Expertin im InterviewBabyschwimmen stärkt die Sinne

Sicher auf dem Arm: Fühlen sich die Eltern im Wasser wohl, überträgt sich das meist auf die Kinder.
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Frau Dr. Ahrendt, ist ein Babyschwimm-Kurs für jeden Säugling geeignet?
LILLI AHRENDT: Die Reizfülle, die Lautstärke und die Gruppe kann vielleicht dem ein oder anderen Kind – je nach Rahmenbedingungen im Bad – zu schaffen machen. Auch das lauwarme Wasser ( 32-33 Grad) ist für immunschwache oder konstitutionell schnell frierende Babys eine Herausforderung, besonders in der kälteren Jahreszeit. Aber wenn der Säugling keine Vorschädigungen an Herz- und Lunge oder eine Immunschwäche hat, spricht wenig gegen das Schwimmen. Selbst Frühgeborene – ohne künstliche Beatmung nach der Geburt – können schwimmen, nur eben etwas später, wenn sie an Gewicht zugenommen haben.
AHRENDT: Säuglinge, die mit ihren Eltern am Schwimmen teilnehmen, haben in der Regel keinerlei Angst, weil sie eng am Körper getragen werden. Einige Eltern bringen die eigene Angst mit und schreiben sie dem Kind zu. Gemeinsam im Wasser, Füße mit Bodenkontakt, ein Lied auf den Lippen und mit engem Haut- und Körperkontakt wird das Schwimmen zum schönen gemeinsamen Erlebnis. Die qualifizierte Anleitung, der ritualisierte Ablauf und viele Tipps zum Halten und Sichern des Kindes helfen den Eltern über die erste Unsicherheit hinweg.
Dr. Lilli Ahrendt ist Lehrbeauftragte für Säuglingsschwimmen an der Deutschen Sporthochschule in Köln.
Was sind die positiven Effekte?
AHRENDT: Der Säugling erhält im Wasser eine Sinnesdusche. Er kann spüren, wird berührt, kann sich bewegen und wird bewegt, erfährt Selbstwirksamkeit – zum Beispiel das Händepatschen aufs Wasser. Das Baby wird auf Händen getragen, erfährt intensiven Blickkontakt, vielfältige Bewegungs- und Lagereize und wird von seinen Eltern für seine Leistungen bestätigt und bewundert. Die Haltung und Motorik sowie das Gleichgewicht verbessern sich. Beim Säuglingsschwimmen wird mehr geküsst, was vermutlich dem intensiven Blickkontakt auf Augenhöhe zuzuschreiben ist und dem engen Haut- und Körperkontakt. Babyschwimmern wird etwas zugetraut, beim Gleichgewichthalten auf einer Hand, beim Luftanhalten und Tauchen. Die gemeinsamen positiven Erlebnisse schweißen Eltern und Kind zusammen und Eltern lernen frühzeitig: Fördern heißt auch Fordern.
Und das alles ist schon im Babyalter wichtig?
AHRENDT: Ja, denn die Säuglings- und Kleinkindphase ist eine entscheidende Entwicklungsphase. Hier geht es unter anderem um den Aufbau des Gehirns. Aber auch um die Eltern-Kind-Beziehung durch gelungene Interaktion und die Entwicklung von Urvertrauen. Der Laie denkt: Babykram, das Kind soll erst mal sprechen und einen Ball treten können, dann kann man es fördern. Aber die Frühstimulation ist entscheidend im Leben eines Menschen. Hier erwirbt er sozusagen die Hardware, auf der später andere vielfältige Software aufgespielt werden kann.
Lernen Babyschwimmer auch tatsächlich früher schwimmen?
AHRENDT: Nein, aber sie lernen das Schwimmen mit größerer Begeisterung – für das Wasser und für das Tauchen.
Allergiegefährdeten Kindern wird vom Babyschwimmen abgeraten. Zu Recht? AHRENDT:Probieren geht über Studieren. Allergiker sind überempfindlich reagierende Menschen, das heißt, es sind stets verschiedene aufeinander einwirkende Kombinationen, die ihnen zu schaffen machen.
Was macht einen guten Schwimmkurs aus?
AHRENDT: Er sollte auch den Eltern Freude bereiten und der Weg sollte nicht zu lang sein. Die Kursleitung sollte einen qualifizierten, pädagogisch geschulten und einfühlsamen Eindruck machen und die Gruppe sollte angenehm miteinander umgehen.