelt.

Sohrab Salimi hat sehr viel Erfahrung im Training von Führungskräften.

Sohrab Salimi ist Gründer und CEO der in Köln sitzenden Scrum Academy GmbH. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung als Trainer für kleine bis sehr große Unternehmen. Sohrab lebt mit seiner Frau und drei Kindern in Köln. 

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