Enge Bindung„Moderne Väter wollen gleichberechtigte Ansprechpartner sein”

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Ein Kind zu haben bedeutet auch vielen Männern sehr viel. 

  • Väter sind für Kinder so wichtig. Zum Glück nehmen die meisten Männer heutzutage aktiver am Familienleben teil als noch vor ein paar Jahren.
  • Aber was genau wird vom modernen Vater erwartet? Was muss er wissen?
  • Bernhard Gitschtaler beschäftigt sich in seinem Buch „Papa werden. Das größte Abenteuer deines Lebens” mit der Vaterrolle und beantwortet zudem alle Männerfragen rund um Schwangerschaft, Geburt und Familienleben.

Köln – Heute soll es eine Ode an alle Väter der Welt geben, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmern und sie auf ihrem Weg begleiten. An die Väter, die nachts die schreienden Babys herumtragen, die den größeren Kindern Fahrradfahren und schwimmen beibringen, ihnen Schulbrote schmieren und Pflaster aufs blutige Knie kleben, die mit ihnen in den Wald gehen, ihnen etwas vorlesen, sie bei ihren Hobbies unterstützen, Liebeskummer-Tränen trocknen, über eine Fünf im Zeugnis lachen, nachts um drei die betrunkenen Teenager von der Party abholen. Natürlich auch an all die Väter, die beim Umzug der erwachsenen Kinder helfen, ihnen Regale aufbauen, Geld zustecken und immer da sind, auch wenn die Kinder schon viele Jahre aus dem Haus sind.

Kinder mit guter Bindung zum Vater sind selbstständiger

Väter sind für Kinder so wichtig. „Sie spielen tendenziell wilder und körperlicher mit ihren Kindern, überraschen sie öfter mit unvorhergesehenen Spielsituationen und konfrontieren sie so mit Neuem. Kinder von engagierten Vätern sind im Alter von neun Monaten anderen Kindern in ihrer Entwicklung deutlich voraus. Fünfjährige Kinder mit einer sehr vertrauensvollen Beziehung zu ihrem Vater sind selbstständiger, kompetenter und weniger ängstlich als Kinder, denen die Beziehung zum Vater fehlt.“

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Bernhard Gitschtaler

All diese Fakten zitiert Bernhard Gitschtaler in seinem Buch „Papa werden. Das größte Abenteuer deines Lebens“. Sie stammen aus einem anderen wichtigen Buch, dem „Papa-Handbuch“ von Robert Richter und Eberhard Schäfer. 

Gitschtaler lebt und arbeitet in Kärnten als Sozialarbeiter und ist vor einiger Zeit zum ersten Mal Vater geworden. Sein Sohn ist für ihn die größte Freude seines Lebens. „Jeden Morgen werde ich vom aufgeregten und erwartungsvollen Brabbeln und Lachen meines Sohnes aufgeweckt. Und er lacht wirklich viel, wenn er nicht gerade hungrig oder durstig ist. Ihn wachsen und sich entwickeln zu sehen, ist eines der schönsten Dinge in meinem Leben. Jedes Lachen dieses kleinen wunderbaren Menschen, lässt mir das Herz übergehen. Und macht viele schlaflose Nächte vergessen“, erzählt er. 

Von Anfang an so viele Fragen, aber keine Antworten für Männer

Die Freude darüber, Vater zu werden, beginnt für Gitschtaler schon mit dem positiven Schwangerschaftstest seiner Frau. Schnell kommen viele Fragen dazu und er merkt: „Als Mann stehst du mit deinen Fragen oft ganz schön allein da.“ Die Bücher seien entweder oberflächlich oder auf klamaukartige Weise geschrieben. „Auch später in der Schwangerschaft hatte ich immer wieder das Gefühl, mit meinen Fragen als Mann etwas weniger ernst genommen zu werden als meine Partnerin. Zwar hat die halbe Welt ein gewisses Bild vom 'guten' Vater, doch wie diese Rolle für den einzelnen Mann aussehen kann, wie man diese findet, welche Fragen und Unsicherheiten damit einhergehen, darüber sprechen wir kaum. Das muss sich ändern“, sagt er. Gitschtaler beginnt, seine Erfahrungen und Erlebnisse selbst aufzuschreiben. Daraus ist das Buch „Papa werden. Das größte Abenteuer deines Lebens“ geworden.

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Gitschtaler beantwortet in dem Buch alle Fragen offen und ehrlich, die man sich als Mann während der verschiedenen Schwangerschaftsphasen und der ersten Zeit mit Baby zuhause stellen kann.

Was macht heute einen guten Mann und Vater aus?

Der studierte Politikwissenschaftler und Sozialarbeiter beschäftigt sich aber auch mit der Frage, was es heutzutage bedeutet, Mann und Vater zu sein. Bis vor wenigen Jahren habe die westliche Gesellschaft ein lange anerkanntes und allgemein gültiges Bild des „wahren Mannes“ gehabt. Es geht so: Ein Mann hat stark und zäh zu sein, darf nicht weinen, geht keiner Prügelei aus dem Weg, hat Muskeln oder Macht, diskutiert nicht lange, sondern handelt, ist sexuell potent und darf auch Affären haben. Ein echter Mann sollte ein bisschen verwegen und furchtlos sein und vor allem die Familie ernähren können. Dazu braucht er einen gut bezahlten Job, damit er Frau und Kindern etwas bieten kann. Um Kinder, Erziehungsarbeit und Haushalt kümmert sich selbstverständlich die Frau.

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„So einfach ist das heute nicht mehr. Das hat viele gute Seiten – gerade für uns Männer. Denn einem solchen antiquierten Rollenbild kann man unter Umständen entsprechen, aber will man das auch?“, fragt sich Gitschtaler in seinem Buch. Das Bild des Mannes sei zwar nicht mehr so eindimensional, aber dadurch stiegen natürlich auch die Erwartungen an die Männer.

Ähnlich verhalte es sich mit dem Vatersein. „Die Rolle als Vater und die damit einhergehenden Erwartungen sind differenzierter, komplexer und umfangreicher geworden“, schreibt er. Natürlich gebe es noch den „Arschlochvater”, der sich einfach aus dem Staub macht, der keine Alimente zahlt oder nie und nimmer etwas von Erziehungs- und Hausarbeit wissen will.

Aber es gebe auch die anderen Väter, die Verantwortung übernehmen wollen und bei ihrem Kampf um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie jene Schwierigkeiten und unerfüllten Ansprüche auf sich nähmen, mit denen die meisten Frauen schon seit Generationen konfrontiert seien.

Die meisten Männer wollen für ihre Familie und die Kinder da sein 

Die meisten Männer wollten heute für ihre Familie und die Kinder da sein, von Anfang an eine Beziehung zum Kind aufbauen und als gleichberechtigte Ansprechpartner wahrgenommen werden. Sie wollen aktive Väter sein und können das auch, sofern es die Arbeitsstelle zulässt. Manchmal liege es aber nicht nur am Arbeitgeber. Gitschtaler hat deshalb auch noch einen Tipp an die Mütter: „Auch wenn dafür manchmal noch das Selbstvertrauen fehlt und manche Mütter wohl auch lernen müssen, Aufgaben an den Mann abzugeben und ihn mal tun zu lassen. Wenn die Aufgabe dann etwas anders erledigt wird als man dies selbst tun würde, ist dies nicht unbedingt schlechter, sondern einfach nur anders.“

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Darum geht es: Was ein Vater ist, wissen wir heute nicht mehr. Das zeigt sich in den Entwicklungsstörungen und der mangelnden Sozialisation von Kindern ebenso wie im zunehmenden Unbehagen von Vätern und den Überlastungen der Mütter. Der lange Schatten des abwesenden Vaters liegt wie ein Bleigewicht auf dem Leben aller. Wollen wir uns davon befreien, braucht es eine angemessene Rollenbeschreibung, die zeigt, was ein Vater heute sein könnte – jenseits von überkommenden Männlichkeitsvorstellungen, patriarchalen Familienmodellen oder der Idee einer geschlechtslosen Elternschaft. In seinem Essay entwickelt Björn Vedder eine zeitgemäße Vaterrolle aus psychologischen, philosophischen und sozialwissenschaftlichen Studien, den Produkten der Hoch- und Popkultur und vor allem aus den grundlegenden Erfahrungen, die wir in der Familie und im Leben machen. 

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